Kann sich die Honorarberatung tatsächlich als eine „Alternativkultur“ (Bundesverbraucher-Ministerin Ilse Aigner, VersicherungsJournal 8.11.2012) zur klassischen Finanzberatung etablieren? Aktuelle Umfragen und Studien der vergangenen Woche und Monate sind dieser Fragestellung nachgegangen.
Dass in Zukunft mehr Beratungsgespräche auf Honorarbasis stattfinden werden, ist dabei nur ein Ergebnis verschiedener Untersuchungen. Die Zahlungsbereitschaft der Kunden hält sich jedoch in engen Grenzen.
Die anfängliche Euphorie zur Honorarberatung hat sich gelegt. Im Hinterkopf ist das Thema jedoch noch präsent. Zu diesem Ergebnis kam Ende März die Unternehmensberatung Simon-Kucher & Partners. Befragt wurden 153 Manager von Finanzinstituten im deutschsprachigen Raum.

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Marktanteile in der Honorarberatung erobern

86 Prozent gaben dabei an, dass die Honorarberatung in ihrem Hause überhaupt keine Rolle spiele. Nur eine Minderheit von 14 Prozent setze sich mit der Honorarberatung aktiv auseinander. Entsprechend gaben 57 Prozent der Geldhäuser an, schlecht auf diese Form der Beratung vorbereitet zu sein.
Dennoch: 80 Prozent der Befragten zeigten sich überzeugt, dass sich dieses Modell früher oder später etablieren wird. „Honorarberatung ist ein Pflichtthema. Auch wenn die Finanzinstitute hier nicht sofort aktiv werden, sollten sie sich wenigstens vorbereiten, um nachher nicht im Regen zu stehen“, sagte Jörg Gutsche, Director bei Simon-Kucher. „Die Größe des zahlungsbereiten Segments sollte nicht unterschätzt werden“, so Gutsche. Hier könne man noch Marktanteile erobern.

Vertrauen durch Honorarberatung gewinnen

Mit einem verschärften Transparenzgebot sei dem Verbraucher nicht geholfen, fasste Karl Matthäus Schmidt, Vorsitzender des Berufsverbandes deutscher Honorarberater e.V. (BVDH) eine Studie (PDF) von Ende September zusammen. Unter dem Titel „Auf dem Weg zu einem ‚Fair Play’ zwischen Verbrauchern und Finanzindustrie“ kommen die Studienautoren zu dem Schluss, dass das „provisionsbasierte Vertriebsmodell in der Finanzberatung... gescheitert“ sei.
Nur die Honorarberatung könne den Interessenkonflikt in der Finanzberatung auflösen, so Schmidt, der ebenfalls Vorstandsvorsitzender der quirin bank AG ist. „Wir brauchen dringend einen Systemwechsel, um das Verbrauchervertrauen in die Finanzbranche wiederherzustellen.“
Durchgeführt wurde die Studie von den Beratungshäusern ConPolicy GmbH und der Roll & Pastuch GmbH. Auftraggeber war neben dem BVDH die quirin bank AG. Dr. Christian Thorun von der ConPolicy GmbH und einer der Studienautoren hat in einem Vortrag am 16.10. auf dem 7. Honorarberater-Kongress (youtube-Film) in Mainz die Studienergebnisse präsentiert.

Vermittler stehen vor großen Veränderungen

Dass eine große Zahl der Versicherungskunden tatsächlich mit der aktuellen Situation der Beratung unzufrieden sind, zeigte die kürzlich vorgestellte Studie „Was Versicherungskunden wirklich wollen“ von der Unternehmensberatung Bain & Company. Demnach fehle den Unternehmen eine konsequente Ausrichtung an den Bedürfnissen und Erwartungen der Kunden.
Vor diesem Hintergrund werde speziell die Ausschließlichkeitsorganisation in den kommenden Jahren von großen Veränderungen betroffen sein. Und auch die Vermittler müssten akzeptieren, „dass sie in einem solchen Umfeld nicht mehr isoliert agieren dürfen, sondern ihre Kunden neben einem empathischen Service vor Ort auch ein breites Spektrum von Online-Diensten anbieten“ müssten.

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Ehrliche Beratung – aber bitte kostenlos

Qualitativer Service gepaart mit kompetenter Beratung – aber bitte weiterhin kostenlos: So lässt sich das Ergebnis einer telefonischen Umfrage unter 1029 Anlegern in Deutschland zusammenfasen, die das Marktforschungs-Institut TNS Infratest im Auftrag der DZ Bank AG durchgeführt hat.
Nur jeder Fünfte wäre demnach bereit, für eine unabhängige Beratung zu zahlen. Fragt man konkret nach der Höhe des Honorars, verringert sich die Zahlungsbereitschaft der Anleger. So sagten nur sechs Prozent der Befragten, sie wären bereit, für eine neutrale Beratung bis zu 150 Euro pro Stunde zu zahlen.
Über ein Drittel (35 Prozent) der Anleger verzichteten der Umfrage zufolge gänzlich auf ein Beratungsgespräch vor dem Abschluss einer Police. Auch hier wurde als erstes der Vertrauensverlust in den Berater (61 Prozent) angegeben, gefolgt vom geringen Zusatznutzen und der nicht objektiven Auskünfte.



Umar Choudhry

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