Immer mehr Pflegebedürftige sind in Deutschland auf staatliche Unterstützung angewiesen. Im Jahr 2016 bezogen demnach 440.000 Menschen Sozialhilfe, weil ihre Einkünfte zusammen mit den Leistungen aus der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht ausreichten, alle Pflegeleistungen zu bezahlen. Das berichtet die Saarbrücker Zeitung am Freitag und beruft sich auf Zahlen des Statistischen Bundesamtes (Destatis).

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Hintergrund ist, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nur eine Art Teilkasko darstellt: Sie deckt nicht alle Pflegekosten ab. Die Pflegebedürftigen müssen einen Eigenanteil tragen, um ihre Pflege zu finanzieren. Reicht weder das eigene Einkommen aus noch das Einkommen unterhaltspflichtiger Angehöriger, springen die Sozialämter mit der sogenannten Hilfe zur Pflege ein. Die gesetzlichen Grundlagen hierfür sind im Zwölften Buch des Sozialgesetzbuches geregelt (§§ 61 ff. SGB XII).

Steigendes Armutsrisiko für Pflegebedürftige

Die Zahlen zeigen zugleich, dass das Armutsrisiko aufgrund von Pflegebedürftigkeit in den letzten Jahren stark angestiegen ist. Im Jahr 2006 waren noch 360.000 Menschen von der „Hilfe zur Pflege“ betroffen: rund 22 Prozent weniger als zehn Jahre später. Damit kann mittlerweile jeder sechste Pflegebedürftige in Deutschland seine Pflege nicht aus eigener Tasche finanzieren. Besonders betroffen sind Frauen: Sie stellen rund zwei Drittel aller Pflegebedürftigen, die auf Hilfe vom Sozialamt angewiesen sind.

Und auch der Staat muss immer mehr Geld ausgeben, um diese Sozialleistung zu finanzieren. Denn die Ausgaben kletterten sogar innerhalb der zehn Jahre um 50 Prozent in die Höhe – von rund 2,5 Milliarden Euro im Jahr 2006 auf circa 3,8 Milliarden Euro in 2016.

Verbraucherzentralen fordern Reformen

Die steigenden Pflegekosten rufen auch den Verbraucherschutz auf den Plan. Der Präsident des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Klaus Müller, fordert gegenüber der Deutschen Presseagentur (dpa), dass in der gesetzlichen Pflegeversicherung ein bestimmtes Qualitätsniveau nicht unterschritten werden dürfe. Nötig seien daher automatische Anpassungen der staatlichen Pflegeleistungen in kürzeren Abständen - etwa jährlich nach festgelegten Kriterien.

„Das sind wir den betroffenen Menschen und ihren Angehörigen schuldig“, so Müller. Auch bei der Transparenz der Pflegeverträge gebe es deutlichen Besserungsbedarf. Darin stünden oft „viele Begriffe, die einem unbekannt sind, wo man sich selber oder seinen Vater, seine Mutter hineingibt“. Eine kostenfreie Rechtsberatung könne hier Abhilfe schaffen, etwa beim Mietrecht.

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Eine weitere Möglichkeit, sich vor finanziellen Engpässen bei Pflegebedürftigkeit zu schützen, ist der Abschluss einer privaten Pflegezusatzversicherung. Experten raten bevorzugt zu einer Pflegetagegeld- oder Pflegerentenversicherung, weil bei diesen Sparten das Geld dem Versicherten zur freien Verfügung steht. Er kann es dann auch den pflegenden Angehörigen geben, wenn er in den eigenen vier Wänden umsorgt wird. Doch diese Policen sind immer noch ein Nischenprodukt: Rund 2,7 Millionen Menschen haben nach Zahlen des PKV-Verbandes einen entsprechenden Schutz abgeschlossen.

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