Die Digitalisierung und die Datenflut

Quelle: www.Inveda.net

Fragt man heute einen Makler, wie er sich ein optimales System zur Verwaltung seiner täglichen Aufgaben vorstellt, dann ist es mit Sicherheit ein digitales System. Von so einem System wird erwartet, dass es die bisherigen Arbeitsweisen exakt übernimmt und möglichst viele davon automatisiert. Doch die digitalen Systeme nehmen uns nicht nur Arbeit ab, sie verändern auch unsere Arbeitsweisen, und das manchmal sehr drastisch.

Ein sehr einfaches Beispiel ist die Maklerpost, die heute von den Versicherungsgesellschaften und Maklerpools vorwiegend digital zur Verfügung gestellt wird. Inhaltlich hat sich an der Maklerpost wenig geändert, es sind die alten Briefe, nur anstatt aus Papier öffnet man nun ein PDF auf dem Computer. Das erscheint auf den ersten Blick recht unspektakulär. Hat man keine weitere Software, zum Verarbeiten dieser Maklerpost, dann ändert sich auch wenig an der bisherige Arbeitsweise. Man liest den Inhalt und entscheidet sich dafür das PDF irgendwo für später zu speichern, löscht es, weil es unwichtig erscheint oder es ergibt sich eine sofortige Handlung, weil zum Beispiel ein Nachfrage zu einem Schaden gestellt wird, die man an den Kunden sofort weiterleitet.

Anders wird es jedoch, wenn die Maklerpost mit einem Maklerverwaltungsprogramm abgerufen wird. Hier wünscht man sich eine automatische Zuordnung der Daten, denn in der Regel werden mit dem digitalen Datensatz neben dem Dokument auch detaillierte Informationen zu Kunden und Vertrag bereitgestellt. Hier ist es sinnvoll, dass die Dokumente gleich an der richtigen Stelle abgelegt werden. Doch das Ablegen der Dokumente ist nur die eine Seite der Medaille, neben dem Import erfolgen auch Handlungen, die je nach Dokument sehr unterschiedlich sein können. Wenn das Dokument im Makler-Verwaltungs-Programm abgelegt ist, müssen weitere Handlungen, Bearbeitungen durch das MVP unterstützt werden. Der Grund ist relativ einfach, denn man verliert den Überblick darüber, welcher Posteingang schon abschliessend verarbeitet wurde und wo noch Handlungen offen sind.

Die Handlungen können sehr unterschiedlich sein. Ein Aspekt ist zum Beispiel der zeitliche Verzug. Liegt eine Nachfrage zu einem Schaden vor, muss sofort reagiert werden. Ist es die Bestätigung zu einer Police, dann möchte man sofort die Vertragsnummer speichern und später prüfen, ob auch Provision gezahlt wurde. Es könnte aber auch eine Eingangsbestätigung zu einer Vertragskündigung sein, die würde nur abgelegt werden. Die Bestätigung zu einer Adressänderung wird man ignorieren, zumindest wenn sie selbst initiiert wurde. Makler, deren MVP hier alle verschiedenen Geschäftsvorfälle und daraus resultierenden Handlungen unterstützt, können sich glücklich schätzen.

Neben der Automatisierung der Abarbeitung der eingehenden Maklerpost ergibt sich jedoch ein Problem, das in dieser Dimension vorher weniger eine Rolle gespielt hat. Dokumente die einmal in einem MVP gespeichert wurden, bleiben dort in der Regel für die Ewigkeit. Den einen oder anderen Brief, der auf dem Schreibtisch liegt, wirft man irgendwann in den Papierkorb oder besser schreddert ihn mit dem Aktenvernichter.

Ein MVP hat dafür keine Entscheidungsgrundlage. Im Gegenteil, die Erwartung ist, dass alles was darin gespeichert wird, auch für alle Ewigkeit abrufbar bleibt. Doch mit dem automatischen Import der Maklerpost sammelt sich viel Datenmüll an. Die meisten Dokumente sind nach einer gewissen Zeit nicht mehr relevant. Dies ist geregelt in der Abgabenordnung § 147 Ordnungsvorschriften für die Aufbewahrung von Unterlagen. Was will man mit dem ganzen Schriftverkehr zu einem Schaden, wenn dieser schon seit Jahren beglichen ist. Wozu eine Vertragskündigung ewig speichern und wofür braucht man die vorletzte Beitragsänderung?

Hier zeigt sich ein gravierende Unterschied zwischen Mensch und Maschine. Ein Mensch könnte hier einfach ausmisten, und einfach löschen, was ihm unwichtig erscheint. Die Maschine, das MVP, weiss das nicht, sie braucht klare Regeln. Klar, der Mensch hat auch Regeln nur im Unterschied zur Maschine geht er mit diesen Regeln anders um. Die Maschine hält sich immer an diese Regeln, der Mensch tut es nicht. Ein Mensch, der merkt, dass die Einhaltung einer Regel eher zum Nachteil führt, der wird Ausnahmen machen. Das kann die Maschine nicht. Und genau das ist das Dilemma, wenn wir versuchen, die Regeln zum Löschen von Dokumenten für eine Maschine festzulegen. Vielleicht sind ja zum Beispiel einige Schäden wichtiger als andere. Eine zerbrochene Fensterscheibe, ein kaputter Dachziegel, da wird es nach der Schadensregulierung keine weiteren Ereignisse geben. Aber was ist mit einem Leitungswasserschaden in einem Haus. Hier können sich auch Jahre später noch Schäden bemerkbar machen, in diesem Fall ist es wichtig, dass noch auf die damaligen Korrespondenzen zugegriffen werden kann.

Schnell wird klar, eine Lösung durch die Betrachtung von Einzelfällen zu suchen, würde nicht zum Ziel führen.

Warum nicht Vorschriften nutzen, die es schon gibt?

Wenn es um das Löschen von Dokumenten geht, dann findet man in der Datenschutz-Grundverordnung unter Artikel 17 den Titel "Recht auf Löschung". Dort steht im Absatz I Punkt A "Der Verantwortliche ist verpflichtet, personenbezogene Daten unverzüglich zu löschen, sofern einer der folgenden Gründe zutrifft ... Die personenbezogenen Daten sind für die Zwecke, für die sie erhoben oder auf sonstige Weise verarbeitet wurden, nicht mehr notwendig.". Im Falle des vorherigen Beispiels, dem Wasserschaden, ist der Fall für den Makler abgeschlossen, wenn der Schaden beglichen ist und der Kunde keine Einwände erhebt. Darüber hinaus gibt es für den Makler keinen Grund, das Dokument aufzuheben. Gleiches gilt für abgelaufene Versicherungsverträge. Auch hier besteht keine Notwendigkeit der Aufbewahrung.

Bei den Unterlagen zu ehemaligen Kunden ist es indes heikel, zumindest so lange dort noch Verträge laufen, für die der Makler noch in die Haftung genommen werden kann. Mit der Übertragung des Bestandes ist der Makler keineswegs aus der Haftung und braucht seine Unterlagen, um sich gegen den möglichen Vorwurf einer Falschberatung wehren zu können. Gleiches gilt für Daten zur Provisionsabrechnung, hier verlangt die Abgabenordnung eine Aufbewahrung von mindesten zehn Jahren.

Für alleinarbeitende Makler ist es einfach: die Provisionsabrechnungen werden durch die Versicherungsgesellschaften und Pools erstellt und der Makler kann sich die Monats- bzw. Jahresabrechnungen selbst abspeichern. Hat der Makler hingegen eine eigene Struktur und verteilt die eingehende Provision, so muss der Geldfluss transparent bleiben und der ordnungsgemäßen Buchführung entsprechen – da heißt das alle mit dem Geschäftsvorfällen verbundenen Daten (Versicherungsverträge/Kundendaten) ebenfalls nach der Abgabenordnung archiviert werden müssen.

Das Ziel der Entwickler eines MVP muss es sein Algorithmen zu implementieren, um Daten kalkuliert nach Vorgabe zu löschen. Hierzu finden sich gute Ansätze in den gesetzlichen Vorschriften.

Das Löschen sollte als ein wichtiger Aspekt bei der Digitalisierung betrachtet werden. Es hilft insbesondere, Kosten für Speicher und Datensicherung zu sparen und entlastet die Systeme bei der Auswertung und der Suche nach Daten.