Rente: Warum die Rentenreform von 2018 in der Corona-Pandemie zum Problem wird

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Es verwundert kaum, dass nun – in Zeiten der Corona-Pandemie – herbe Kritik am Aussetzen des Nachholfaktors geübt wird. Und diese Kritik greift doppelt den Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und sein Ministerium an. Denn zum einen wird kritisiert, dass überhaupt der Nachholfaktor ausgesetzt wurde fast ohne Not – nun in Zeiten der Pandemie ein Verhängnis zulasten der Beitrags- und Steuerzahler und letztendlich der Nachhaltigkeit in der Rentenversicherung. Zum anderen wird kritisiert, wie dies geschah: Unbemerkt durch die Öffentlichkeit und versteckt in den vielen Maßnahmen des Rentenpakets.

Rürup und Börsch-Supan kritisierten zuerst: Balance zwischen Jungen und Alten sei außer Kraft gesetzt

So brauchte es auch zwei ausgewiesene Rentenexperten, damit die Öffentlichkeit überhaupt auf dieses Problem aufmerksam wurde: Volkswirtschaftler Axel Börsch-Supan als ehemaligen Leiter der Nachhaltigkeits-(„Rürup“)-Kommission sowie Bert Rürup als Namensgeber dieser Kommission und ehemaliger Vorsitzender der „Wirtschaftsweisen“.

Erst auf Hinweis beider Experten gab die Bundesregierung den Eingriff in die Anpassungsformel überhaupt zu, wie die Süddeutsche aktuell berichtet. Und Börsch-Supan kritisiert nun: Weil steigende Beiträge drohen durch einen ausgehobelten Anpassungsmechanismus zwischen Leistungsempfängern und Beitragszahlern, hätte die Bundesregierung „die Balance zwischen den Jungen und den Alten außer Kraft gesetzt“.

Merkel: Problem komme frühestens 2022 zum Tragen

Und die Süddeutsche berichtet zudem in einem weiteren Artikel: Das Problem „Nachholfaktor“ ist mittlerweile bei der Bundeskanzlerin Angela Merkel angekommen. Das liegt an einer Regierungsbefragung Mitte Mai, bei der Bundestagsabgeordneter Johannes Vogel (FDP) die Kanzlerin mit dem Problem konfrontierte.

Auch Merkel schien zunächst nicht einmal informiert, dass der Nachholfaktor ausgesetzt ist. Denn laut Süddeutsche antwortete Merkel: "Wenn es so wäre, dass der Nachholfaktor bis 2025 ausgesetzt ist, würden wir darüber noch mal reden."

Nun aber hat Bundestagsabgeordneter Vogel durch Merkel einen Brief erhalten, in dem es zur Forderung eines Korrektur des Eingriffs in 2018 heißt: Der beschriebene Effekt, dass die Renten stärker als die Löhne steigen könnten, komme "frühestens bei der Rentenanpassung zum 1. Juli 2022 zum Tragen". Derzeit bedürfe es also "keiner Änderung der Rentenanpassung“.

FDP-Sozialpolitiker Vogel urteilt harsch über diese Worte: Die Bundesregierung wolle „ihren eigenen Scherbenhaufen nicht etwa aufkehren, sondern der nächsten Bundesregierung vor die Füße kippen". Wird doch die nächste Bundestagswahl voraussichtlich im Jahr 2021 stattfinden – und erst danach werden sich die Auswirkungen eines ruhiggestellten Nachholfaktors zeigen.