BaFin-Aufsicht über 34f-Vermittler würde "gut funktionierendes System zerschlagen"

Quelle: IHK Mittlerer Niederrhein

Die Industrie- und Handelskammer Mittlerer Niederrhein (IHK) hat sich dagegen positioniert, dass die Aufsicht über Finanzanlagenvermittler nach § 34f Gewerbeordnung von den IHKen auf die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) übertragen wird. Was den Anlass dazu gab und weshalb man eine BaFin-Aufsicht für kontraproduktiv halten würde, erklärt Hauptgeschäftsführer Jürgen Steinmetz im Versicherungsbote-Interview.

Versicherungsbote: Die Industrie- und Handelskammer (IHK) Mittlerer Niederrhein hat sich mit einer Stellungnahme überraschend deutlich gegen eine BaFin-Aufsicht für Finanzanlagenvermittler ausgesprochen. Was gab den Anstoß hierzu? Warum ist es aus Ihrer Sicht notwendig zu intervenieren?

Jürgen Steinmetz: Die IHK hat die gesetzliche Aufgabe, das Gesamtinteresse der Gewerbetreibenden wahrzunehmen, für die Förderung der gewerblichen Wirtschaft zu wirken und dabei die wirtschaftlichen Interessen einzelner Gewerbezweige abwägend und ausgleichend zu berücksichtigen. In diesem Sinne vertreten wir die Interessen unserer Mitglieder als Mittler zwischen Staat und Wirtschaft.

Mit dem Gesetzesentwurf soll ein gut funktionierendes System zerschlagen werden. Die IHK ist nicht nur Aufsichtsinstanz für Finanzanlagenvermittler, sondern hat auch die Aufsicht über Versicherungs- und Immobiliardarlehensvermittler. Da zahlreiche Vermittler in mehreren Bereichen, also Versicherungen, Finanzanlagen und Immobilienkredite tätig sind, haben sie mit der IHK bislang einen Ansprechpartner. Das reduziert den bürokratischen Aufwand für die Unternehmen. Meist handelt es sich um Ein-Personen-Betriebe. Für diese Unternehmen sind wir nicht nur Ansprechpartner bei aufsichtsrechtlichen Fragestellungen, sondern wir unterstützen sie auch mit diversen Serviceangeboten wie zum Beispiel mit Beratung zur Finanzierung, zur Ausbildung oder zu Fördermitteln.

Sie argumentieren, dass mit einer BaFin-Aufsicht Mehrkosten auf Finanzanlagenvermittler zukommen. Klar ist, dass sie für die eigene Aufsicht zahlen müssen. Was sind die Kostentreiber, so dass es für Vermittler teurer wird? Mit welchen Mehrkosten müssen Vermittlerbüros aus Ihrer Sicht rechnen? Haben Sie Beispiele?

Die Erteilung einer Erlaubnis für Finanzanlagenvermittler soll künftig 1.590 Euro kosten, für Vertriebsgesellschaften 2.485 Euro. Die Industrie- und Handelskammern erheben derzeit Gebühren für die Erlaubnis in Höhe von 310 bis 350 Euro.

Nun müssen die Vermittler ja auch für die IHK Gebühren zahlen. Das Bundesfinanzministerium bestreitet deutliche Mehrkosten, da im Gegenzug Kosten wegfallen: etwa für das Beauftragen eigener Prüfer und Gebühren für die Entgegennahme und die Prüfung der Prüfungsberichte. Aus Ihrer Sicht ein überzeugendes Argument?

Nach den Erfahrungen für unseren IHK-Bezirk geben knapp 50 Prozent der Vermittler eine sogenannte Negativerklärung ab. Das heißt, dass diese Vermittler im Vorjahr kein Neugeschäft gemacht haben. Die Kosten eines Prüfungsberichtes entfallen in diesen Fällen. Bei einer BaFin-Aufsicht sollen die Kosten für Prüfungen auf alle Vermittler umgelegt werden. Somit werden Vermittler ohne Neugeschäft ebenfalls herangezogen. Eine differenzierte Betrachtung der Umlage ist uns bislang leider nicht möglich. Wir gehen aber von Kosten in Höhe von mehr als 1.000 Euro pro Jahr aus.

Ein Grund für die angedachte BaFin-Aufsicht: Die Aufsicht über 34f-Vermittler solle vereinheitlicht werden, weil regionale IHKen unter Umständen verschieden strenge Standards anlegen. Würde das nicht für eine zentrale Aufsicht sprechen? Bzw. was sind Vorteile einer dezentralen und regionalen Aufsicht?

Defizite in der Aufsicht sind bislang nicht ersichtlich. Weder gab es in der Vergangenheit darüber Beschwerden noch sonstige Anhaltspunkte. Die Finanzskandale der letzten Jahre stehen nicht im Zusammenhang mit der Aufsicht über die Vermittler. Im Übrigen verfügen die IHKs über bundesweit einheitliche Leitlinien, die mit dem Bundeswirtschaftsministerium abgestimmt sind. Zudem stehen die Kammern in engem Kontakt zu den örtlichen Gewerbebehörden.

Wie bereits gesagt: Viele Vermittler sind in mehreren Geschäftsfeldern tätig. Die bei den IHKs gebündelte Aufsicht spricht daher gerade für eine einheitliche Rechtsanwendung.

Die Grünen im Bundestag beklagen einen grundsätzlichen Interessenkonflikt der IHKen: sie vertreten als Wirtschaftsplattformen die Interessen der gewerblichen Vermittler und sind zugleich für deren Aufsicht und Zulassung zuständig. Wie garantieren Sie, dass es hierbei nicht zu Interessenskonflikten kommt?

Die Industrie- und Handelskammern sind Körperschaften des öffentlichen Rechts und damit an Recht und Gesetz gebunden. Sie stehen dabei unter der Rechtsaufsicht des Landes. Wir haben somit ein Eigeninteresse, dass wir uns bei der Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben nicht angreifbar machen.

Die Fragen stellte Mirko Wenig