TK-Chef Jens Baas will für einheitlichen Versicherungsmarkt die Arzthonorare anheben

Quelle: Pressefoto Techniker Krankenkasse (TK)

Sollte ein einheitlicher Versicherungsmarkt kommen, dann müssen die Krankenkassen auch höhere Arzthonorare zahlen, um die wegfallenden Mehreinnahmen der Ärzte aus der PKV zu kompensieren. Laut Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse, seien die Kassenanbieter dazu durchaus in der Lage.

Es ist ein wichtiges Argument gegen einen einheitlichen Versicherungsmarkt, der keine Trennung zwischen privater und gesetzlicher Krankenversicherung vorsieht: Ohne die höheren Honorare für Ärzte aus der PKV müssten viele Arztpraxen schließen. Immerhin können Mediziner für einen Privatpatienten das 2,3fache Honorar wie für einen gesetzlich Versicherten abrechnen. Aber auch die Krankenkassen sind bereit, die Arzthonorare anzuheben, sollte die Privatversicherung tatsächlich abgeschafft werden. „Mehr Geld für Ärzte? Das können wir uns leisten“, sagte Jens Baas, Chef der Techniker Krankenkasse (TK), in einem Interview mit der Ärztezeitung.

Bis zu 4 Milliarden Euro mehr für Ärzte

Baas glaubt, dass ein einheitlicher Versicherungsmarkt auch für Ärzte Vorteile hätte. „Wenn es die private Krankenversicherung nicht mehr gibt, müssen wir Ärzte besser bezahlen. Alles andere wäre gelogen. Ich bin überzeugt, dass wir uns das leisten können“, so Baas. Je nach Rechenmodell stünden pro Jahr zwischen 1,5 und 4 Milliarden Euro mehr für Arzthonorare zur Verfügung.

Die Techniker Krankenkasse zählt unter den gesetzlichen Anbietern zu den Gewinnern der letzten Jahre. 2012 konnte die Kasse laut Geschäftsbericht 284.000 Versicherte neu hinzugewinnen. Im März 2013 verzeichnete die TK erstmals über 6 Millionen Mitglieder. Bald könnte sie die größte Krankenkasse Deutschlands sein.

Baas warnt: Probleme im Gesundheitssystem seien nicht gelöst

Trotz des Rekordüberschusses von derzeit 27,7 Milliarden Euro warnt Baas vor zu viel Optimismus unter den Kassenanbietern. „Derzeit sieht es so aus, als hätten wir alle Probleme gelöst. Doch die Probleme im Gesundheitssystem sind noch da. Man hat den Versicherten nur zu viel Geld abgenommen“, sagte der Kassenfunktionär im Interview. Ein Ende des Geldsegens sei bereits jetzt absehbar. Spätestens 2015 müssten die Kassen wieder Zusatzbeiträge erheben.

Deshalb hofft Baas, dass nach der Bundestagswahl verstärkt der Blick auf die Ausgaben im Gesundheitssystem gelenkt wird. Die medizinische Versorgung solle sich zukünftig mehr an Qualitätskriterien orientieren. Soll heißen: Wenn Ärzte gute Arbeit leisten, bekommen sie mehr Geld. Wer diese Kriterien festlege, sei nicht entscheidend für die Diskussion. „Gerne können auch die Fachgesellschaften der Ärzte Kriterien für Qualität entwickeln“, sagte Baas in dem Interview.

Radikale Reformidee

Mit der Idee eines einheitlichen Versicherungsmarktes war bereits der frühere TK-Vorsitzende Norbert Klusen an die Öffentlichkeit getreten. "Meine Vorstellung ist: Langfristig muss der Unterschied zwischen Privatpatient und Kassenpatient verschwinden", hatte Klusen im April 2012 der FTD diktiert. Er schlug vor, die gesetzlichen Krankenkassen von Körperschaften des öffentlichen Rechts in Aktiengesellschaften oder Vereine auf Gegenseitigkeit umzuwandeln. Gesetzliche und private Krankenkassen könnten dann unter gleichen Bedingungen miteinander konkurrieren oder sogar kooperieren.

Das würde bedeuten: Auch Krankenkassen wären stärker den Kräften des Marktes ausgesetzt. Ob dies dem Patientenwohl zugute kommt, ist aber umstritten. Es könnte dazu führen, dass die Krankenkassen infolge des Kostenzwangs ihren Mitgliedern vermehrt Gesundheitsleistungen verweigern oder alte und chronisch kranke Menschen abzuwimmeln versuchen. Schon heute klagen Experten, dass der steigende Wettbewerbsdruck bei den Krankenkassen zu Lasten der Versicherten gehe.

Quelle: Ärztezeitung