Sportinvalidität: „Der Lerneffekt tritt oft erst nach der Verletzung ein“

Quelle: Vermax / Maximilian Birner

Versicherungsmakler Maximilian Birner hat sich mit seiner Agentur Vermax auf die Versicherung von Amateur- und Profisportlern spezialisiert. Nicht von ungefähr: Er selbst kickte als Profi für die SpVgg Unterhaching, bis er aufgrund einer Verletzung seine aktive Karriere beenden musste. Im Interview erklärt er, weshalb die Absicherung über die Vereine mit Blick auf Verletzungen und Invalidität trügerisch sein kann – und welche Verletzungen besonders oft auftreten.

Versicherungsbote: Ihr Maklerunternehmen ist auf die Absicherung von Amateur-Sportlern spezialisiert. Wie kam es dazu? Welchen Bezug zur Zielgruppe haben Sie?

Maximilian Birner: Meine aktive Zeit im Fußball war bis hin zur 3. Liga immer wieder von Verletzungen geprägt. Eine schwere Verletzung am Knie und an der rechten Schulter hat mich zum frühen Karriereende gezwungen. Hier hatte ich dann die ersten Berührungspunkte mit dem Thema „Verletzungsabsicherung“ bzw. „Private Unfallversicherung“. Auch jetzt bin ich als Fußballtrainer noch stark mit den Themen verbunden.

Die meisten Amateure, die im Verein Sport treiben, sind über die jeweiligen Landessportverbände abgesichert. Warum brauchen Freizeitsportler dann eine zusätzliche Absicherung?

Es herrscht das Stammtischwissen, dass die Sportler über die Vereine abgesichert seien. Entscheidend ist aber, dass 95 Prozent der Verletzungen im Sport zwischen 1-19 Prozent Invalidität liegen. Die Absicherung der Landessportverbände leistet erst ab 20 Prozent Invalidität. Der Lerneffekt tritt dann leider meist erst nach der Verletzung ein, auch bei den Verantwortlichen im Verein. Zusammen mit einem Versicherer haben wir seit 2016 ein Konzept für Amateurvereine, bei denen diese Lücke für nur 1,50 Euro pro Monat je aktiven Teilnehmenden geschlossen werden kann. Dieses Konzept wird nach der Vorstellung in den Vereinen aber so gut wie nie genutzt, da die Spieler*innen lieber den Einzeltarif bevorzugen, der in allen Lebenslagen greift.

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) veröffentlichte zu Beginn diesen Jahres Statistiken zu Sportunfällen. Demnach sind Unfälle beim Fußball häufiger; doch Skiunfälle beanspruchen wesentlich höhere Versicherungsleistungen. Deckt sich das in etwa mit Ihren Erfahrungen?

Dies deckt sich mit meinen Erfahrungen. Insbesondere der Wintersport mit schweren Knie-, Kopf- und Rückenverletzungen führt zu sehr hohen Schadenssummen. Bei den Skifahrer*innen sind die Knie häufig betroffen. Bei den Snowboarder*innen sind es hingegen die Sprunggelenke. Erst letzte Woche hat eine Kundin wieder 7.350 Euro für eine Sprunggelenksverletzung beim Boarden erhalten.

Zu welchen Verletzungen kommt es Ihrer Erfahrung nach besonders häufig und wie kann Ihr Versicherungsangebot dabei konkret helfen?

Extrem häufig im Fußball sind Bänderverletzungen im Sprunggelenk oder Knie. Im Handball sind es sehr häufig Verletzungen an den Händen bzw. Fingern und Schultern. Ebenso bei den Volleyballer*innen. Mittlerweile fungieren wir nicht nur zur Vermittlung des Versicherungsschutzes und zur Schadenaufnahme, sondern haben ein gutes Netzwerk aus Orthopäd*innen, Chirurg*innen, Physiotherapeut*innen und Osteopath*innen, mit dem ich konkret für eine schnelle Behandlung mithelfen kann.

"Es ist im Detail wichtig, die Bedingungen zu kennen"

Wie hoch ist denn beispielsweise die Auszahlsumme für einen Fußballer, der sich einen Bänderriss zuzieht?

Das ist abhängig von der vereinbarten Versicherungssumme. Für einen Bänderriss im Sprunggelenk bekommt der/die Versicherte in der Regel zwischen 2.000 – 4.500 Euro. Bei einem Kreuzbandriss sind es zwischen 9.000 – 18.000 Euro, je nach Schwere und Verlauf.

Schafft so eine konkrete Summe nicht auch Fehlanreize?

Fehlanreize für eine absichtliche Verletzung sehe ich absolut nicht. Die Versicherten betreiben ihr Hobby mit voller Leidenschaft neben dem Hauptberuf. Kommt es dort dann zur Verletzung, sollte das finanzielle Risiko – schnell und ohne Einschränkungen – aufgefangen werden.

Die Versicherungsbedingungen einiger Unfallversicherer bieten selbst mögliche Fallstricke. Stichworte wären hier Mitwirkungsanteil oder Eigenbewegung. Wie lösen das die Risikoträger, die Sie anbieten und worauf achten Sie noch?

Es ist im Detail wichtig, die Bedingungen zu kennen. Wir nutzen ausschließlich Tarife, die auf einen Mitwirkungsanteil komplett verzichten oder mindestens erst ab 75 Prozent anrechnen, damit die Leistung für den Kunden auch hoch bleibt.

Ihr Maklerunternehmen gewinnt 90 Prozent der Neukunden über verschiedene Social Media-Kanäle. Über ‚versicherungscontent‘ bieten Sie vorgefertigte Inhalte für andere Vermittler. Wie funktioniert das und welche Erfahrungen haben Sie bzw. haben Ihre Content-Kunden damit gemacht?

Stellen Sie auf Ihrem Social-Media-Account das „Problem“ in den Vordergrund, nicht das Produkt. Dann kommen die Kunden von allein und fragen nach. Im Bereich „Private Unfallversicherung“ ist das Problem allseits bekannt, denn jede*r hat eine Mannschaftskolleg*in, die sich schon einmal schwerer verletzt hat. Dies funktioniert in jeder Sparte. Übrigens: Sprechen wir mit einem Kunden über die Verletzungsabsicherung im Freizeitsport, so ist die Absicherung der Arbeitskraft im Beruf auch nicht weit entfernt.

Die Fragen stellte Michael Fiedler

Hinweis: Der Text erschien zuerst im kostenfreien Versicherungsbote Fachmagazin 01/2023.