Wüstenrot darf Bausparvertrag nicht kündigen

Quelle: Wüstenrot & Württembergische AG

Die Bausparkasse Wüstenrot hat vor dem Oberlandesgericht Stuttgart eine Niederlage einstecken müssen. Die Richter erklärten damit die Kündigung eines Altvertrags für unrechtmäßig. Deutschlands zweitgrößte Bausparkasse hatte einer Kundin den Vertrag gekündigt, weil ihr Bausparvertrag seit über zehn Jahren zuteilungsreif ist. Diese Verträge gelten dann als überspart. Damit entfällt auch deren Kündigungssperre. Für Bausparer war diese Option eine lohnende Anlage. Schließlich sind alte Bausparverträge mit deutlich besseren Zinsen versehen, als aktuell am Markt erhältlich. Im betroffenen Fall wurde der Vertrag mit drei Prozent verzinst.

Für Bausparkassen macht die Herangehensweise der Kunden weniger Sinn. Zum einen können die versprochenen Guthabens-Zinsen nur schwer erwirtschaftet werden und zum anderen ist damit der eigentliche Zweck des Bausparens, ein Darlehensanspruch, in diesen Vertragsfällen nicht mehr möglich. Die Verträge gelten somit als überspart, die rechtliche Kündigungssperre entfällt und die Bausparer können gekündigt werden.

Bausparkassen kündigen 200.000 Verträge

Diese Möglichkeiten nutzte die Branche rege. So wurden in den vergangenen Jahren, laut Medienberichten, knapp 200.000 Kunden aus zuteilungsreifen Altverträgen geworfen. Von den Kündigungen waren unter anderem Kunden der BHW Bausparkasse, der Schwäbisch Hall und der LBS Bayern.

Die Wüstenrot hatte Ende 2013 knapp 15.000 Kunden die Bausparverträge gekündigt, weil Guthaben und Bonuszinsen die Bausparsumme überstiegen. Damals erklärte das Unternehmen, dass es sich bei dieser Praxis um eine branchenübliche Vorgehensweise handele.

Wüstenrot muss Bausparvertrag weiterführen

Nun hat das OLG Stuttgart in einem Urteil gegen die Bausparkasse entschieden (Az.: 9 U 171/15) . So müsse die Bausparerin auch weiterhin die Möglichkeit haben, das Darlehen in Anspruch zu nehmen, auch wenn sich das derzeit bei einem Zins von fünf Prozent nicht rechne, argumentierten die Richter. Demnach greife die Zehnjahresfrist erst, wenn das Darlehen vollständig zugeteilt sei. Resultierend daraus gelte auch das gesetzliche Kündigungsrecht nicht. Darauf hatte sich Wüstenrot berufen. Das gesetzliche Kündigungsrecht hätte zum Beispiel gegriffen, wenn die Bausparkasse die Sparerin aufgefordert hätte, weiter Beiträge zu zahlen, und diese der Forderung nicht nachgekommen wäre.

Ob diese Entscheidung das letzte Urteil ist, darf bezweifelt werden. Bereits im Vorjahr hatte das Landgericht Karlsruhe in einem ähnlich Fall gegen die Badenia Bausparkasse entschieden. Während die Wüstenrot Bausparkasse das Urteil gelassen hinnimmt und behält sich – nach eingehender Prüfung der Urteilsbegründung – Rechtsmittel vor, heißt es in einer Stellungnahme des Unternehmens. Immerhin teilten andere Oberlandesgerichte (OLG Hamm, OLG Koblenz, OLG Köln, OLG Celle, OLG München) die Rechtsauffassung der Stuttgarter Richter nicht.

Eine endgültige Entscheidung wird folglich der Bundesgerichtshof fällen müssen. Davon geht auch das OLG Stuttgart aus. "Entschieden werden muss es vom BGH", sagte Richter Thomas Wetzel. Da es um Millionen Spargelder gehe, wolle er den Weg zum BGH mit einem öffentlichen Urteil ebnen.

Quelle: Wüstenrot & Württembergische AG