Gleiche Rente für alle heißt das politische Ziel, das Union und SPD auf ihrem Rentengipfel im November ausgegeben hat. Der Finanzmathematiker Werner Siepe hat die Rentenpläne durchgerechnet, mit denen die Große Koalition in Berlin noch von der nächsten Bundestagswahl ein letztes Überbleibsel der deutschen Teilung beseitigen will. Damit es zu einer gleichen Rente für alle kommt, muss die Formel für das Altersruhegeld zwischen den so genannten Abrechnungskreisen Ost und West angepasst werden.

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Vorteil für rentennahe Ost-Beschäftigte und Rentner

Der Versicherungsbote darf als erstes Medium über Werner Siepes Studie berichten. Der Mathematiker hat berechnet, welcher Personengruppe die Übergangsregeln hin zu gleich hohen Renten in Ost und West die meisten Vorteile bringt. Dabei muss der Zeitraum von 2018 bis 2015 betrachtet werden. In dieser Zeit soll nach den Plänen der Großen Koalition an zwei Stellschrauben der Rentenformel gedreht werden.

Ab 2018 soll zum einen der Rentenfaktor Ost auf das Westniveau gehoben werden. Zum anderen soll die bisher vollzogene höhere Bewertung der Ost-Löhne abgebaut werden. Beide Maßnahmen sollen in sieben Jahresschritten bis 2025 umgesetzt werden. Ab dann gälte gleiches Recht und gleiche Rente für alle. Die Hauptnutznießer des Angleichungsprozesses sind die heutigen Rentner im Osten und diejenigen, die vor 2018, wenn der Übergangsphase beginnen soll, in den Ruhestand treten. So ermittelte es Mathematiker Siepe in seiner Studie.

Die vereinfachte Plus-Minus-Rechnung

Heute gilt noch: Trotz eines im Vergleich zum West-Arbeiter gleichen Einkommens bekommen Ost-Rentner nach aktuellem Rentenrecht unterm Strich eine um acht Prozent höhere Rente als der gleichviel verdienende Arbeitnehmer im Westen Deutschlands. Der aktuelle Rentenwert liegt im Osten um sechs Prozent unter dem West-Wert (zurzeit 28,66 Ost zu 30,45 Euro West). Da aber jeder Lohn-Euro im Osten des Landes um gut 14 Prozent höher bewertet wird als im Westen, ist die Rente bei gleichem Arbeitseinkommen im Osten höher als im Westen: acht Prozent Ost-Plus.

Nachteile für junge Beschäftigte im Osten

Neben den Rentnern im Osten wären in der Übergangszeit auch die älteren, rentennahen Ost-Arbeitnehmer die weiteren Gewinner des Verfahrens, sofern sie bis 2025 in Rente gehen. Der Vorteil der Älteren lässt sich am Nachteil der jüngeren Beschäftigten im Osten Deutschlands erklären. Zwar nähert sich bis 2025 der Rentenwert Ost schrittweise an den Westwert an: Renten beziehungsweise bereits erworbene Entgeltpunkte steigen. Aber zugleich werden Ost-Löhne der arbeitenden Menschen in der Zeit des Übergangs relativ gesehen weniger wert.

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Der Grund ist: Die bisher praktizierte Höherwertung der Löhne im Osten der Republik wird schrittweise abgeschmolzen. In der Übergangszeit bauen jüngere Beschäftigte im Osten dadurch unterm Strich weniger Rentenanwartschaft auf als wenn die geplante Angleichung von Ost und West nicht erfolgte. Mathematiker Siepe schränkt die negative Botschaft aber ein: „Sollten sich die Ost-Löhne bis 2025 (...) an das Westniveau angeglichen haben, sind diese rentenfernen Ost-Versicherten weder Verlierer noch Gewinner“.

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