BGH: Wann Rückforderungsansprüche nach unwirksamer PKV-Beitragserhöhung verfallen

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Ansprüche nach unwirksamer PKV-Beitragserhöhung unterliegen der regelmäßigen Verjährungsfrist, sobald der Versicherungsnehmer schon bei Erhalt der Änderungsmitteilung von fehlenden Rechtsgrundlagen ausgeht. Das zeigt ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH).

Prämienanpassungen in der privaten Krankenversicherung nach Paragraf 203 Abs. 2 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) werden nur gültig durch eine Begründung, die den Anforderungen des Paragrafen 203 Abs. 5 VVG genügt. Wichtig hierfür ist: Eine allgemeine Mitteilung, die nur die gesetzlichen Voraussetzungen der Beitragserhöhung wiedergibt, erfüllt die Anforderungen nicht.

Stattdessen müssen maßgebliche Gründe für die konkret in Rede stehende Prämienanpassung angegeben werden – und damit auch maßgebliche Rechnungsgrundlagen, wie ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) mit Datum vom 16. Dezember 2020 zeigt (Az. IV ZR 294/19).

Bei fehlerhafter Begründung hingegen ist die Prämienanpassung unwirksam – der Versicherungsnehmer kann sich die Differenz aus der alten Prämie und der neuen, angepassten Prämie zurückzahlen lassen. Beim Einklagen der Ansprüche sollte sich der Versicherungsnehmer jedoch besser nicht allzu viel Zeit lassen. Das zeigt ein neues Urteil des Bundesgerichtshofs vom 17. November 2021 (Az. IV ZR 113/20).

Das Landgericht ging zunächst von einer gehemmten Verjährungsfrist aus

Denn seit dem Urteil vom Dezember 2020 war umstritten, ob Rückforderungsansprüche nach unwirksamer Prämienanpassung einer dreijährigen Verjährungsfrist gemäß Paragraf 195 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) unterliegen können. Könnte doch die unsichere und zweifelhafte Rechtslage bis zum Urteil vom 16. Dezember 2020 ein Hemmungsgrund für die Verjährung sein – wodurch die Verjährungsfrist zum Stillstand kommen und erst nach Klärung der Rechtslage weiterlaufen würde.

So hatte zunächst auch das Landgericht (LG) Köln entschieden für einen Kläger, der zwar erst 2018 gegen seinen Krankenversicherer auf Rückzahlung erhöhter Beiträge klagte, jedoch Prämienanteile vom 01. Juli 2008 bis 31. Dezember 2017 geltend machen wollte (Az. 23 O 216/18): Zunächst wurden dem Mann tatsächlich Prämienanteile ab 2008 zugesprochen.

BGH: Der Mann hätte schon eher klagen müssen

Das PKV-Unternehmen aber ging in Berufung. Tatsächlich änderte das Oberlandesgericht (OLG) Köln das Urteil ab – und sprach dem Kläger nur unrechtmäßig gezahlte Prämienanteile für den Zeitraum von 01. Januar 2015 bis 31. Dezember 2017 zu (Az. 9 U 174/18). Dieses Urteil wurde nun in dritter Instanz durch den Bundesgerichtshof bestätigt.

Denn laut Urteil des Bundesgerichtshofs erlangte der Kläger schon mit Zugang des ersten Änderungsbescheids in 2008 jene erforderliche Kenntnis vom Fehlen eines Rechtsgrunds für die höheren Beiträge, die eine Verjährungsfrist in Gang setzt. War er doch schon damals der Ansicht, der Änderungsbescheid wäre formal unzureichend. Und sobald der Versicherungsnehmer bereits vor einer höchstrichterlichen Entscheidung seinen Anspruch gegenüber dem Schuldner geltend macht und außerdem selbst zu erkennen gibt, schon ab 2008 vom Bestehen eines Anspruchs auszugehen, ist ihm auch ab 2008 eine Klage zumutbar, erklärt das Gericht.

Lässt das Urteil eine Frage offen?

Der Beginn der Verjährungsfrist für Ansprüche auf Rückzahlung erhöhter Beiträge war daher nicht bis zu einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs hinausgeschoben. Aus diesem Grund greife die dreijährige Verjährungsfrist und lasse Ansprüche, die ab Einreichung der Klage weiter als drei Jahre zurückliegen, verfallen. Das Urteil scheint allerdings die Frage offen zu lassen, ob die Verjährungsfrist gehemmt ist, wenn ein Versicherungsnehmer erst durch Rechtsprechung des BGH vom Bestehen eines Anspruchs erfährt. Eine Pressemeldung zum Urteil ist auf der Webseite des Bundesgerichtshofs verfügbar.