softfair - keine Angst vor Internet-Giganten

Quelle: softfair

Versicherungsbote: Wie schätzen Sie die Zukunft für persönliche Versicherungsvermittler ein, da auch Vergleichsprogramme immer genauer mit Daten der Nutzer arbeiten können? BdV-Vorstandssprecher Axel Kleinlein hat jüngst in einem Blog-Beitrag gewarnt, Versicherer würden am liebsten auch Vermittler komplett einsparen, wenn dies möglich sei. Wird Alexa Herr Kaiser verdrängen?

Matthias Brauch: Um es etwas überspitzt zu sagen: die Technik, um Vermittler überflüssig zu machen, gibt es längst. Geld steht ebenfalls genug bereit. Aber trotzdem ist Herr Kaiser noch da. Versicherungen lassen sich durch digitale Anwendungen – egal ob Portale oder Vergleichsprogramme – vielleicht einfacher verkaufen. Aber nicht vermitteln. Bei den “Must-Have“, also Produkten wie die Kfz-Police, wird Alexa die Nase vorne haben. Sie hat es ja bereits. Im beratungsintensiven Versicherungsgeschäft, wie zum Beispiel die Berufsunfähigkeitsversicherung, wird die persönliche Beratung durch einen Vermittler weiterhin die Zukunft sein. Davon bin ich fest überzeugt.

Zudem: kein Endkunde schreit nach einer Versicherung. Der Bedarf muss meistens erst geweckt werden und – das übersehen die meisten, vor allem wenn sie die Branche nicht kennen – nicht nur geweckt, sondern das Produkt muss auch verkauft werden, mitsamt aller Gesundheitsfragen etc. Und das kann die Technik längst nicht so gut wie der Vermittler.

Der Branchenführer Allianz Deutschland hat angekündigt, in bestimmten Sparten ihre Policen auf wenige Produktvarianten einzustampfen und diese zu vereinfachen und zu standardisieren, etwa in der Kfz-Sparte. Dem entgegen betonen andere Experten, dass vermehrt individualisierte und auf den Kunden zugeschnittene Policen entstehen. Aus Ihrer Sicht ein Widerspruch? Wie passen standardisierte und individualisierte Tarife zusammen?

Standardisierung und Vereinfachung bedeutet nicht unbedingt weniger Komplexität in den Tarifen. Gesellschaften wie die Allianz verschlanken zwar ihre Produktfamilien. Gleichzeitig packen sie aber unzählige Wahlmöglichkeiten in einen Tarif. Das Prinzip „Keep it simple“ mag dann für eine Gesellschaft umgesetzt sein. Für uns Vergleicher ist es aber eine echte Herausforderung – dann gibt es auf einmal 500 statt fünf Tarifvarianten. Generell machen wir bei softfair die Beobachtung: der Anteil der Tarife, die vereinfacht werden, muss mit der Lupe gesucht werden. Der Trend geht hin zu wesentlich komplexeren Tarifen. Die Versuchung, damit bestimmt Risiken ins Haus zu holen bzw. andere abzulehnen, scheint einfach zu verlockend für die Gesellschaften zu sein.

softfair hat 30 Jahre Branchenerfahrung, auch Sie waren lange dabei. Gibt es etwas, was Sie gegenüber den „alten Zeiten“ vermissen? Wo könnte sich die Digitalisierung eher als Fluch denn als Segen entpuppen?

Als Chef eines IT-Hauses muss ich gar nicht 30 Jahre zurückgehen. Was sich in Sachen Technik in den letzten zehn bis zwölf Jahren getan hat, ist enorm. Zu der Zeit gab es nur eine überschaubare Auswahl an Programmiersprachen. Man arbeitete am PC – mobile Geräte steckten noch in den Kinderschuhen. Heute ist die Anpassungsfähigkeit an technische Zyklen entscheidend geworden für den Erfolg eines Hauses wie unseres. Auch ein Zeichen der neueren Zeit ist, dass sich das Grundprinzip einer Versicherung ändert. Eine Versicherung sollte ursprünglich Einzelne in einem Kollektiv absichern. Frei nach den drei Musketieren: „Einer für alle, alle für einen“. Durch die Digitalisierung und die daraus ergebenen Möglichkeiten der Risiko-Diversifikation löst sich dieses Prinzip langsam aber sicher auf. Das finde ich erschreckend. Insgesamt aber lebe ich überaus gerne im Hier und Jetzt und vermisse nichts aus früheren Zeiten. Dafür bin ich umso gespannter, was sich im nächsten Jahrzehnt alles tun wird. Als softfair wollen wir die Versicherungswelt der Zukunft jedenfalls aktiv mitgestalten.

Die Fragen stellte Mirko Wenig