Rentenreform: Wirtschaftsweise fordern Staatsfonds statt Herumdoktern an Riester

Quelle: distelAPPArath@pixabay.com

Wie aber soll das Rentensystem aus Sicht der Wirtschaftsweisen reformiert werden? Sie fordern einen anderen Weg, um den Kapitalstock aufzubauen: einen Staatsfonds nach Schwedischem Vorbild. In dem Staat sei ebenfalls 2001 die sogenannte Prämienrente eingeführt worden, und zwar erfolgreich, wie die Verfasserinnen und Verfasser hervorheben. „Sie genießt heute breite Unterstützung in der Bevölkerung und weltweite Anerkennung“, heißt es in dem ZEIT-Beitrag.

Im Koalitionsvertrag der Bundesregierung werde zwar die Notwendigkeit umfassender Reformen anerkannt, argumentieren die Wirtschaftsweisen weiter. Unter anderem wurde dort eine Teilkapitaldeckung gesetzlicher Renten angekündigt, die mittlerweile als "Generationenkapital" firmiert. Auch seien Prüfaufträge erteilt worden, wie die private und betriebliche Altersvorsorge gestärkt werden könne. „Aber es fehlt eine strategische Gesamtschau, in der die Vor- und Nachteile jedes dieser Wege abgewogen werden und am Ende eine bevorzugte Option entwickelt wird“, kritisieren die Ökonomen.

So sei auch die jetzige Ausgestaltung des Generationenkapitals unbefriedigend: also jenes Kapitalstocks, mit dem die Rente gestärkt werden soll. Werden jährlich, wie geplant, 10 Milliarden Euro auf Kreditbasis zur Verfügung gestellt, so würden sich selbst bei guter Anlagerendite aus den Erträgen nur die Rentenausgaben für sieben Tage decken lassen. Zudem bemängeln die Ökonomen, dass die Erträge nicht auf individuellen Rentenkonten gutgeschrieben werden, „was die Transparenz verringert und eine zweckgerichtete Verwendung nicht garantiert“.

Reformvorschläge ohne klare Perspektive?

Auch mit den Reformvorschlägen der „Fokusgruppe Private Altersvorsorge“ sind die Wirtschaftsweisen nicht einverstanden, wie sie anschließend deutlich machen. Der Abschlussbericht entwickle „keine klare Perspektive, welche Rolle die ergänzende Kapitaldeckung in Zukunft bei der Alterssicherung in Deutschland spielen kann“, heißt es. Stattdessen würden in erster Linie „sehr detailliert unterschiedliche Interessen“ dokumentiert, „die die in die Beratungen eingebundenen Akteure verfolgen“.

Hier wird indirekt der Vorwurf des Lobbyismus laut. Tatsächlich verwundert es, dass bei der Expertenkommission zum Beispiel die Versicherungswirtschaft, Arbeitgeber und Banken mit am Tisch saßen - aber weder Vertreter der Deutschen Rentenversicherung noch der Finanzaufsichtsbehörde Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin). Beide hatten nur Gastrecht, obwohl sie wesentliche Akteure im deutschen Altersvorsorge-System sind. Vor allem die BaFin hatte in den letzten Jahren wiederholt Reformen gefordert, um die Kosten bei kapitalbildenden Altersvorsorge-Produkten zu senken.

Die Fokusgruppe hat mehrere Reformvorschläge unterbreitet, wie die Renditen von Riester-Produkten erhöht werden können: am Riester-System will sie jedoch festhalten. So sollen die Anbieter keine 100-Prozent-Beitragsgarantie in der Ansparphase mehr garantieren müssen, auch soll ihnen erlaubt sein, den Sparenden keine lebenslange Rente mehr zusagen zu müssen. Beides würde dazu beitragen, dass die eingezahlten Beiträge renditenstärker angelegt werden können. Zugleich soll ein kostenfreies Online-Portal eingerichtet werden, auf denen die Verbraucherinnen und Verbraucher die Kosten von Riester-Produkten vergleichen können. Und ein neuer Name soll her, weil der Ruf von Riester, so deutet es die Kommission zumindest an, verbrannt ist.

Bei den Wirtschaftsweisen finden diese Vorschläge keinen Wohlgefallen. „Eine Umsetzung aller Einzelvorschläge, die im Bericht der Fokusgruppe aufgelistet werden, würde die Transparenz jedoch verringern, statt sie zu erhöhen“, so das vernichtende Urteil. Sie werten die angedachten Reformen folglich als Verschlimmbesserung.