Sollen Versorgungsregelungen abgelöst werden, ist Arbeitgebern zu empfehlen, die Grundsätze der sogenannten „Drei-Stufen-Theorie“ des Bundesarbeitsgerichts genau zu beachten. Andernfalls besteht das Risiko erheblicher Nachforderungen von Versorgungsberechtigten und gegebenenfalls von Hinterbliebenen, so Dirk Murski, Syndikusrechtsanwalt bei der Longial GmbH, im Gastbeitrag.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) befasst sich regelmäßig mit der Ablösung von Versorgungsordnungen nach den Grundsätzen der sogenannten „Drei-Stufen-Theorie“. In der vom BAG entschiedenen Sache (3 AZR 226/22) ging es um eine Ablösekonstellation, in der die Versorgungsordnung über eine arbeitsvertragliche Bezugnahme Anwendung fand. In diesem Zusammenhang bestätigte es seine bisherige Rechtsprechung, wonach es regelmäßig als dynamische Verweisung zu werten sei, wenn ein Arbeitgeber in einem Formulararbeitsvertrag auf die für die betriebliche Altersversorgung geltenden Bestimmungen verweist. Ein solcher Verweis sei für die Arbeitnehmer allerdings nur dann im Sinne des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zumutbar, wenn die ablösende Neuregelung dem vom BAG entwickelten dreistufigen Prüfungsschema zur Wahrung von Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit entspreche, wobei für kirchliche Arbeitgeber keine Ausnahme gelte.
Was war geschehen?
Wie hat das BAG den Sachverhalt beurteilt?
Die Klägerin blieb mit ihrem Anliegen in sämtlichen gerichtlichen Instanzen erfolglos. Nach Auffassung des Gerichts möchte ein Arbeitgeber bei einem Verweis ausschließlich eine rechtlich zulässige Regelung vereinbaren. Zudem muss sich ausweislich der ständigen Rechtsprechung des BAG jede inhaltliche Änderung von Versorgungsregelungen am Maßstab der Grundsätze des Vertrauensschutzes und der Verhältnismäßigkeit messen lassen. Aus diesen Grundsätzen folge, dass die Gründe, die den Eingriff rechtfertigen sollen, um so gewichtiger sein müssen, je stärker der Besitzstand ist, in den eingegriffen wird. Der im Vertrauen auf den Inhalt der Versorgungsordnung bereits erdiente Teilbetrag kann daher grundsätzlich nur in seltenen Ausnahmefällen entzogen werden. Zuwächse, die sich dienstzeitunabhängig aus variablen Berechnungsfaktoren ergeben (erdiente Dynamik), können nur aus triftigen Gründen geschmälert werden. Für Eingriffe in dienstzeitabhängige, noch nicht erdiente Zuwachsraten, genügen sachlich-proportionale Gründe. Nach Auffassung des Gerichts ist die Ablösung der Versorgungszusage im Rahmen des hier zugrunde liegenden Sachverhalts wegen der arbeitsvertraglichen Bezugnahme auf das „nach dem in der Evangelischen-Lutherischen Landeskirche Sachsens geltende Recht“ wirksam erfolgt. Denn die entsprechende Klausel sei als dynamische Bezugnahme zu verstehen gewesen, auch wenn die Regelung keinen ausdrücklichen Hinweis auf das „jeweils“ geltende Recht enthielt. Diese Rechtsauffassung entspricht wiederum der bisherigen Rechtsprechung BAG, welches davon ausgegangen war, dass eine arbeitsvertragliche Bezugnahme auf die beim Arbeitgeber geltenden Bestimmungen zur betrieblichen Altersversorgung grundsätzlich als dynamischer Verweis zu verstehen ist, da der Arbeitgeber im Zweifel die betriebliche Altersversorgung nach einem einheitlichen System erbringen möchte und ein solches System nicht erstarren dürfe. Von einer starren Anwendung allein der zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Versorgungsregelungen kann daher nach Auffassung des BAG nur dann ausgegangen werden, wenn sich ein solcher Parteiwille deutlich aus der Bezugnahmeklausel ergibt, was hier jedoch nicht der Fall sei.
Durch die Ablösung der Versorgungszusage sei in dem hier zugrunde liegenden Sachverhalt weder in den erdienten Teilbetrag noch in die erdiente Dynamik oder in künftige Zuwächse eingegriffen worden. Das BAG stellte dabei nochmals klar, dass für die Beurteilung eines Eingriffs in die Anwartschaftshöhe allein entscheidend sei, ob die Neuregelung im konkreten Einzelfall bei Eintritt des Versorgungsfalls geringere Versorgungsleistungen als die Altversorgung gewährt. Hier erhielt die Klägerin jedoch eine höhere Leistung der betrieblichen Altersversorgung, als sie ursprünglich erhalten hätte. Ob zum Zeitpunkt der Ablösung im Hinblick auf die aus der Altversorgung erdienten Anwartschaften eine gesonderte Startgutschrift gebildet wurde, war daher unerheblich. Damit seien die durch das dreistufige Prüfungsschema bestimmten Grenzen eingehalten. Die Ablösung der Versorgungsregelungen sei daher wirksam erfolgt.
Fazit
Das BAG hat mit dieser Entscheidung seine Rechtsprechung zur Ablösbarkeit von vertraglichen Einheitsregelungen mit kollektivem Bezug gefestigt und damit für Rechtssicherheit gesorgt.
Was ist zu tun?
Arbeitgebern ist zu empfehlen, im Rahmen ihrer Arbeitsverträge auf einen dynamischen Verweis auf die jeweiligen Versorgungsregelungen zu achten, um Problemen bei Änderungen vorzubeugen. Da das BAG die Allgemeingültigkeit seiner Drei-Stufen-Theorie zur Ablösung beziehungsweise Änderung von Versorgungszusagen bestätigt hat, sollten Arbeitgeber bei Anpassungen einer Versorgungsordnung deren strenge Voraussetzungen stets im Blick haben, da andernfalls das Risiko erheblicher Nachforderungen von Versorgungsberechtigten, und gegebenenfalls von Hinterbliebenen besteht.