Würde zum aktuellen Zeitpunkt eine Bilanz zu den Social-Media-Erfolgen von Versicherungsunternehmen gezogen werden, sähe das Ergebnis wohl eher ernüchternd aus. Das ist zumindest die verbreitete Meinung innerhalb der deutschen Versicherungswirtschaft. Jedoch ist Erfolg stets relativ. Wann sind Social-Media-Aktivitäten erfolgreich und wann nicht? Ist es sinnvoll, sich hierbei nur an harte Kennzahlen wie Anzahl der „Likes“ und „Sprechen darüber“ zu halten?

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Der wirkliche Durchbruch in sozialen Medien ist bislang noch keinem Versicherungsunternehmen gelungen. Aktuelle Social-Media-Aktivitäten sind sehr kampagnenlastig, obwohl viele der dafür Verantwortlichen wissen, dass die sozialen Medien in ihrer Wirkung viel langfristiger ausgelegt sind als eine zeitlich begrenzte Kampagne. Es stellt sich also die Frage, warum Versicherungsunternehmen die Chancen der zunehmenden Mediensozialisierung nicht im vollen Umfang nutzen. Gründe gibt es vielerlei. Der treffendste ist sicherlich dieser: „Marken und die verantwortlichen Mitarbeiter haben es nicht anders gelernt und sind schon genug damit beschäftigt, Kampagnen mit sozialen Elementen zu versehen.“ (Kampagnendenke wird in sozialen Netzwerken nicht überleben, 29. August 2012, futurebiz.de). In der Folge kann immer öfter beobachtet werden, dass bisher klassisch ausgelegte Kampagnen und Claims eins zu eins in die soziale Welt übertragen werden – mit entsprechenden Ergebnissen. So führen beispielsweise Gewinnaktionen über Facebook zwar zu einem schnellen Anstieg der Fan-Zahlen, stellen aber bei Weitem kein Mittel zur langfristigen Kundenbindung dar.

Den wirklichen Nutzen erkennen: Strategie ist das A und O

Die Basis für die Entwicklung von Social-Media-Maßnahmen bildet stets eine strategische Zielausrichtung, mit deren Hilfe sämtliche Social-Media-Aktivitäten gebündelt und sinnvoll aufeinander abstimmt werden. Diese Notwendigkeit haben Versicherungsunternehmen bereits für sich erkannt. Einen strategischen Ansatz, den die Versicherungsforen Leipzig gemeinsam mit interessierten Versicherungsgesellschaften dazu entwickelt und spezifiziert haben, zeigt die folgende Abbildung.

Dieses Modell stellt einen idealtypischen Ansatz dar und macht deutlich, dass zunächst grundlegende Fragestellungen zu klären sind, bevor konkrete Social-Media-Maßnahmen entworfen und kommuniziert werden. Natürlich gibt es vereinzelt Versicherungsgesellschaften, die sich nach dem „Trial-and-error-Prinzip“ zunächst ein Gefühl für die Funktionsweisen sozialer Medien verschaffen wollen. Das betrifft in erster Linie Direktversicherer, die ihre Marke über entsprechende Aktionen und Kampagnen etablieren wollen. Um jedoch langfristig einen einheitlichen Marktauftritt zu gewährleisten, sind auch hier grundlegende strategische Ausrichtungen erforderlich. Die Erkenntnisse aus den Social-Media-Versuchsfeldern können peu à peu in diese Überlegungen einbezogen werden.

Schritt 1: Verständnis für die Grundlagen schaffen

Aus aktuellen Beobachtungen heraus kann festgehalten werden, dass viele Fragestellungen – unabhängig vom jeweiligen Social-Media-Reifegrad – in den Unternehmen die gleichen sind:

  • Wer sind die Zielgruppen, die mit den sozialen Medien angesprochen werden sollen?
  • Welche Zielstellung wird hierbei verfolgt?
  • Welche Kommunikationsleistungen erwarten einzelne Zielgruppen von Versicherungsunternehmen?
  • Welche Social-Media-Instrumente und -Plattformen eignen sich überhaupt für den Einsatz in der Versicherungswirtschaft?
  • An welchen Kontaktpunkten können Social-Media-Elemente nutzbringend eingesetzt werden?
  • Welche Erfolgsfaktoren sind darüber hinaus für eine Social-Media-taugliche Unternehmenskultur verantwortlich?

Zur Beantwortung bedarf es eines umfangreichen Basiswissens, das bislang nur über vereinzelte Grundlagenstudien verfügbar ist. Das Kundenverhalten 2.0 via Social Media stellt einen Wissensbereich dar, der noch nicht umfassend untersucht wurde und aufgrund der Eigendynamik sozialer Medien einem ständigen Wandel unterliegt. Dies ist ein weiterer Grund, warum sich Versicherungsunternehmen eher zögerlich im Umgang mit Social Media zeigen. Durch eine gezielte Bündelung bereits vorhandenen Wissens und praktischer Erfahrungen können zentrale Grundlagen abgeleitet und für die weitere Maßnahmenentwicklung genutzt werden.

Schritt 2: Touchpoints identifizieren und nutzwertige Inhalte kreieren

Sind die Grundlagen geschaffen, können nutzwertige Kontaktanlässe identifiziert und mit geeigneten Maßnahmen unterlegt werden. Aufgrund der starken Prozessorientierung von Versicherungsunternehmen bietet sich in diesem Zusammenhang eine detaillierte Prozessanalyse für verschiedene Geschäftsvorfälle an.

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Angefangen bei einem klassischen Kundenmanagement-Prozess über Schadenmanagement- bis hin zu Vertriebsprozessen (differenziert nach proprietären und nicht-proprietären Vertrieben) können Social-Media-Einsatzpotenziale systematisch abgeleitet werden. Ergänzt um die Erkenntnisse aus Schritt 1, lassen sich Kontaktanlässe mit nutzwertigen Inhalten sinnvoll verbinden.

Fazit: Social Media ist kein Direkt-Vertrieb

In einem Punkt ist sich die Versicherungsbranche überwiegend einig: Social Media kann nicht ausschließlich auf die Funktion eines weiteren Vertriebskanals reduziert werden. Wenn überhaupt, können soziale Medien vertriebsunterstützend wirken. Das bedeutet konkret, dort relevante Informationen anzubieten, wo eigene Zielgruppen diese erwarten. Die Plattform Facebook eignet sich beispielsweise nur bedingt für die gezielte Kundendirektansprache, die von der Zentrale ausgeht.

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Für den Ausschließlichkeitsvertreter ergeben sich aus der Nutzung von Facebook wiederum Vorteile. „Hierbei steht die Stärkung der persönlichen Beziehung zum Interessenten im Vordergrund“ (Die Social Media Matrix – Orientierung für die Versicherungsbranche, 31.07.2012, FH Köln). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der Einsatz sozialer Medien vor allem zur Image- und Reputationsbildung beiträgt. Passend dazu findet am 27./28. Februar 2013 der dritte Branchentreff der Assekuranz zum Thema „Social Media“ in Leipzig statt.

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