Sozialversicherung: Niedrigzins setzt Sozialkassen unter Druck

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Sozialversicherung: Die Europäische Zentralbank verlangt derzeit einen Strafzins von minus 0,2 Prozent, wenn Banken dort ihr Geld parken wollen. Das belastet auch Deutschlands Sozialkassen. Denn Rentenversicherung, Krankenkassen und die Bundesagentur für Arbeit müssen diesen Strafzins ebenfalls zahlen. Es gilt zu verhindern, dass die Beitragszahlungen der Krankenkassenmitglieder oder zukünftigen Rentner an Wert verlieren.

Deutschlands Sozialkassen sitzen aktuell auf 75 Milliarden Euro. Das wäre eigentlich eine gute Nachricht, wenn die radikale Niedrigzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht sogar die deutsche Sozialversicherung in arge Nöte brächte. Laut einem Bericht des Handelsblattes gilt der negative Zinssatz, den die EZB für Einlagen verlangt, auch für die Sozialkassen!

Sozialkassen haben Probleme, Geld der Beitragszahler anzulegen

Das Problem hierbei: Die Verwalter des riesigen Vermögens müssen dafür sorgen, dass das Geld der Beitragszahler nicht schrumpft. “Wäre das gesamte Sozialkassen-Vermögen dauerhaft bei der Bundesbank geparkt, wären rechnerisch 2015 mehr als 150 Millionen Euro Negativzinsen fällig“, rechnet das Handelsblatt vor. Denn auch die Sozialversicherung muss irgendwo ihr verwaltetes Geld anlegen.

„Heute geht es darum, überhaupt noch Partner zu finden, die uns das Geld abnehmen“, erklärt Albert Weber, der rund 7 Milliarden Euro für die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) betreut. Aktuell würde sich die AOK noch gut schlagen und sei leicht im Plus mit 0,0 bis 0,05 Prozent. „Doch wenn die Dinge so weiterlaufen, würden es in absehbarer Zeit alle Krankenkassen mit negativen Renditen zu tun haben“.

Um Strafzinsen zu vermeiden, kooperieren die Sozialkassen mit Bankern. Die Anlageexperten räumen die Konten bei der Bundesbank leer und verteilen sie auf private Institute. „Insgesamt stehen wir mit über 40 in Deutschland ansässigen Banken in Geschäftsbeziehungen“, erklärt ein Sprecher der Deutschen Rentenversicherung. Man habe es daher vermeiden können, Strafzinsen zu zahlen.

Gesundheitsfonds legt Gelder teils mit Negativzinsen an

Aber auch Privatbanken verlangen zunehmend Strafzinsen auf hohe Vermögen. Hinzu kommt, dass Sozialkassen nur in vermeintlich sichere Anlagen investieren dürfen, etwa Staatsanleihen, ähnlich den Lebensversicherungen. Und diese werfen kaum noch Rendite ab. Anlagen in Ländern außerhalb des europäischen Wirtschaftsraums sind tabu. Das Bundesversicherungsamt, Wächter über Krankenkassen und Gesundheitsfonds, hat nach Informationen des Handelsblattes soeben die Bundesregierung alarmiert: Teils würde der Gesundheitsfonds sein Geld nur mit Verlusten anlegen können.

Im Mai nun sollen die Aufsichtsbehörden von Bund und Ländern zusammenkommen, um über einen Vorstoß der Sozialversicherer zu beraten. Die Sozialkassen wollen das verwaltete Geld zukünftig auch riskanter anlegen dürfen, etwa in Aktien und außerhalb Europas. Das würde die Renditechancen erhöhen - aber auch neue Risiken bedeuten.

Quelle: Handelsblatt