Wenn die Eurorettung es erfordert, dann will die Europäische Zentralbank (EZB) notfalls Staatsanleihen von Krisenländern aufkaufen, damit die Staaten weiterhin frisches Geld am Kapitalmarkt bekommen. Doch der Bundesbank und ihrem Chef Jens Weidmann gefällt dies gar nicht. In einer Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht greift Weidmann die aktuelle Krisenpolitik der EZB scharf an.

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Laut einem Bericht des Handelsblattes kritisiert Weidmann in dem 29seitigen Papier, dass mit dem Kaufprogramm (OMT) der Europäischen Zentralbank „gezielt Anleihen schlechterer Bonität“ erworben werden, wodurch zwangsläufig die Risiken für den Euro steigen würden. Die Käufe können zudem die Unabhängigkeit der Zentralbank belasten. „Befindet sich die Geldpolitik erst einmal auf einem derartigen abschüssigen Kurs, ist eine Umkehr nur schwer und unter großen Kosten möglich“, argumentiert die Bundesbank in der Stellungnahme, die auf den 21. Dezember 2012 datiert ist.

EZB-Aufkäufe könnten notwendige Reformen in Krisenstaaten verhindern

Es sei keineswegs gewährleistet, dass die betroffenen Staaten als Gegenleistung für die neu gewonnene Sicherheit tatsächlich Reformen umsetzen würden, um das Vertrauen zu rechtfertigen, gibt die Bundesbank zu Bedenken. Griechenland sei hierfür das beste Beispiel. Trotz der Milliardenhilfen hat der klamme Staat bisher u.a. keine ausreichenden Schritte zur Bekämpfung der Korruption unternommen. „Diese Erfahrungen begründen auch Befürchtungen, dass der Umgang mit Konditionalität im Rahmen des OMT-Programms selbst in zweifelhaften Fällen nicht vor erheblichen Käufen – und damit Risikoumverteilungen durch die Bilanzen des Euro-Systems — schützen wird“, argumentiert die Bundesbank laut Handelsblatt. Erschwert werde zudem durch die Aufkäufe, dass Staaten bei Bedarf aus dem Euro austreten können.

EZB sei nicht dafür zuständig, Staaten im Euro zu halten

Zudem hat die Bundesbank Zweifel an der Begründung, warum ein Aufkauf von Staatsanleihen laut EZB erforderlich sei. Als Argument wird gern angeführt, dass Privatunternehmen in Krisenstaaten weitaus höhere Zinsen zahlen müssen, wodurch sie benachteiligt werden. Aber diese unterschiedlich hohen Zinsen in den Euroländern könnten auch „höhere nationale fiskalische Risiken“ widerspiegeln, heißt es laut Handelsblatt in der Stellungnahme. Mit anderen Worten: Die hohen Zinsen in Krisenstaaten sind Folge einer national eigenverantwortlichen Finanzpolitik, die geldpolitisch nicht von der EU bekämpft werden darf. Hier einen Ausgleich zu schaffen, dafür sei die Europäische Zentralbank schlichtweg nicht zuständig.

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Ebensowenig liege es im Verantwortungsbereich der EZB, zu verhindern, dass ein Land den Euro verlässt. „Die derzeitige Zusammensetzung der Währungsunion kann aber angesichts weiterhin souveräner Nationalstaaten nicht garantiert werden – jedenfalls nicht von der Notenbank“, heißt es in dem Papier. Es drohe die Gefahr, dass die Zentralbank zum Hauptfinanzierer von kriselnden Euro-Staaten werde.

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