Welche Chancen traditionelle Versicherungen gegen Digitalversicherer haben

Quelle: Neodigital Versicherung AG

Wird eine Versicherungspolice direkt im Kaufprozess eines anderen Produktes mit angeboten und verkauft, spricht man von ‚Embedded Insurance‘. Welche Rolle branchenfremde Unternehmen spielen und welche Chancen sich für Versicherer und Makler ergeben, erklärt Stephen Voss, Gründer und Marketing-Vorstand der Neodigital Versicherung AG.

Haben traditionelle Versicherungen eine Chance gegen Digitalversicherer und InsurTechs? Was müssen sie tun, um am Embedded Insurance Trend zu partizipieren?

Ja, die haben sie. Damit sie diese Chance nutzen können, müssen sie beweglich bleiben und ihren Tech-Stack unter Kontrolle haben oder sich den passenden Partner dafür suchen. Wenn Technologie keine Kernkompetenz ist, können via Partnering und auch im Kooperationswettbewerb (Kooperationen) dennoch Chancen aus bestehenden Geschäftsverbindungen im „Embedded“-Sinne gehoben werden.

Welche Rolle spielen dabei branchenfremde Unternehmen, wie internationale Tech-Riesen?

Internationale Tech-Riesen sind Datenlieferant im Rahmen ihrer bestehenden Geschäftsmodelle. Als Vertriebspartner sind sie für die POS-Logik interessant, bei Erfolg aber auch als Investor, da M&A ein dienliches Instrument ist, um Wertschöpfungstiefe zu erweitern. Dabei müssen Versicherungsunternehmen aber beachten, dass keine Bereiche tangiert werden, wo man sich den eigenen Ast, auf dem man sitzt, absägt. Branchenfremde Unternehmen können die Versicherer bei der Umsetzung der Projekte aber mit sogenannten Mikroservices, z.B. durch die Integration in Shop- oder Check-Out-Systeme unterstützen.

Inwieweit wird es zu einer Umverteilung der Marktanteile in der Versicherungsbranche kommen?

Nur sehr schleichend, zumindest in Deutschland. Das Marktmodel über jährliche „Prolongation“ schützt weiterhin (nachhaltig) die Versicherungsunternehmen mit gewachsenen Beständen. Die Trägheit aus dem Marktmodell bedingt langsame Veränderung in Bestandsmarkt. Eine Umverteilung kommt über Nischen und neue Marktsegmente, z.B. „Embedded“, zustande. Im bestehenden Kernmarkt findet eine schleichende Umverteilung über Demografie-Wandel und wachsende Kaufkraft von Digital Natives statt. KFZ und zugehörige „Marktschocks“, wie E-Mobilität gepaart mit nachhaltigem Anstieg von Preisen für fossile Brennstoffe kann sich als Beschleunigungs-Effekt für Umverteilung zeigen.

Wird mit dem Anstieg der Embedded Insurance-Ära das Ende des Maklergeschäfts eingeläutet?

Ganz klar: Nein. “Embedded“ stellt vielmehr einen weiteren, technischen Vertriebskanal dar, bzw. modernisierten Kanal für „Annex“. Makler, die technisch affin sind bzw. in diesem Bereich investieren oder Partnerschaften eingehen und verstehen, dass der Vertriebskuchen dann auch aufgeteilt wird, können auch durch „Embedded“ stark wachsen, da sie die Bedürfnisse ihrer Kunden sehr gut kennen. So können Makler beispielsweise die Chance nutzen, im B2B-Segment bei Kunden, die starken B2C-Anteil haben, über „Embedded“ im B2C-Geschäft über „Embedded“-Logik einen rein technischen Vertrieb betreiben, um so relevante Zusatzerlöse zu generieren und nachhaltige B2B-Kundenbindung zu betreiben.

Inwieweit wirkt sich Embedded Insurance auf die Reputation der Versicherer aus?

Es ist derzeit noch unklar, ob durch „Embedded“ Veränderung in der Wahrnehmung und Reputation des Versicherers entstehen werden. Die These lautet aber, dass die Reputation des Versicherers steigen kann, wenn z.B. „Embedded“-Aktivität dazu führen, dass nachhaltig hohe bzw. stets verbesserte Net Promoter Scores (NPS) erreicht werden.

Die Steigerung von NPS befähigt Versicherer, entweder kosteneffizienter neue Kunden zu erreichen (reduzierte Kundengewinnungskosten, CAC) oder aus bestehenden Kunden höheren „Share of Wallet“ (SOW) zu erreichen.