Krankenkassen-Funktionär warnt vor massiv steigenden Zusatzbeiträgen

Quelle: Michal Jarmoluk / Pixabay

Darüber hinaus gehen den Kassen Einnahmen durch eine Reform der Betriebsrente verloren. Die Bundesregierung hat zum Jahresanfang einen Freibetrag für Krankenkassen-Beiträge auf Betriebsrenten eingeführt, um die Sparer zu entlasten. Bis 159 Euro im Monat müssen Ruheständler überhaupt keine Kassenbeiträge mehr zahlen, darüber hinaus nur noch anteilig. Bisher wurden sie mit den vollen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Beiträgen zur GKV von 14,6 Prozent zur Kasse gebeten (der Versicherungsbote berichtete).

Nach Schätzungen des Bundesgesundheitsministeriums werden die GKV-Anbieter durch die Rentenreform voraussichtlich 1,2 Milliarden Euro weniger pro Jahr zur Verfügung haben. Zunächst sollen die Einbußen durch die Liquiditätsreserve des Gesundheitsfonds ausgeglichen werden.

Fehlanreize begünstigen hohe Ausgaben

Doch nicht allein Demografie und Gesetzesreformen führen zu Mehrausgaben im Gesundheitssystem. Fehlanreize begünstigen die hohen Kosten. Die stark steigenden Ausgaben der Krankenkassen sind zudem kein neues Phänomen, sondern seit Jahren zu beobachten. Sie konnten in den letzten Jahren aber durch steigende Einnahmen der Kassen infolge der guten Konjunktur aufgefangen werden (siehe Grafik).

Quelle: GKV Spitzenverband

Zwei Beispiele für Fehlanreize: Bei Eingriffen wie Knie-, Hüft- oder Wirbelsäulen-OPs steht Deutschland im internationalen Vergleich seit Jahren an der Spitze. Gemessen an der Einwohnerzahl gibt es in keinem anderen europäischen Land häufiger Operationen, wie Zahlen der OECD oder eine Studie der Bertelsmann Stiftung zeigen. Kritiker führen dies auf das deutsche Fallpauschalen-System und die Unterfinanzierung vieler Kliniken zurück. Weil bestimmte Operationen besonders hoch vergütet werden, werde oft auch in Fällen operiert, wo eine ambulante Therapie reichen würde.

Ein weiterer Grund: Medikamente sind in Deutschland bei ihrer Markteinführung besonders teuer. So zeigt der GKV-Arzneimittelverordnungsreport, dass neue Medikamente in vielen anderen europäischen Staaten oft deutlich billiger verkauft werden: in manchen Staaten um 50 bis 100 Prozent. Ein Grund ist, dass es in Deutschland keinen Kostendeckel für neue Arzneien gibt, während andere Staaten einen solchen festschreiben. „Unsere Verordnungsanalysen zeigen seit vielen Jahren, dass Patentarzneimittel die wesentlichen Kostentreiber sind“, kritisierte Mitherausgeber Ulrich Schwabe im September letzten Jahres bei der Vorstellung des jüngsten Reports. Allein zwischen 2007 und 2016 verteuerten sich die Arzneimittelausgaben der GKV um durchschnittlich 33,7 Prozent je verschriebenem Medikament, so geht aus Zahlen der Bundesregierung hervor.