Tatsächlich hat sich das Bundesverfassungsgericht bereits kritisch zu den Anleihekäufen geäußert. Es gebe eine Reihe von Risiken, sagte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle nach zwei mündlichen Verhandlungstagen Ende Juli. Die Käufe könnten dazu dienen, „sehr vielen Mitgliedstaaten einen sehr einfachen Zugang zu billigem Geld zu verschaffen“, zitiert der Berliner Tagesspiegel Voßkuhle.
Unter anderem warnt der Volkswirt Joachim Starbatty als einer der Kläger, die Geldschwemme der EZB könne eine neue Finanzkrise auslösen. So sollen die Banken bewogen werden, mehr Kredite an Firmen auszugeben. Eventuell könnten davon auch Unternehmen profitieren, die nicht in der Lage sind ihre Kredite jemals zurückzuzahlen, warnt Starbatty.
Doch auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ein Wörtchen mitzureden. Der "Tagesspiegel" verweist darauf, dass bereits bei dem früheren Anleihe-Kaufprogramm OMT ("Outright Monetary Transactions") ab 2012 das Bundesverfassungsgericht sich kritisch geäußert hatte. Dennoch hielt der EuGH das Programm für zulässig. Immerhin flossen die Bedenken der Karlsruher Richter in das EuGH-Urteil ein. Die Zentralbank wurde verpflichtet, genaue Rahmenbedingungen zu definieren, unter denen der Kauf vonstatten gehen könne.
"Wenn das so weitergeht, kommt das Schlimmste noch"
Nürnberger-Chef Zitzmann sieht die deutschen Sparer als Verlierer der aktuellen EZB-Niedrigzinspolitik. Die Zentralbank torpediere das private Altersvorsorge-System der Versicherten, sagt der CEO. "Wenn die Menschen für das Sparen keinen Anreiz mehr haben, dann wird der Druck auf den Staat wachsen, die staatliche Altersvorsorge doch mit irgendwelchen Mitteln wieder sicherzustellen". Hier gehe es nicht um Vermögende, sondern um "Normalbürger", die ihre gesetzliche Rente mit Privatvorsorge aufpäppeln wollen. Und: "Wenn es so weitergeht mit der EZB, kommt für die Sparer das Schlimmste noch". Das betreffe dann aber alle Arten von Sparern und nicht nur die Versicherten.
Seit 2015 hat die EZB nach Informationen des "Spiegel" 2,6 Billionen Euro in Unternehmens- und Staatsanleihen gesteckt. Weitere 2,2 Billionen könnten durch das neue Programm hinzukommen.
DIW-Chef: "Deutsche Sparer gehören zu den Gewinnern"
Anders als Zitzmann schätzt hingegen Marcel Fratzscher die EZB-Politik ein, Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin. "Wir profitieren wie kaum ein anderes EU-Land von der EZB-Geldpolitik", argumentiert der Volkswirt in einer Kolumne für "Zeit Online".
"Die Geldpolitik hat durch niedrige Zinsen ganz entscheidend dazu beigetragen, dass Unternehmen expandieren und dadurch Menschen einstellen und beschäftigen können", schreibt der DIW-Chef. "Somit wurden in den letzten Jahren viele Millionen Jobs in Europa und in Deutschland auch durch die expansive EZB-Geldpolitik geschaffen. Die gute wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands, die auch der EZB-Geldpolitik zu verdanken ist, hat zu Lohnsteigerungen in fast allen Einkommensschichten in Deutschland geführt". Auch werde der deutsche Staat um jährlich 45 Milliarden Euro durch geringere Zinsausgaben entlastet, was dem Steuerzahler zugute komme.