Run-off-Versicherer im Solvenzcheck 2024

Quelle: DALL-E

Run-off galt in der Lebensversicherung lange als heikles Modell – besonders in der Phase des Minuszinses gerieten Altbestände unter Druck. Nun sorgt das veränderte Zinsumfeld für eine Neubewertung: Stillgelegte Verträge gelten plötzlich wieder als ertragsstark. Doch wie steht es um die finanzielle Substanz? Versicherungsbote stellt aktuelle Solvenzquoten der Unternehmen ohne Neugeschäft vor.

Hintergrund: Run-off galt in der Lebensversicherung lange als umstrittenes Modell – nicht nur aus Sicht der Aufsicht, sondern auch aus Verbraucherschutzperspektive. In der Niedrigzinsphase gerieten insbesondere kleinere Anbieter mit hochverzinsten Altverträgen, rückläufigem Neugeschäft und steigenden Kosten unter Druck. Die Übertragung der Bestände auf spezialisierte Abwickler versprach betriebswirtschaftliche Entlastung – doch zugleich mehrten sich die Warnungen: Servicequalität, Erreichbarkeit und Auszahlungssicherheit könnten leiden. Auch die langfristige Einlösung von Garantieversprechen wurde infrage gestellt.

Zunehmend rückte auch die Überschussbeteiligung in den Fokus. Studien zeigen: Run-off-Gesellschaften erwirtschaften häufig überdurchschnittliche Rohüberschüsse – leiten aber anteilig mehr zur Eigenmittelausstattung ab. Zwar erhalten die Kunden den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestanteil, profitieren aber seltener von freiwilligen Zuführungen, wie sie viele aktive Anbieter leisten. Besonders deutlich wurde die Kritik im Fall Proxalto: Nach der Übernahme durch die Viridium-Gruppe kam es zu Beschwerden über verzögerte Auszahlungen und eingeschränkten Kundenservice – begleitet von tiefgreifenden Strukturänderungen wie der Auslagerung großer Teile der Kapitalanlagen in Spezialfonds.

Mit dem Ende der Niedrigzinsphase jedoch hat sich das Umfeld grundlegend verändert. Die Kapitalanlagen in den Altbeständen gewinnen wieder an Attraktivität, das wirtschaftliche Risiko langlaufender Garantien ist gesunken – und das Geschäftsmodell Run-off wird zunehmend neu bewertet. Statt als Notlösung gilt es nun als strategische Option, um Bestände stabil, effizient und eigenständig zu verwalten.

Ein sichtbares Signal dieser Neubewertung ist die Übernahme der Viridium-Gruppe durch ein Konsortium unter der Führung der Allianz. Gemeinsam mit namhaften Investoren wie BlackRock, T&D Holdings, Generali und Hannover Rück hat sich der Marktführer damit erstmals aktiv im Run-off-Geschäft engagiert – und übernimmt zugleich einen Anbieter, der in der Vergangenheit wiederholt in der Kritik stand. Die Transaktion gilt als Wendepunkt: Zum einen, weil sie den Einstieg etablierter Versicherungsgruppen in die Bestandsverwaltung markiert. Zum anderen, weil sie auch regulatorisch neue Spielräume eröffnet – mit einer diversifizierten Eigentümerstruktur und klaren Kapitalinteressen. Der Schritt wird von Marktbeobachtern als strategisches Bekenntnis gewertet: Run-off wird künftig nicht nur als Abwicklung, sondern als konsolidierte Geschäftsform verstanden (Versicherungsbote berichtete).

Run-off im Zinswandel: Versicherungsbote zeigt aktuelle Solvenzquoten

Wie aber steht es aktuell um die finanzielle Substanz der Run-off-Anbieter – insbesondere im Licht des veränderten Zinsumfelds? In der Niedrigzinsphase hatten viele Abwicklungsplattformen mit deutlichen Herausforderungen zu kämpfen. Die dauerhaft niedrigen Kapitalerträge belasteten die Überschussbeteiligung, gleichzeitig stiegen die Anforderungen an die Eigenmittel zur Absicherung hochverzinster Altverträge. Einige Gesellschaften wiesen in dieser Zeit besonders schwache Solvenzquoten aus – vereinzelt sogar im negativen Bereich (Versicherungsbote berichtete).

Mit dem Ende der Niedrigzinsphase hat sich das Bild jedoch spürbar verändert. Die Belastung durch Garantiezusagen ist rechnerisch gesunken, und die Kapitalanlagen in den Beständen erwirtschaften wieder höhere laufende Erträge. Das zeigt Wirkung: Die Solvenzquoten vieler Run-off-Anbieter haben sich stabilisiert – auch wenn sie teils weiterhin unter dem Marktdurchschnitt liegen.

Ein aktuelles Lagebild liefert der neue MAP-Report Nr. 939 aus dem Hause Franke und Bornberg. Er analysiert unter anderem die Basis-SCR-Quoten für das Geschäftsjahr 2024 – also jene Quoten, die ohne Volatilitätsanpassung und Übergangsmaßnahmen berechnet werden und dadurch ein besonders unverfälschtes Bild der tatsächlichen Kapitalausstattung liefern. Die Basisquote zeigt, wie viel Substanz ein Versicherer tatsächlich aus eigener Kraft vorhält – ohne rechnerische Hilfen.

Die Solvenzkapitalanforderung (SCR) basiert dabei auf einem aufsichtsrechtlich festgelegten Stresstest: Sie simuliert ein außergewöhnliches wirtschaftliches Extremereignis, das statistisch nur alle 200 Jahre eintritt – zum Beispiel ein starker Zinsanstieg, Börsencrash oder sprunghaft steigende Lebenserwartung. Erreicht ein Versicherer eine Basisquote von mindestens 100 Prozent, ist er rechnerisch in der Lage, ein solches Szenario mit eigenen Mitteln zu bewältigen. Je höher die Quote, desto größer die Krisenfestigkeit – eine niedrige Quote kann hingegen auf Belastungen durch Altgarantien, strukturelle Schwächen oder fehlende Risikostreuung hindeuten.

Die Analyse zeigt den Status quo kurz vor der Übernahme der Viridium-Gruppe – und damit den Ausgangspunkt für eine mögliche Neujustierung der Run-off-Landschaft. Der neue MAP-Report mit einer Vielzahl weiterer Kennzahlen zur Lebensversicherung kann über die Webseite von Franke und Bornberg (kostenpflichtig) bezogen werden.

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