Maklerbüro: Mehr Standardisierung – mehr Wert

Quelle: josemdelaa@pixabay.com

Es ist schon eine vertrackte Sache. Man will sich als VersicherungsmaklerIn natürlich vom Wettbewerb differenzieren. Dennoch kann man nicht jeden Kunden immer wieder mit einem neuen Konzept individuell beraten. Eine Beratungsstruktur bringt Effektivität, spart Zeit und Kosten und bringt Ertrag, die auch ein Maklerunternehmen existenziell braucht. Wie weit man dabei gehen kann oder soll, erläutert AssekuranzDoc Dr. Peter Schmidt in seiner heutigen Kolumne.

Rufen wir gemeinsam ein wenig Schulwissen zurück. Die ersten Automobile entstanden in Handarbeit diesseits und jenseits des großen Teichs. Automobile aus deutschen oder amerikanischen Manufakturen wurden zeit- und kostenintensiv hergestellt, waren dementsprechend teuer und wurden nur von vermögendem Klientel gefahren. Erst mit der Standardisierung von Produkten und Herstellungsprozessen wurde die Tür für das Massenprodukt Auto geöffnet, weil dann ein besseres Verhältnis von Zeit und Kosten in Relation zum Preis möglich wurde.

Der @AssekuranzDoc

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Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Transportieren wir diese in die Welt der Versicherungs- und Finanzanlagevermittler. Mit einem Beratungskonzept, was für viele Kunden eines Maklers grundsätzlich geeignet ist, kann der Spagat zu mehr Effizienz der Beratung bei Wahrung der individuellen Wünsche, Bedürfnisse und Risiken der Kunden bewältigt werden. Das bedeutet, nicht in jedem Einzelfall wird der/die MaklerIn überlegen: Wie gehe ich denn jetzt die Bedarfsanalyse oder Marktrecherche an? Das ist schon einmal ein erster Schritt zu einer sinnvollen Standardisierung.

Vorteile einer Standardisierung bei Versicherungsvermittlern

Nachfolgend möchte ich Beispiele für fünf Bereiche herausstellen, in denen Standardisierung sinn- und wertvoll für Versicherungsvermittler, besonders Makler, sein kann:

1. Kosten für Beratungs-, Verwaltungs- und Vergleichsprogramme

Entscheidet sich ein Maklerunternehmen für bestimmte Tools und Werkzeuge eines Maklerpools, die zu der eigenen Beratungsphilosophie passen, und arbeitet nicht mit vielfachen und technisch nicht zusammenpassenden Soft- und Hardwarekomponenten, dann ist eine wichtige Entscheidung für Standards schon mal getroffen.

Diese Entscheidungen findet man vielfach auch in Maklervereinbarungen mit den Kunden, wo beispielsweise klargestellt wird, dass man mit Datenerfassungs- und verwaltungssystem ABC arbeitet und Marktrecherchen über die Vergleichsprogramme DEF und GHI erstellt. Das schafft gegenüber dem Kunden Transparenz und führt gleichzeitig dazu, dass der/die MaklerIn sich nicht genötigt fühlt, in zahlreichen weiteren Programmen zu suchen.

Gleichzeitig wird mit so einer Entscheidung für ein System der Grundstein für niedrigere betriebsinterne Kosten gelegt. Anders ist es bei Maklerunternehmen, bei denen über Jahre oder sogar Jahrzehnte teure und oft wenig genutzt Softwarelizenzen die Betriebskosten belasten. Früher oft nach Anerkennung heischende Ausführungen der Art „Wir haben alle wichtigen Vergleichsprogramme“ sind wirklich nur noch eine nette Etikette.

2. Gleiche Systeme für alle Mitarbeiter im Maklerunternehmen

Die Standardisierung der technischen Systeme und Beratungs- bzw. Verwaltungstools vereinfacht die Arbeit im Unternehmen, sowohl im Innen- als auch im Außendienst oder - entsprechend der aktuellen Lage - auch im Homeoffice. Die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter wird vereinfacht, die gegenseitige Hilfe und Vertretbarkeit läuft besser und auch die Arbeit mit neudeutsch „Benchmarks“ wird möglich.

Gleiche Systeme bringen weiteren Nutzen: Die Auskünfte für Kunden zu Detailfragen, die Dokumentation der Beratunganlässe und – ergebnisse wird erleichtert und der Übergang zur Kundenselbstverwaltung in bestimmten Bereichen wird überhaupt erst möglich, wenn man sich für die richtigen Tools entschieden hat.

Trend zu Dienstleistern verstärkt sich

Bei den Grundsatzentscheidungen für Tools und Systeme ist der Makler als Unternehmer natürlich besonders gefragt. Stand vor Jahren eher noch das Thema eigene Systeme, eigene Tools und Unabhängigkeit im Mittelpunkt unternehmerischen Handelns, so verstärkt sich aktuell der Trend, bestehende und sich weiterentwickelnde Systeme von Dienstleistern zu nutzen. Die damit entstehenden Abhängigkeiten werden bewusst in Kauf genommen, um kostspielige Eigenentwicklungen mit begrenzter technischer Perspektive zu vermeiden.

Auf diesem Weg wird die Basis für gleiche Systeme auch auf die Kunden und Dienstleister erweitert, so wie dies auch in anderen Bereichen der Volkswirtschaft passiert. Arbeitsteilung wird zu einem wichtigen Moment der Wertschöpfungskette im Maklerunternehmen.

3. Zuverlässigkeit im Workflow wird gestärkt

Allein schon die aktuellen Auswirkungen der Pandemie zeigen, wie wichtig Standardisierung von Prozessen sein kann. Ausfälle von Mitarbeitern durch Krankheit können im Team oder auch mit Unterstützung von Dienstleistern ausgeglichen werden. Die Erreichbarkeit für Kunden wird besser gewährleistet, wenn Mitarbeiter auch aus dem Homeoffice erreichbar sind und dem Kunden bei Wünschen weiterhelfen können.

Größere Maklerhäuser binden inzwischen Dienstleister teilweise oder komplett in diesen Prozess ein. So wird beispielsweise das Thema Schadenbearbeitung oder die kaum positiv betrachteten Vergleichswünsche zu noch günstigeren KFZ-Versicherungen ausgelagert. Auf diesem Weg werden Abhängigkeiten von einzelnen Mitarbeitern, Situationen oder Bereichen verringert. Das Unternehmen ist damit weniger bei Ausfällen und Fehlern anfällig.

4. Standardisierung ermöglicht wirksame Kooperationen

An dieser Stelle wurde bereits mehrfach über die Vorteile von Kooperationen geschrieben. Arbeiten beide oder mehrere Kooperationspartner in gleichen oder ähnlichen Standards, dann kommt der Zusatzwert „Spezialisierung“ besser zum Tragen. Gerne bezeichne ich das auch als WINWINWIN (Makler 1 – Makler 2 – Kunde). Im Mittelpunkt steht dann die Schnittstelle – ab wann übernimmt zu einem bestimmten Bereich der Kooperationspartner zu klaren Spielregeln in Sachen Kunden- und Datenschutz.

Voraussetzung für so eine Arbeitsweise sind das Erkennen der Stärken und Spezialfelder der Kooperationspartner, die Abgrenzung zueinander und klare Spielregeln rund um den Kunden sowie die erzielten Ergebnisse. Der Rest ist dann ein Stück Organisation und regelmäßige Abstimmung zum Kunden.

Dabei kann es so einfach sein, aus den ausgefahrenen Gleisen herauszutreten und innerhalb eines Jahres 12.000 EUR mehr an Umsatz zu generieren und gleichzeitig die Qualität der Kundenbindung zu verbessern. Das Thema Zusammenhang von standardisierter Beratung, Servicevereinbarungen und Kundenbindung greife ich in einem Webinar ab 23. und 26. November sowie am 03.12.2020 für den diPay-ExpertenCampus für Versicherungsmakler auf und erkläre, wie man auch als Einzelunternehmer in dieser Frage vorankommen kann.

5. Standardisierung unterstützt Qualitätssicherung und Haftungsreduzierung

Arbeiten Bereiche der Volkswirtschaft nach anerkannten Standards, dann wird schon bei der Kundengewinnung mehr Vertrauen sein als ohne. Jedem von uns geht dies so, wenn entsprechende DIN-Norm-Nummern oder ISO-Zertifizierungen als Urkunden zu sehen sind. Jede dieser wertvollen „Nummern“ stehen für objektive, nachvollziehbare und auch transparente Prozesse, auf die sich die Kunden verlassen können.

In der Finanz- und Versicherungsbranche hat es lange gedauert, dass sich für den Analyse- und Beratungsprozess eine solche Standardisierung herausgebildet hat. Der Gesetzgeber arbeitete eher an Vorschriften und Regularien über den Kopf der Berater hinweg. Ein Blick auf die Notwendigkeiten und Möglichkeiten der Privathaushalte und einer entsprechend hochwertigen Beratung fehlten.

Hier setzt nun seit einigen Jahren die DIN-Norm 77230 an. In einem Arbeitsausschuss aus Vertretern des Verbraucherschutzes, Wissenschaftlern und Branchenvertretern wurde diese Norm 2019 veröffentlicht und ersetzt seitdem die DIN SPEC 77222:2014-04 und DIN SPEC 77222/A1:2017-11. Im Kern geht es darum, dass die wichtigsten Finanzthemen für einen Privathaushalt nach einer festen Reihenfolge erfasst, analysiert und dann beraten werden.

individualisierte Beratung nach DIN-Norm

Natürlich wird jeder Kunde und jeder Haushalt auch nach DIN-Norm individuell bewertet und beraten. Aber eben immer nach einer „gleichen“ und standardisierten Reihen und Rangfolge. Dazu zählen die drei Bedarfsstufen, die unter festen Rahmenparametern in die Analyse und Beratung einbezogen werden:

  • Grundbedarf (Risikoabdeckung)
  • Erhalt Lebensstandard
  • Verbesserung Lebensstandard

Eine solche Arbeitsweise im Maklerunternehmen mit der DIN-Norm kann ein Baustein dafür sein, dass alle Kunden stärker und umfassender nach ihren Bedürfnissen gefragt werden. Im Hinblick auf Vertragsdichten bei Finanz- und Versicherungsmaklern bei zirka vier Verträgen scheint dies schon mal ein wichtiger Ansatz und Impuls für mehr Qualität zu sein.

Auch klar ist aber, dass Standardisierung kein Allheilmittel zu falscher oder tendenziöser Beratung ist. Wenn ein Vermittler der Ausschließlichkeit nach DIN-Norm arbeitet (was grundsätzlich anzuerkennen ist), den Kundenbedarf dann aber nur per „hauseigenem“, aber nicht optimalen Produkt beglückt, dann sind mögliche Nachteile gut zu erkennen.

Fazit

Standardisierung im Vermittlerunternehmen hat zahlreiche Facetten, ermöglicht ein effektives Arbeiten an Themen, die immer wiederkehren, und braucht eine entsprechende Basis, die den Möglichkeiten unserer digitalen Gegenwart entspricht.

Standardisierung in der Arbeit mit Kunden ist keine Einschränkung der Beratungen zu individuellen Wünschen der Kunden. Vielfach ermöglicht erst ein standardisierter Weg der Analyse und Beratung die nötigen Freiräume für Spezialthemen und die Erfassung der Kundenbedürfnisse und -wünsche, damit auch nichts vergessen wird und unter den Tisch fällt.

Standardisierung hat außerdem eine positive Wirkung auf den Wert des Maklerunternehmens bzw. des Maklerbestandes. Aber das ist ein weiteres Thema, was ich Ihnen in einem speziellen Video gerne vorstelle – Ihr AssekuranzDoc.