Ein Kranken- und Zahnzusatzversicherer kündigte seinem Versicherungsnehmer, da dieser Gesundheitsfragen fehlerhaft beantwortet habe. Aufgefallen war dies, als der PKV-Versicherte einen Heil- und Kostenplan für seine Zahnbehandlung mit Zahnersatz beim Versicherer einreichte. Der Versicherer holte aufgrund dessen Erkundigungen beim Zahnarzt des Versicherungsnehmers ein, und erfuhr dabei, dass wegen einer Borreliose-Erkrankung die Behandlung erst zu einem späteren Zeitpunkt durchgeführt werden könne. Daraufhin kündigte die Versicherung den Vertrag mit der Begründung, der Versicherungsnehmer habe Behandlungen wegen Bronchitis, Sinusitis, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie eine Borreliose-Behandlung bei den Gesundheitsfragen im Vorfeld nicht wahrheitsgemäß angegeben. Mit diesen Vorkenntnissen wäre der Versicherer nach eigenen Angaben den Vertrag nicht eingegangen.

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Der Vertrag war mittels eines Versicherungsmaklers abgeschlossen worden. Dieser hatte auch mit seinem Mandanten die Gesundheitsfragen beantwortet. Strittig waren bei der Verhandlung zwei Rechtsfragen: Erstens, inwieweit der Versicherer die vermissten Angaben im Vorfeld tatsächlich erfragt habe und zweitens, ob ordnungsgemäß über die Folgen der vorvertraglichen Anzeigepflicht informiert worden sei.

Streitpunkt vorvertragliche Anzeigepflicht: Inwieweit sind Fragen des Versicherungsmaklers jenen Fragen des Versicherers gleichzusetzen?

Werden Gesundheitsfragen nicht wahrheitsgemäß beantwortet, kann dies bekanntermaßen zum Verlust des Versicherungsschutzes führen, da es sich um eine Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht, § 19 VVG, handelt. So hat ein künftiger Versicherungsnehmer alle Fragen des Versicherers wahrheitsgemäß zu beantworten. Wesentliche Voraussetzung dafür ist, dass diese Fragen vor Vertragsabschluss auch vorliegen. Andernfalls würde es sich um eine „spontane“ Anzeigepflicht handeln, die jedoch seit Einführung des aktuellen Versicherungsvertragsgesetzes nicht länger bestehendes Recht ist. Damit kann der Versicherer rechtmäßig entscheiden, ob und inwieweit ein bestimmter Umstand für das versicherte Risiko relevant ist.

Doch nicht immer, wie auch im vorliegenden Fall, ist für den Mandanten des Maklers erkennbar, wann es sich um eine Frage des Versicherers und wann um eine Frage des Maklers handelt. Nach einem Urteil des OLG Hamm vom 3. November 2010 (Az. 20 U 38/10) sind Fragen eines Versicherungsmaklers nicht den Fragen der Versicherungsgesellschaft an den Versicherungsnehmer gleichzusetzen. Der Versicherer müsse sich die Fragen des Maklers explizit zu „eigen machen“. Wenn für den künftigen Versicherungsnehmer erkennbar ist, dass die erfragten Inhalte ausdrücklich für den Versicherer relevant sind, ist dieser Tatbestand erfüllt. Das Landesgericht Tübingen hatte indes entschieden (Az. 4 O 124/11, Urteil vom 23.11.2011), dass Gesundheitsfragen dem Versicherungsnehmer grundsätzlich als Fragen vom Versicherer erscheinen.

Dem stimmte das Landgericht Dortmund jedoch nicht zu: Im verhandelten Fall enthielt der Gesundheitsfragenkatalog des Maklers eine Gesundheitsfrage zu zahnärztlichen und zahnprothetischen Behandlungen, in welcher explizit der Name des Krankenversicherers genannt wurde. Nur bei dieser Frage also war es für den Versicherungsnehmer eindeutig, dass er eine Angabe konkret für diesen Anbieter macht. Bei weiteren Gesundheitsfragen war dieser explizite Bezug auf den Krankenversicherer nicht erkennbar. Aus diesem Grund, so das Gericht, sei die Relevanz der weiteren Angaben zum Gesundheitszustand für den Versicherer vom Versicherungsnehmer nicht abzuschätzen gewesen. Entsprechend hat der Versicherungsnehmer seine vorvertragliche Anzeigepflicht nicht verletzt, weil er jene Frage, die direkt auf den Versicherer Bezug nimmt, nicht fehlerhaft beantwortet habe. Der Versicherer wiederum hatte sich die weiteren Fragen des Maklers nicht „zu Eigen gemacht“.

Welche Folgen hat eine Verletzung der Anzeigepflicht? - Deutliche Hinweise sind nötig

Das Gericht war weiterhin der Auffassung, dass der Versicherungsnehmer keine deutliche Belehrung darüber erhielt, welche Konsequenzen eine unzureichende Beantwortung der Gesundheitsfragen hat. § 19 Abs. 5 VVG verlangt jedoch einen deutlichen Hinweis darauf.

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So ist ein Warnhinweis auf dem Antragsformular unterhalb des Abschnitts Gesundheitsfragen nicht ausreichend: "Bitte beantworten Sie diese wahrheitsgemäß und vollständig. Die Verletzung der Anzeigepflicht kann z.B. dass sie keinen Versicherungsschutz haben, der Versicherer den Vertrag kündigt, zurücktritt oder anfechtet." Zusätzlich wird auf einem Beiblatt darauf verwiesen, dass bei einer Vertragsanpassung kein Versicherungsschutz besteht. Das Gericht vertrat die Auffassung, dass der Versicherer im Vorfeld konkret darüber hätte aufklären müssen, dass bei einer Vertragsanpassung, in diesem Fall einer rückwirkenden Einfügung eines Risikoausschlusses, der Versicherungsschutz erlöschen kann. Die aktuelle Formulierung würde eher auf eine Prämienerhöhung hindeuten und sei damit nicht unmissverständlich genug, heißt es in der Urteilsbegründung.

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