BarmeniaGothaer-CEOs: 'Das ist alles andere als Glück'

Quelle: BarmeniaGothaer

Die BarmeniaGothaer zieht ein positives Fazit nach dem ersten gemeinsamen Geschäftsjahr. Denn die fusionierte Versicherungsgruppe wächst in mehreren Sparten deutlich über Markt. Wir haben uns mit Dr. Andreas Eurich und Oliver Schoeller unterhalten. Im Interview erklären die beiden CEOs der BarmeniaGothaer, wie zufrieden sie mit dem Ablauf der Fusion und den ersten gemeinsamen Geschäftszahlen sind. Zudem unterstreichen Eurich und Schoeller den Anspruch, nicht nur die Nummer 10 im Markt bleiben zu wollen.

Die ersten Geschäftszahlen unter der neuen Marke BarmeniaGothaer sehen durchaus gut aus. Wie nachhaltig ist dieses Wachstum angesichts möglicher Marktsättigung und regulatorischer Risiken?

Oliver Schoeller: Mit dem Zusammenschluss sind wir unter die Top10 der deutschen Versicherer aufgerückt. Unser erklärtes Ziel war es ja, unsere Wettbewerbs- und Marktposition deutlich auszubauen und zusammen zu wachsen – in beiden Bedeutungen des Wortes.

Andreas Eurich: Dass uns das gleich im Jahr des Zusammenschlusses so gut gelungen ist, liegt vor allem auch an den komplementären Stärken, die beide Partner mitgebracht haben. Die Barmenia hatte ihre besondere Stärke in der Krankenversicherung, die Gothaer im Bereich Komposit mit einem starken Wachstum im Firmenkundenbereich. Das macht uns gemeinsam noch stärker und zukunftsfest.

Das Kompositgeschäft zeigt ein starkes Wachstum. Dabei steht der Bereich wegen zunehmender Wetterschäden und hohen Schaden-Kosten-Quoten unter Druck. Was beurteilen Sie die Entwicklung?

Oliver Schoeller: Das starke Wachstum bei einer gleichzeitig sehr guten Combined Ratio ist zum einen das Ergebnis einer sehr konsequenten Steuerung und eines aktiven Portfoliomanagements. Zum anderen hat auch der Vertrieb einen großen Anteil an diesem Erfolg. Denn das starke Neugeschäft mit einem Plus von rund 23 Prozent bei der Barmenia Allgemeine und 15 Prozent bei der Gothaer Allgemeine trägt natürlich zur Verbesserung der Brutto-Profitabilität bei.

Die Combined Ratio der Gothaer Allgemeine konnte auf 93,4 Prozent gesenkt werden. An welchen Schrauben haben Sie gedreht, um verbesserte Zahlen liefern zu können?

Oliver Schoeller: Zunächst einmal war 2024 bei den Großschäden marktweit ein gutes, bei den Naturgefahren ein normales Jahr. Das wirkt sich natürlich auch auf die Combined Ratio aus.

Aber die brutto Combined Ratio der Gothaer Allgemeine liegt schon seit 2023 unter dem Marktschnitt. Und das ist alles andere als Glück. Vielmehr optimieren wir im Segment Industrie und Gewerbe, das ca. 60 Prozent unserer Prämien ausmacht, schon seit einigen Jahren systematisch Bestand und Neugeschäft. Das gelingt insbesondere durch konsequentes Underwriting und aktives Portfoliomanagement. Zudem haben wir die Risikostruktur verbessert. Allerdings ist auch noch ein Weg zu gehen, denn die Belastung durch die Rückversicherungskosten ist nach wie vor hoch.

Im Privatkundengeschäft setzen wir auf eine konsequente Risikoorientierung bei den Neugeschäftsprämien sowie die Sanierung bzw. Beitragsanpassungen im Bestand.
Gleichzeitig haben wir aber auch Möglichkeiten für Kunden geschaffen, die Höhe ihrer Prämien zu steuern, etwa über Selbstbehalte oder Deckungsanpassungen. Die niedrigen Stornoquoten in diesem Segment sind ein klares Indiz, dass Kunden mit der entsprechenden Beratung grundsätzlich verstehen, dass Prämien auskömmlich sein müssen.

Die Beiträge in der betrieblichen Krankenversicherung sind um 37 Prozent gewachsen. Wie beurteilen Sie den Sprung?

Andreas Eurich: Diese Entwicklung ist im Wesentlichen auf zwei Faktoren zurückzuführen. Zum einen erleben wir, dass das Gesundheitsbewusstsein in unserer Gesellschaft seit Corona noch einmal einen enormen Schub bekommen hat. In der Folge wollen immer mehr Arbeitgeber ihrer Fürsorgepflicht nachkommen – auch, um sich im Kampf um Talente besser positionieren zu können. Zum anderen haben sich mit der Barmenia und der Gothaer zwei starke Player in der bKV zusammengeschlossen, die bereits zuvor mit ihren Produkten und Dienstleistungen am Markt überzeugen konnten. Von dieser Expertise profitieren wir als BarmeniaGothaer umso mehr.

Die Themen betriebliche Krankenversicherung und betriebliche Altersversorgung sind insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen sowie in den neuen Bundesländern recht dürftig verbreitet. Wie kann man hier gegensteuern?

Andreas Eurich: Wir dürfen nicht vergessen, dass es sich insbesondere bei der bKV um ein verhältnismäßig junges Produkt handelt. Demzufolge fällt die Marktdurchdringung auch geringer aus als bei der bAV. Grundsätzlich erleben wir gerade bei kleineren Unternehmen, dass der Respekt vor beiden Produkten noch relativ groß ist. Dafür gibt es aber gar keinen Grund, da wir unseren Kunden den Großteil der Verwaltung abnehmen können und sie entsprechend ihren Bedürfnissen passgenau beraten. Natürlich sind wir als Versicherer auch in der Pflicht, die Vorteile von bAV und bKV ins Bewusstsein der Arbeitgeber, der Mitarbeitenden und den verantwortlichen Personen in der Politik zu rufen. Auch die bKV sollte eine von sonstigen Sachbezügen gelöste steuerliche Förderung erfahren. Denn es kann nicht sein, dass die bKV, bei der die Gesundheit der Menschen im Fokus steht, mit anderen Sachgeschenken konkurrieren muss.

Das Einmalbeitragsgeschäft in der Lebensversicherung ist um rund 23 Prozent gestiegen. Wie bewerten Sie den Zuwachs und welche Erwartungen haben Sie für 2025?

Oliver Schoeller: Das Einmalbeitragsgeschäft war 2024 der Wachstumstreiber in der gesamten Lebensversicherungsbranche und hat von dem leichten Zinsrückgang profitiert. Alternative, kurzfristige Anlagen wie zum Beispiel Tagesgelder sind dadurch weniger attraktiv geworden, was den Zuwachs bei den Einmalbeiträgen begünstigt hat. Für dieses Jahr erwarten wir ein gleichbleibendes Niveau oder sogar einen leichten Anstieg.

Die Gothaer Leben konnte aber nicht nur bei den Einmalbeiträgen, sondern auch bei den laufenden Beiträgen deutlich zulegen und ein Wachstum über Markt erzielen. Den Grundstein für dieses sehr gute Ergebnis haben wir mit der Übertragung der Barmenia Lebensversicherung a. G. auf die Gothaer Lebensversicherung AG gelegt. Mit der sehr erfolgreichen Einführung unseres ersten gemeinsamen Produkts, der fondsgebundenen Rentenversicherung, und der Etablierung unseres vollständigen gemeinsamen Zielproduktportfolios für alle Vertriebswege konnten wir weitere wichtige Meilensteine setzen. Genau dieses Tempo wollen wir auch in Zukunft beibehalten, um unsere Marktposition konsequent auszubauen

Wie bewerten Sie den bisherigen Verlauf der Fusion zwischen Barmenia und Gothaer?

Oliver Schoeller: Uns ist es gelungen, den Zusammenschluss in weniger als einem Jahr zu vollziehen. Das macht uns schon ein bisschen stolz und hat uns viel Anerkennung aus der Branche eingebracht. Mit der Zusammenführung der Lebensversicherer zeitgleich mit dem Closing haben wir einen ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zum Zusammenwachsen gemacht. Nun arbeiten wir an der Verschmelzung der Krankenversicherer, die innerhalb der kommenden drei Jahre vollzogen werden soll.

Andreas Eurich: Parallel stellen wir gerade viele weitere Weichen für die gemeinsame Zukunft. Die Bandbreite reicht von den Entscheidungen für IT Systeme über die Zusammenführung der Produktportfolien und einem gemeinsamen Exklusivvertrieb bis hin zur Schaffung einheitlicher Arbeitsbedingungen für die Mitarbeitenden. Hier sind wir auf einem guten Weg, haben aber auch noch einige Etappen zu bewältigen.

Die Versicherungsbranche steht durch Digitalisierung, Klimawandel und veränderte Kundenanforderungen vor massiven Umbrüchen. Wo sehen Sie die BarmeniaGothaer in fünf bis zehn Jahren?

Oliver Schoeller: Wir wollen zusammen wachsen und unsere Marktposition in den nächsten fünf Jahren weiter ausbauen. Aktuell sind wir bereits die Nummer 10 im Markt, unser Anspruch ist schon, weiter aufzurücken.

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