Die persönliche Ebene stimmt, die Produktwünsche sind formuliert und das Produkt wird vorgestellt. „Welche Laufzeit sollte die Police in ihren Augen haben?“ wäre nun die entsprechende Frage, aber es kommt nur zum „Für welche Laufzeit wollen Sie den Versicherungsvertrag abschließen?“ Der Kunde ändert plötzlich seine Haltung. Moment, ich wollte eigentlich nur beraten werden! Unerwartet nimmt er eine Antihaltung ein und es scheint aussichtslos, ihn zum Vertragsabschluss zu bewegen.

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Oftmals sind es Kleinigkeiten, die über den Erfolg eines Verkaufsgesprächs entscheiden. Ein unüberlegter Nebensatz kann den Zweifel den Kunden nähren, ein einziges Wort seine positive Haltung zum Produkt erschüttern. Doch was sind typische Fehler im Verkaufsgespräch? Wir haben einige dieser klassischen Fettnäpfchen zusammengetragen – und geben Tipps, wie sie sich vermeiden lassen. Immer mit dem Hinweis darauf, dass es – abhängig von der Persönlichkeit und dem Geschick des Maklers – keine allgemeingültigen Regeln gibt.

Tipp 1: Nicht vergessen, dass ein Beratungsgespräch bereits beim Händedruck beginnt!

Viele Makler unterschätzen die Macht des ersten Eindrucks. Glaubt man wissenschaftlichen Studien, entscheidet der Kunde bereits in den ersten 3 bis 180 Sekunden, ob ihm ein Makler sympathisch ist und ob er sich an ihn binden will. Das schnelle Beurteilen einer Person ist evolutionsbiologisch begründbar, denn früher hing das Überleben der Menschen davon ab: Innerhalb kürzester Zeit mussten unsere Ahnen entscheiden, ob sie einen „Freund“ oder „Feind“ vor sich haben, Kontakt aufnehmen oder die Flucht ergreifen wollen. Diese Mechanismen sind immer noch im Hirn aktiv und beeinflussen wesentlich, wen wir „sympathisch“ und „unsympathisch“ finden.

Somit kann der erste Händedruck bereits über den Erfolg eines Verkaufsgesprächs entscheiden. Wer seinem Kunden die Hand schraubstockartig zusammenpresst, schüchtert ihn ein. Wer sie zu lasch drückt, lässt fehlendes Selbstvertrauen und mangelnde Kompetenz vermuten. Einen ebenso schlechten Eindruck hinterlässt es, lange Zeit in der Tasche zu kramen, die schweißnasse Hand am Anzug abzuwischen oder den Kunden mit übertriebener Lautstärke zu begrüßen. Auch das Handy sollte während des Gespräches stillgeschaltet sein. Wer seine Unterhaltung für ein kurzes Telefonat unterbricht, und sei es noch so wichtig, signalisiert seinem Gesprächspartner, ihn nicht ausreichend zu würdigen: Schnell hat sich der Kunde gegen einen Vertragsabschluss entschieden.

Tipp 2: Den Kunden nicht mit Nähe erdrücken!

Ein erfolgreiches Verkaufsgespräch fußt auch im Versicherungsbusiness auf Vertrauen. Deshalb ist es für Makler selbstverständlich, eine persönliche Ebene zum Kunden zu erzeugen.

Hier gilt es jedoch, zwischen neuen Kunden und der Stammkundschaft zu unterscheiden. Wer seinen Kunden bereits kennt, kann einen kurzen Smalltalk als Einstieg in das Verkaufsgespräch wählen. Auch private Themen müssen nicht tabu sein! Erkundigen Sie sich beim Versicherungsnehmer nach seinem letzten Urlaub oder fragen Sie nach den Kindern. Geben Sie auch mal Einblicke in Ihr eigenes Leben.

Bei neuen Kunden hingegen ist eine größere Distanz gefragt. Wer zu schnell auf Tuchfühlung geht, verschreckt den Versicherungsnehmer – oder würden Sie einer fremden Person nach wenigen Minuten erzählen, wie ihre familiäre Situation ist, wo Sie im Urlaub waren, in welcher finanziellen Situation Sie sich befinden? Verkaufstrainer Lothar Stempfle rät sogar zu äußerster Zurückhaltung: demnach soll ein Makler seinen Kunden zu Beginn des Gespräches fragen, ob er überhaupt Fragen stellen und sich Notizen machen darf!

Aber Vorsicht! Viele Verkaufsgespräche scheitern daran, dass der Berater eine persönliche Ebene „erzwingen“ will. Zu viel Nähe und ein betont lockerer Umgang kann den Verkaufserfolg gefährden, gilt es doch, als seriöser und professioneller Dienstleister in Erscheinung zu treten. Nur weil sich ein Versicherungsnehmer als Motorradfan zu erkennen gab, müssen Sie nicht in einer Lederjacke zum Verkaufsgespräch erscheinen!

Wie aber entwickelt ein Makler ein Gespür dafür, ob er seinen Kunden zu nahe tritt oder eine entspannte Atmosphäre schafft? Hier geben Ratgeber eine entwaffnend simple Losung aus: Verhalten Sie sich gegenüber Ihren Kundinnen und Kunden so, wie Sie selbst wünschen behandelt zu werden.

Tipp 3: Seien Sie schlauer als die Werbeabteilungen der Versicherer!

Vorsicht vor Allgemeinplätzen! Und das heißt leider auch: Vorsicht vor den Werbebotschaften der Versicherer. Denn nirgendwo wimmelt es derart von abgestandenen Begriffen wie im Vertriebsjargon. Ein Produkt ist „innovativ“? Möglicherweise, aber das behaupten alle Anbieter von ihren Produkten. Hier sei ein Artikel des Spiegel aus dem Jahr 2004 zitiert: Unter Werbern gilt der Begriff „Innovation“ seit mindestens einem Jahrzehnt als Unwort. Längst steht der Terminus „Innovation“ nicht mehr für ein Produkt, welches "zukunftsfähig", "neuartig" oder "richtungsweisend" ist, sondern wird als aufgeblasener Wirtschaftssprech wahrgenommen. Je häufiger ein Begriff Verwendung findet, desto mehr entwertet er sich selbst.

Nein, die Anbieter geizen nicht mit Phrasen! Ein Produkt ist „leistungsstark“ - welche Versicherung würde das nicht von ihren Produkten behaupten? Ein Unternehmen „bietet den besten Service“ - und welches Unternehmen tut dies nicht? Dass wirklich alle die „günstigsten Preise“ haben, scheint sowieso ausdiskutierte Sache zu sein – ebenso der Umstand, dass die Produkte auf die Bedürfnisse der Kunden „individuell zugeschnitten“ sind, „flexibel gestaltbar“ und „den Wünschen und Bedürfnissen des Kunden entsprechen“. Viele Verbraucher durchschauen diese Phrasen schnell, denn sie werden in der Produktwerbung ständig damit konfrontiert. Weil die Sprechblasen so inflationär gebraucht werden, haftet ihnen sogar der Ruch des Unseriösen an.

Deshalb empfiehlt es sich: weniger Geprotze, mehr Beratung! Abgestandene Werbebotschaften sollten sparsam verwendet werden. Dies heißt nicht, dass man selbst schmissige Werbeslogans kreieren muss, um ein guter Verkäufer zu sein. Stattdessen: leihen Sie dem Kunden Ihr Ohr! Wer gut zuhört, macht schnell die Bedürfnisse des Kunden ausfindig. Oftmals geben die Gesprächspartner selbst jene Stichwörter preis, die ein Makler aufgreifen kann. Spricht der Kunde beispielsweise von der Alzheimerkrankheit seines Großvaters, so können Sie ihm sehr genau beschreiben, welche Leistungen eine Police im Falle von Alzheimer bietet. Nun auf Allgemeinplätze auszuweichen, wäre töricht.

Eine Bedarfsanalyse zu Beginn des Verkaufsgespräches schafft viele Anknüpfungspunkte. Wer ein aufmerksamer Gesprächspartner ist und ein Gespür dafür entwickelt, die Wünsche seines Kunden zu erfragen, kann detailliert und sachlich erklären, warum ein Produkt passt wie ein maßgeschneiderter Anzug. Denn eins haben viele Werbeslogan gemeinsam: sie bevormunden den Kunden, wo er Beratung sucht.

Tipp 4: Selbst fachlich korrekte Begriffe können Kunden abschrecken!

Eine Faustregel bei Verkaufsgesprächen lautet: Vermeiden Sie es, negative Gefühle beim Kunden hervorzurufen. Doch so mancher Begriff aus der juristischen und ökonomischen Fachsprache ist geeignet, den Kunden zu verschrecken. Dann empfiehlt es sich, auf Synonyme auszuweichen.

Dies bedeutet freilich nicht, dass man den Versicherungsnehmer täuschen soll. Um ein Beispiel zu nennen: Klar geht es beim Abschluss einer Versicherungspolice um eine „rechtsverbindliche Unterschrift“. Doch welch ein Unwort! Weckt der Begriff „Rechtsverbindlich“ nicht auch negative Assoziationen? Er suggeriert „Zwang“, „Verpflichtung“ und „Strafe“. Derartige Formulierungen können Alarmwörter für den Kunden sein, die ihn von einer Vertragsunterschrift abbringen.

Ein wenig sprachliches Geschick kann hier Abhilfe schaffen. So sollten Sie beispielsweise nicht nach der „Vertragslänge einer Versicherung“ fragen, sondern die „Laufzeitlänge als wählbare Option“ deklarieren. Denn wer eine Option hat, hat noch immer die Wahl – selbst wenn die Laufzeit mehrere Jahre umfasst. Es klingt weniger nach einer abschließenden und nicht mehr korrigierbaren Handlung, so wie es der Begriff „Vertragslänge“ nahe legen würde.

Im Umkehrschluss gilt: Positive Schlüsselwörter können im Beratungsgespräch eine angenehme Gesprächsatmosphäre fördern. Anstatt ein „Problem“ anzusprechen, empfiehlt es sich, auf die „Lösung“ zu verweisen. Da die Wirkung von Wörtern auf individuellen Erfahrungen beruht, gilt auch hier: wer seinem Kunden zuhört und Einfühlungsvermögen zeigt, ist im Vorteil!

Tipp 5: Seien Sie Gesprächspartner, kein Redenschwinger!

Es soll Makler geben, die gut reden können – und trotzdem nicht erfolgreich sind. Denn mit einem Dialog verhält es sich wie mit einer Beziehung: dazu gehören mindestens zwei. Reden ist eine Komponente des Verkaufsgespräches, Zuhören die andere.

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Tipp 6: Das Nachspiel kann bittere Konsequenzen haben!

Wurde das Signum unter die vollständigen Unterlagen gesetzt, rundet man das Gespräch ab. Das Verkaufsgespräch wurde beendet. Vermeiden sie hier ebenfalls unüberlegte Formulierungen. So impliziert der Satz: „Sie können den Vertrag auch wechseln, wenn er ihnen nicht gefällt“, dass der Kunde gerade einen Fehler gemacht hat. Schon das 14tägige Rückgaberecht sollte Argument genug sein, derartige Äußerungen zu unterlassen.

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