Das ist das Ergebnis des jährlich erhobenen Vertriebswege-Survey der Unternehmensberatung Towers Watson. „Diese Entwicklung beobachten wir nun schon seit einigen Jahren“, erklärt Christian Hildenbrand, Berater bei Towers Watson und Co-Autor der Studie. „Betrachtet man aber die jüngsten gesetzlichen Neuerungen für die Branche, könnte sich dieser Trend in den nächsten zwei bis drei Jahren deutlich umkehren.“

Anzeige

Vollversicherung: Ausschließlichkeit bleibt stärkster Vertriebsweg

Trotz der Anteilseinbußen der vergangenen Jahre blieben die Ausschließlichkeitsvermittler stärkster Absatzkanal sowohl für Krankenvoll- als auch für -zusatzversicherungen. In der Vollversicherung haben sie ihren Anteil mit 48,9 Prozent gegenüber 2009 stabil gehalten. Es folgen die unabhängigen Vermittler mit 40,4 Prozent (Vorjahr: 39,6). Die übrigen Vertriebswege – der gebundene Strukturvertrieb, Banken und der Direktvertrieb* – spielen beim Verkauf von Vollversicherungen keine nennenswerte Rolle und veränderten sich kaum. „Die unabhängigen Vermittler haben in den letzten fünf Jahren kontinuierlich von den Verlusten der AO profitiert“, so Hildenbrand. „Denn Kunden wünschen verstärkt eine unabhängige Beratung zu verschiedenen Gesellschaften und können sich so bei unabhängigen Vermittlern für den individuell besten Tarif entscheiden.“

Zusatzversicherung: Makler profitieren am stärksten von Rückgang der AO

Noch stärker zeigt sich diese Entwicklung bei der Krankenzusatzversicherung: Hier sank der AO-Anteil um zwei Prozent auf 38,4 Prozent im Jahr 2010, während die freien Vermittler um zwei Prozentpunkte zulegen konnten (30,6 Prozent). Drittstärkster Absatzweg für Zusatzversicherungen ist der Direktvertrieb (10,6 Prozent). Der hohe Anteil dieses Vertriebswegs im Vergleich zur Vollversicherung resultiert aus den einfachen Produkten, beispielsweise Zahn- oder Krankenhauszusatzversicherungen, die unkompliziert über das Internet abgesetzt werden können.

In der Gesamtbetrachtung beider Segmente gehen die unabhängigen Vermittler als Gewinner des Jahres 2010 aus dem Towers Watson Vertriebswege-Survey hervor. Die Studie repräsentiert eine Marktabdeckung von ca. 90 Prozent: Neben den Angaben der teilnehmenden Gesellschaften hat Towers Watson die Daten weiterer Gesellschaften ergänzt: Sie beruhen auf öffentlich verfügbaren Informationen (z.B. Geschäftsberichte) sowie auf Schätzungen aufgrund langjähriger Marktkenntnisse.

Entwicklung des Neugeschäfts entgegen den Erwartungen rückläufig

Towers Watson schätzt, dass das Neugeschäft der privaten Krankenversicherer in Deutschland 2010 um ca. 8 Prozent zurückgegangen ist, obwohl die Versicherer im Vorjahr eine positive Neugeschäftserwartung hatten. Dennoch rechnen die Teilnehmer des Survey auch für die nächsten drei Jahre mit einem Neugeschäftswachstum, insbesondere im Bereich der Zusatzversicherung. Die Vertriebswege mit den größten Wachstumschancen sind nach Ansicht der Teilnehmer das Internet und die unabhängigen Vermittler.

Ausblick: Was sind die Folgen der Provisionsdeckelung?

Während die Tendenzen im PKV-Vertrieb in den letzten Jahren unverändert geblieben waren, ist der Ausblick für die kommenden zwei bis drei Jahre spannend: Das Jahr 2011 brachte einige gesetzliche Neuerungen, die im Laufe des Jahres 2012 ihre Wirkung entfalten, so zum Beispiel das Unisex-Urteil oder die Beschränkung der Provisionshöhe mit gleichzeitiger Verlängerung der Haftungszeiten. „Die Provisionsdeckelung auf neun Monatsbeiträge und erhöhte Haftungszeiten wird das Geschäft mit Umdeckungen deutlich reduzieren“, erklärt Hildenbrand. Dabei hatten Vermittler Kunden, die erst vor wenigen Jahren eine Versicherung abgeschlossen hatten, zu einem schnellen Wechsel bewegt und so erneut Provisionen verdienen können – geschätzte 30 Prozent des Neugeschäfts der Makler entfiel bislang auf Umdeckungen. „Insgesamt rechnen wir also für 2012 und 2013, wenn das Gesetz voll greift, mit einer deutlichen Verschiebung der Verhältnisse“, so Hildenbrand.

Umsetzung der Unisex-Tarife bleibt abzuwarten

Die Auswirkungen von Unisex-Tarifen, die die Krankenversicherer ab Ende 2012 anbieten müssen, auf den Vertrieb sind zum heutigen Zeitpunkt noch nicht abzuschätzen, da die Umsetzung der Unisex Tarife noch intensiv in der Branche diskutiert wird. „Klar ist, dass auch diese Neuregelung einen Einfluss auf die Vertriebswege haben wird“, sagt Hildenbrand. „Wir werden aber erst Mitte 2012 Klarheit darüber haben, was auf die Kunden und Vertriebe zukommt.“

Anzeige

*Direktvertrieb = Internetvertrieb sowie Akquisition durch Anzeigen, Mailings, Tele-Marketing

Anzeige