Neue Ausgabe des Rating-Pioniers

Seit 1990 schon wird jedes Jahr die Bilanzanalyse Deutscher Lebensversicherer des Map-Report veröffentlicht. Nun ist mit dem Map-Report Nr. 917 die aktuelle Ausgabe dieses Analyse-Instruments erschienen – und erleichtert auch Vermittlern und Maklern erneut jene wichtige Übersicht über den Markt, die durch Paragraph 60 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) vorgegeben ist. Grund genug für den Versicherungsboten, sich aktuelle Stornoquoten aus dem Report anzusehen.

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Stornoquoten gelten als wichtige Kennzahl für die Servicequalität der Lebensversicherer. Errechnet wird, wie viele Verträge in Prozent des Bestandes vorzeitig gekündigt werden. Die Annahme dahinter: Bei häufigen Stornierungen wird das Vertriebsgeschäft ohne Rücksicht auf spätere Kundenverluste betrieben.

Stornoquoten der Versicherer: mit Vorsicht zu deuten

Freilich: So einfach ist es aber dann doch nicht. Denn zum einen gibt es auch Gründe für Rückkäufe und vorzeitige Abgänge, die nicht im Verschulden eines Versicherers liegen – klassisches Beispiel hierfür sind Verträge, die aufgrund der Scheidung eines Ehepaares storniert werden oder aufgrund wirtschaftlich schwieriger Zeiten storniert werden (wie momentan durch den Corona-Lockdown, wenngleich die große Stornierungswelle bisher ausblieb). Zum anderen benachteiligen Stornoquoten insbesondere junge und schnell wachsende Unternehmen – wie Reinhard Klages als Autor des aktuellen Map-Report ausführt. Denn der Bestand für die Berechnung der Quote ist noch klein, Stornierungen schlagen sich stärker in schlechten Quoten nieder. Und viele Stornierungen passieren in den ersten Jahren des Geschäfts. Solche Dinge gilt es zu beachten, bevor gute und schlechte Stornoquoten der Lebensversicherer vorgestellt werden. Auch ist neben schlechter Beratung die Stornoquote häufig auch Indiz für eine Strategie, die stark auf Finanzierungen oder Geldanlagen setzt.

Stornierungen steigen erstmals wieder

Bezogen auf das Gesamtfeld der Lebensversicherer stockt in 2019 eine positive Entwicklung am Markt. Denn erstmals seit 2008 war die Stornoentwicklung über alle Hauptversicherungen wieder leicht steigend, wie Reinhard Klages ausführt. Freilich: Die Verschlechterung der Quote ist marginal und stieg von 2,67 Prozent in 2018 auf 2,70 Prozent in 2019.

Unterscheidet man nach verschiedenen Produktkategorien, verzeichneten fondsgebundene Verträge die höchste Quote mit 4,10 Prozent – in diesem Bereich gab es 2019 die anteilig meisten Stornierungen. Dahinter folgt die Risikolebensversicherung (RLV) mit einer Stornoquote von 3,33 Prozent. Bei Rentenversicherungen wurden 2,45 Prozent des Gesamtbestands storniert, bei Kollektivverträgen 2,33 Prozent. Die geringste Stornoquote der Produktkategorien weist die Kapitalbildende Lebensversicherung (KLV) auf mit 1,81 Prozent.

Bei Bewertung dieser Zahlen gilt es aber auch zu bedenken: Kapitalbildende Lebensversicherungen spielen in der Leben-Branche eine immer geringere Rolle. Laut Map-Report haben sie mit 17,14 Mio. Verträgen nur noch einen Anteil von knapp 21 Prozent am Gesamtbestand – die Zahl der Verträge ging in 2019 um 1,14 Mio. Verträge beziehungsweise 6,2 Prozent gegenüber 2018 zurück. Somit sollte die geringe Stornoquote nicht über die Krise hinwegtäuschen, in der sich die kapitalbildende Lebensversicherung befindet durch den anhaltenden Niedrigzins (Versicherungsbote berichtete).

Die Quoten-Gewinner für den Gesamtbestand

Wie aber schnitten die einzelnen Versicherer ab, schaut man auf die Bestand-Stornoquote gesamt und damit die Quote über alle Produktbereiche hinweg? Folgende von insgesamt 80 im Map-Report untersuchten Unternehmen konnten mit besonders guten Quoten für den Gesamtbestand in 2019 glänzen:

  1. WGV: 0,67%
  2. Europa: 0,88%
  3. Hannoversche: 0,88%
  4. Entis: 0,91%
  5. Delta Direkt: 0,96%
  6. Cosmos: 1,24%
  7. Bayerische Beamten: 1,33%
  8. Allianz: 1,44%
  9. Münchener Verein: 1,47%
  10. Dialog: 1,49%

Neu unter den Top Ten ist die Allianz sowie die Dialog. Herausgefallen ist die Karlsruher Lebensversicherung AG, die letztjährig auf Rang acht lag – sie wurde in 2019 auf die Württembergische Lebensversicherung AG verschmolzen. Die Württembergische freilich schafft es nicht in die Top Ten, sondern liegt mit einer Stornoquote von 1,77 Prozent auf Rang 22. Herausgefallen ist auch die Familienfürsorge: Diese wurde im September 2019 zur Versicherer im Raum der Kirchen Lebensversicherung AG (VRK). Mit Blick auf die Storno-Quote gibt es aber schlechtes zu vermelden: Statt auf Rang drei befindet man sich nun in der Storno-Tabelle auf Rang 72.

Die Versicherer mit den schlechtesten Stornoquoten

Die VRK ist Verlierer der Kennzahlen-Wertung, sobald man die Veränderung des Geschäftsjahrs 2019 zu 2018 betrachtet. Die Stornierungen erhöhten sich im Vergleich zum Vorjahr um hohe 476,90 Prozent – kein anderer Versicherer muss eine solche Verschlechterung beklagen. Ursache dieser Verschlechterung sind hauptsächlich Stornierungen bei Kollektivversicherungen – hier liegt die Stornoquote der VRK in 2019 bei hohen 12,06 Prozent.

Geht man von der Stornoquote für das gesamte Leben-Geschäft aus, nimmt aber nicht die VRK, sondern die Targo den letzten Platz ein. Der Marktführer bei Risiko-Lebensversicherungen – die Cargo hält 13,9 Prozent des gesamten Bestandes – klagt insbesondere über hohe Stornoquoten in den Bereichen Kapitalbildende Lebensversicherung (13,12 Prozent) und Rentenversicherung (11,65 Prozent).

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Folgende Versicherer müssen besonders schlechte Stornoquoten in 2019 beklagen (beginnend mit der besten und endend mit der schlechtesten Quote, was Rang 71 bis 80 in der Storno-Tabelle entspricht):

  • Bayern-Versicherung: 4,74%
  • VRK: 5,26%
  • Ergo Vorsorge: 5,38%
  • Rheinland: 5,62%
  • Provinzial Rheinland: 5,82%
  • PB: 6,26%
  • Neue Leben: 6,32%
  • myLife: 6,64%
  • Dortmunder: 7,08%
  • Targo: 8,84%

Anmerkung: Dass die Stornoquoten mit Vorsicht zu deuten sind und nicht per se für eine schlechte Beratungsqualität sprechen, macht auch eine Stellungnahme von myLife Lebensversicherung deutlich. Gegenüber Versicherungsbote äußerte ein Sprecher: Die Stornoquote der myLife setze sich „aus dem strategischen Kerngeschäft der Nettotarife und aus dem seit 2016 beendeten und nun auslaufenden Geschäftszweig der Restschuldversicherung zusammen“.

Auch sei die Stornoquote des Geschäftszweigs der Restschuldversicherung deshalb erhöht, weil aus technischen Gründen bei einer Erhöhung der Darlehenssumme durch einen neuen Kreditvertrag des Kunden der bestehende Restschuldvertrag ebenfalls endet. Dieser würde dann als Abgang gerechnet und somit als Storno gezählt.

Es handle sich also nicht um echte Kündigungen seitens der Kunden, sondern spreche im Gegenteil für eine hohe Kundenzufriedenheit und Loyalität durch Fortsetzung der Vertragsverhältnisse. Auch würde im strategischen Kerngeschäft der Nettotarife die Stornoquote – nach Anzahl der Verträge und auch nach dem statistischen Jahresbeitrag für das Jahr 2019 – nur 2,6 Prozent betragen und demnach unter dem vom GDV ermittelten Marktdurchschnitt von 2,68 Prozent liegen.

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Hintergrund: Zum Jahresbeginn 2019 erwarb die Franke und Bornberg Research GmbH vom VersicherungsJournal Verlag den Geschäftsbereich Map-Report. Damit holten sich die Rating-Experten eines der etabliertesten Ratings der Versicherungsbranche ins Haus: Seit 30 Jahren schon liefert der Map-Report Daten zu Sparten und Anbietern, seit einigen Jahren unter Verantwortung des Chefredakteurs Reinhard Klages. Der Map-Report 917 widmet sich dem Bilanzrating deutscher Lebensversicherer und kann auf der Webseite von Franke und Bornberg bestellt werden.

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