Früher einmal galten die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) als der „natürliche Feind des Versicherungsvertriebs“, da sie mit ihm im Wettbewerb um die möglichen Privatversicherten standen. Heute ist das ganz anders – immer mehr Vermittler entdecken die immensen Möglichkeiten, die eine Nutzung der GKV im Kundengespräch bietet. Warum ist das so?

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124 Krankenkassen und kaum einer kennt sie

Zwar sind rund 90 Prozent der Bundesbürger, also etwa 70 Mio. Menschen in einer der aktuell 124 Krankenkassen versichert - doch nur die Wenigsten haben sich bislang mit ihr intensiver auseinandergesetzt. Warum auch – die meisten Leistungen und Behandlungen bekommt man ja einfach auf Versichertenkarte. Doch die Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen sind keinesfalls alle gleich! Natürlich, es gibt die in Deutschland sehr umfangreichen Pflichtleistungen, die jede Krankenkasse bieten muss. Das sind die normalen Arzt- und Krankenhausbehandlungen, verschriebene Medikamente aus der Apotheke usw.

Freiwillige Leistungen als Unterscheidungsmerkmal

Doch neben diesen Pflichtleistungen, die etwa 95% der Gesamtleistungen ausmachen, gibt es auch noch eine schier unüberschaubare Zahl an freiwilligen Leistungen. Diese kann eine Kasse nach eigener Entscheidung und in der von ihr gewählten Tiefe anbieten - oder eben auch nicht.

Diese freiwilligen Leistungen können enorm umfangreich ausfallen und reichen von eher überflüssig bis zu extrem wichtigen Dingen. So kann man sicherlich diskutieren, ob eine Übernahme von Feldenkrais durch die Krankenkasse wirklich notwendig ist. Auch die Übernahme einer Professionellen Zahnreinigung pro Jahr ist sicherlich nett, hat aber einen überschaubaren finanziellen Vorteil. Dagegen sind z.B. die Übernahme der häuslichen Krankenpflege auch ohne Kind im Haushalt oder die erweiterte Zahlung von Haushaltshilfen Leistungen, die man sich sonst meist gar nicht leisten könnte oder über eine Zusatzversicherung absichern müsste! Und wer sein Kind ins Krankenhaus begleiten möchte (Rooming-In), ist natürlich für eine entsprechende Leistung seiner Kasse ebenfalls extrem dankbar.

Das sind nur einige wenige Beispiele. Bis zu 3.884 Leistungsdetails weist unser Informationsdienst gesetzlichekrankenkassen.de derzeit aus. Anders als für die Privatassekuranz existiert hier kein geschriebenes Bedingungswerk, das man einfach analysieren kann. Es gibt zwar eine Satzung, aber dort steht nur ein verschwindend kleiner Teil der tatsächlich angebotenen freiwilligen Leistungen. Somit bleibt nur, die Krankenkassen in standardisierter Form und sehr ausgeklügelter Formulierung zu befragen, um wirklich realistische und vergleichbare Informationen zu erhalten. Wichtige Leistungsbausteine hierbei sind zum Beispiel:

  • Bonusprogramme (bei denen es attraktive Geldprämien von bis zu mehreren hundert Euro pro Jahr gibt)
  • Wahltarife (z. B. die aus der PKV bekannte Beitragsrückerstattung bei Leistungsfreiheit)
  • Naturheilverfahren (populär sind u.a. Homöopathie und Osteopathie)
  • Zahnbereich (u. a. Übernahme oder zumindest Zuschuss für Professionelle Zahnreinigung)
  • Zusätzliche Leistungen über das gesetzliche Mindestmaß hinaus (z. B. zusätzliche Vorsorgeuntersuchungen, freie Krankenhauswahl, zusätzliche häusliche Pflege, etc.)
  • Serviceleistungen (wie 24-Stunden-Hotline oder die Vermittlung von Arztterminen)

Einsparmöglichkeiten beim Beitrag – Gerade ab 2016

Doch nicht nur in den Leistungen unterscheiden sich die Kassen, sondern auch beim Preis. Seit diesem Jahr dürfen die Kassen über ihren Beitragssatz wieder weitgehend selbst entscheiden. Die günstigsten Kassen haben aktuell den geringstmöglichen Beitragssatz von 14,6% (des monatlichen Bruttoeinkommens), die teuersten Kassen von 15,9%. Die Differenz von 1,3 Prozentpunkten ist vom Mitglied selbst zu tragen. Bei einem Einkommen von EUR 4.000 pro Monat sprechen wir also über EUR 624,- Unterschied pro Jahr. Zumindest theoretisch – denn nicht jede Kasse ist in jedem Bundesland verfügbar. Und bei geringerem Gehalt fällt natürlich auch der absolute Beitrag niedriger aus.

Zum Jahreswechsel 2016 ist aufgrund der Finanzlage bei den meisten Kassen eine Beitragserhöhung zu erwarten. Im Schnitt rechnet man mit 0,2 bis 0,3 Prozentpunkten. Einige Kassen werden damit aber sicherlich nicht auskommen, womit eine weitere Spreizung der verlangten Beiträge voraussehbar ist.

Vertriebschance beim Kunden

Die Bekanntgabe der neuen Beiträge wird ab spätestens Mitte Dezember erfolgen – und bekanntlich führt jede Beitragserhöhung eines Versicherers zum Unmut der Verbraucher. Somit ist der Zeitraum von Mitte Dezember 2015 bis Februar 2016 ideal, das Beitragsthema der GKV als Aufhänger für einen Kundentermin zu nutzen!

Die Mitgliedschaft kann übrigens mit einer Frist von 2 vollen Monaten gekündigt werden. Ist man kürzer als 18 Monate in der bisherigen Kasse Mitglied, gibt es bei einer Beitragserhöhung ein Sonderkündigungsrecht mit der gleichen Frist.

Als Service kann man den Kunden somit bei der Suche nach einer anderen Kasse aktiv unterstützen. Dabei sollten einerseits die möglichen Mehrleistungen berücksichtigt werden und andererseits der Einsparungseffekt – der dann weitere sinnvolle private Absicherungen finanzieren kann.

Wobei sich der so gewonnene Kundenkontakt keinesfalls auf die GKV alleine beschränken sollte! Über die individuellen Wünsche des Kunden an seine Krankenkasse kann auf ganz einfache Weise die komplette Palette der biometrischen Risiken von Familienabsicherung (Risiko-LV) über Krankentagegeld, Berufsunfähigkeitsschutz und Pflegeversicherung angesprochen werden – plus natürlich der Zusatz-Krankenversicherung in all ihren Spielarten.

Wer sich all dies vergegenwärtigt, kommt um die GKV als Türöffner beim Kunden gar nicht mehr herum. Und Ende diesen Jahres beginnt die beste Zeit dafür, die auch den Grundstein für das erfolgreiche Vermittlungsgeschäft 2016 legen kann!

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Thomas Adolph Steckbrief Thomas Adolph: Fachwirt für Finanzberatung (IHK), Financial Advisor (EFICERT) sowie TÜV-SÜD zertifizierter Fonds-Spezialist. Adolph ist aktuell Geschäftsführer der Kassensuche GmbH, die auf die Analyse der Leistungen der Gesetzlichen Krankenkassen spezialisiert ist.

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