Als in Folge der Finanzkrise Banken mit Steuergeldern gerettet werden mussten, da wurde die Forderung laut, die Geldhäuser sollen mit Notfallplänen für ihre eigene Pleite vorsorgen. „Too big to fail“ sollte kein Argument mehr sein, dass der Staat mit Milliardengeldern für systemrelevante Banken einspringen muss. Entsprechende Notfallpläne hat die Finanzaufsicht Bafin von den 36 größten deutschen Banken im Herbst 2012 eingefordert. Bis Ende 2013 müssen die Sanierungspläne vorliegen.

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Versicherungen sollen für die eigene Schieflage vorsorgen

Doch können auch Versicherer „too big to fail“ sein? Diese Frage treibt derzeit die Bafin um. Und wahrscheinlich werden die großen Versicherungen ebenfalls bald Notfallpläne für ihre eigene Abwicklung auf den Tisch legen müssen.

„Auch die Bafin prüft derzeit, ob Versicherer Sanierungspläne entwickeln sollten und welche Mindestanforderungen daran zu stellen wären“, sagte Elke König, Präsidentin der Bafin, am Dienstag in Frankfurt beim Neujahrspresseempfang der Behörde. „Wie in der Bankenaufsicht würde sich die Anforderung natürlich primär an große, in der Regel international tätige Gruppen richten.“ König gilt als Fachfrau in Sachen Versicherungen. Bis zum Jahr 2009 gehörte die Bafin-Chefin dem Finanzvorstand der Hannover Rück an und arbeitete zuvor bereits für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG und die Münchener Rück.

Damit relativierte König eine frühere Äußerung von Februar 2012, als sie es den Versicherungsunternehmen explizit absprach, „too big to fail“ zu sein. „Im klassischen Versicherungsgeschäft kann ich ein systemisches Risiko, das mit dem des Bankengeschäfts vergleichbar wäre, nicht erkennen“, hatte König damals zu Protokoll gegeben (der Versicherungsbote berichtete).

Zudem wies König auf dem Neujahrsempfang die Kritik der Banken an den eingeforderten Sanierungsplänen zurück. Die Pläne seien „ein ausgesprochen sinnvolles präventives Instrument des Risikomanagements, das -indirekt- helfen wird, systemische Risiken weiter einzudämmen.“ In der vergangenen Woche hatte die Deutsche Kreditwirtschaft, die Interessenvertretung der fünf kreditwirtschaftlichen Spitzenverbände, in einer Stellungnahme das Vorhaben der Bafin scharf kritisiert. Unter anderem warnte der Verband vor dem Fehlen einer europäischen Rechtsgrundlage für derartige Notfallpläne. Auch würden den Banken hohe zusätzliche Gutachterkosten entstehen.

Einen weiteren Aufschub könnte es hingegen bei der Einführung von Solvency II geben. Bei den neuen Aufsichts- und Eigenkapitalregeln für die Versicherungsbranche spreche vieles „eher für den Start zum 01. Januar 2017“, sagte König. Ursprünglich sollte das neue Versicherungsaufsichtsrecht sogar schon im Juni 2013 eingeführt werden.

Enge Verknüpfungen zwischen Banken und Versicherern

Dass nun Sanierungspläne auch von Versicherungen eingefordert werden, ist zumindest keine Überraschung. Eine Studie der Wissenschaftler James Glattfelder, Stefano Battiston und Stefania Vitali von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich hatte im Oktober 2011 ergeben, dass unter den weltweit größten transnationalen Unternehmen viele Versicherungskonzerne sind, etwa die französische Axa und der Allianz-Konzern ("The network of global corporate control" als pdf-Dokument hier herunterladbar). Bereits die Größe und internationale Verknüpfung dieser Global Player sprechen dafür, Versicherungen als "too big to fail" einzustufen.

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Gerade die enge Verflechtung von Banken und Versicherern könne demnach ein Risiko bergen: Die Konzerne sind durch Beteiligungen miteinander verbunden, oft auch durch Kredite, Kreditausfallversicherungen (CDS) und andere spekulative Finanzinstrumente.

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