Digitales Erbe - ein vernachlässigtes Thema

Quelle: Jörg Schädlich / memoresa GmbH

Aber damit ist noch immer nicht alles erledigt. Ein besonders plastisches Beispiel sind sogenannte nachrichtenlose Konten. Verstirbt der Kontoinhaber und seine Erben wissen nichts von diesem Konto, melden also ihren Anspruch gegenüber der Bank nicht an, wird die Bank das Geld dreißig Jahre aufbewahren und dann aus der Einlage in seine Einnahmen umbuchen. Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland zwischen drei und neun Milliarden Euro auf solchen nachrichtenlosen Konten schlummern. Und wir können sicher sein, dass es sich dabei nicht um einige wenige Konten sehr reicher Menschen handelt, sondern eher um sehr viele Konten von Kleinsparern.

Inzwischen stehen App- oder Web-Lösungen für all diese Probleme zur Verfügung: Hier kann man seine sämtlichen Social Media Accounts, Online-Konten und -Depots, Verträge und Versicherungen sowie Cloud-Zugänge aufführen und Anweisungen für den Fall des Todes hinterlassen. Idealerweise geschieht das anbieterunabhängig. Darüber hinaus können eigene Dokumente hochgeladen, Vertrauenspersonen benannt und kann bei einigen Plattformen den Betreibern eine Vollmacht erteilt werden, um die hinterlegten Verfügungen umzusetzen. Sollte der Ernstfall eintreten, werden die angegebenen Personen direkt informiert – oder wenn verfügt, führt der Betreiber der Plattform die erteilten Weisungen aus. Dies kann dann sowohl die Kündigung von Verträgen, aber auch die Bekanntgabe von Bankkonten oder Depots an die Hinterbliebenen sein.

Auch gibt es Anbieter, an die die Hinterbliebenen den Laptop, Handy, Tablett und sonstige elektronische Geräte des Verstorbenen übergeben können, damit diese dann versuchen, die elektronischen Spuren zu beseitigen. Allerdings ist das kostspieliger und weniger effektiv, als wenn man sich im Vorfeld selbst darum gekümmert hat.

Und es gibt noch weitere Gründe, sich im Sinne der Hinterbliebenen um das digitale Erbe zu kümmern. Um auszuschließen, dass die Erben die emotionalen oder finanziellen Folgen eines Daten- oder Identitätsdiebstahls zu tragen haben, sollte man schon zu Lebzeiten vorsorgen und festlegen, wie mit all diesen Accounts und Verträgen nach dem Tod verfahren werden soll. Denn eins ist sicher: Die Hinterbliebenen haben genug damit zu tun, zu trauern – und sollten von Aufräumarbeiten welcher Art auch immer so gut wie möglich frei gehalten werden, um der Trauer den Platz zu lassen, die sie braucht.