Lebensversicherung: BaFin sieht Risiken bei dynamischen Hybridprodukten

Quelle: © Kai Hartmann Photography / BaFin

Die Finanzaufsicht BaFin hat dynamische Hybridprodukte von Lebensversicherern unter die Lupe genommen. Und: Viele Lebensversicherer haben noch Nachholbedarf im Umgang mit diesen Verbraucherrisiken. Die Komplexität der Produkte berge erhebliche Risiken. Das gelte nicht nur für die Versicherten, sondern auch für den restlichen Bestand. Besonders kritisch wird die Rolle der Umschichtungsalgorithmen gesehen.

Kapitalbildende Lebensversicherungen haben weiterhin eine wichtige Rolle im Neugeschäft der deutschen Lebensversicherer. Eine spezielle Rolle dabei spielen zunehmend dynamische Hybridprodukte: Policen, bei denen durch automatische Umschichtungsalgorithmen zwischen klassischen und fondsgebundenen Komponenten gewechselt wird, um Garantien zu sichern und Renditechancen zu nutzen. Im Jahr 2024 machten sie laut BaFin bereits über 20 Prozent des Neugeschäfts aus.

Mit einer umfassenden Umfrage unter zehn Lebensversicherern hat die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nun die Verbraucherrisiken dynamischer Hybridprodukte untersucht. Die Ergebnisse sind teils ernüchternd. Besonders kritisch bewertet die Aufsicht die Auswirkungen auf klassische Verträge und die Möglichkeit sogenannter „Cash-Lock“-Effekte.

Die BaFin warnt insbesondere vor zwei Verbraucherrisiken. Zum einen würden Umschichtungen die übrigen klassischen Verträge beeinträchtigen, da sie das Anlageverhalten des Versicherers beeinflussen können. Das sei etwa durch notwendige Liquiditätsreserven oder Transaktionskosten möglich. Zum anderen kann bei negativer Marktentwicklung ein sogenannter Cash-Lock entstehen: Eine massive Umschichtung in sichere Anlageklassen lässt Versicherte bei anschließender Markterholung außen vor. Sie partizipieren dann kaum noch an Kursgewinnen.

Die Allianz im Fokus der Hybridstrategie

Eine führende Rolle in der Entwicklung und Verbreitung dynamischer Hybridprodukte spielt auch die Allianz. Als Marktführerin mit einem hohen Anteil fondsgebundener Policen gehört sie zu den Unternehmen, die solche Produkte bereits in großem Maßstab anbieten. Auch wenn die Aufsicht keine einzelnen Unternehmen nennt, gilt die Allianz mit ihrem großen Portfolio als Benchmark der Branche.

Durch differenzierte Umschichtungslogiken und strenge Risikomodelle versucht der Branchenriese, Risiken zu minimieren. Gleichzeitig werden durch die Produktarchitektur zunehmend Kunden gewonnen, die Sicherheit und Renditechancen gleichermaßen wünschen. Dennoch bleibt die Herausforderung, die Wechselwirkungen dieser Produktstruktur mit dem übrigen Vertragsbestand im Blick zu behalten.

Besonders die Ausgestaltung der Umschichtungsmechanismen rückt in den Fokus. Die Umfrage ergab, dass viele Versicherer zwar kurzfristige Liquiditätseffekte berücksichtigen, aber kaum langfristige Analysen über die Wirkung wachsender Hybridbestände anstellen. Zudem wurde oft versäumt, die Risiken bereits im Produktfreigabeverfahren vollumfänglich zu berücksichtigen.

Die Bandbreite in der konkreten Umsetzung ist erheblich. Manche Anbieter setzen auf 3-Topf-Modelle mit Wertsicherungsfonds und freien Fonds, andere nutzen 2-Topf-Modelle ohne zusätzliche Absicherung. Dies führt zu deutlichen Unterschieden im Chancen-Risiko-Profil. Das hat Auswirkungen auf das Vertrauen der Versicherten und die langfristige Stabilität der Verträge.

Cash-Lock: Die neue Gefahr für Altersvorsorgekunden

Die Gefahr eines Cash-Locks – also einer durch Kursverluste ausgelösten Umschichtung, die eine spätere Partizipation am Markt verhindert – wird von den meisten Versicherern anerkannt, aber nur teilweise adressiert. Zwar existieren regelmäßige Analysen und Projektionen, doch Maßnahmen wie garantiefreie Rückschritte oder flexiblere Vertragsbedingungen sind bisher selten.

Die BaFin will den Versicherern relativ viel Neugeschäft künftig genauer auf die Finger schauen. Die Prüfungen sollen auf Grundlage des Merkblattes zu wohlverhaltensaufsichtlichen Aspekten bei kapitalbildenden Lebensversicherungen geschehen. Die Behörde will sich insbesondere auf die Schwachstellen konzentrieren, die die jüngste Abfrage aufgedeckt hat. Die Unternehmen müssten also in Zukunft beweisen, dass sie ihre Risiken im Griff haben. Dazu gehören präzisere Analysen, eine transparente Kommunikation mit Kunden und nicht zuletzt eine frühzeitige Einbindung der Erkenntnisse in die Produktentwicklung und das Zielmarktverständnis.