Die Einführung des Beschwerde- und Beraterregisters, unzählige „Produktinformationsblätter“, Sachkundenachweis, Beratungsprotokolle: Das Programm der Bundesregierung, die Bürokratie in der Wirtschaft zu verringern, zeigt deutliche Bremsspuren in der Versicherungswirtschaft.
„Wie in den Vorjahren ist die gestiegene Bürokratie die größte Herausforderung“, lautete eine Kernbotschaft der „Maklertrendstudie 2012/2013“, die das Beratungsunternehmen Tower Watson im Auftrag der DRMM Maklermanagement AG durchgeführt hat.
Für 81 Prozent der Makler ist die „gestiegene Bürokratie durch geänderte Gesetzgebung“ die größte Herausforderung, um weiterhin erfolgreich zu sein (2011: 78 Prozent). Diese starke Belastung bürokratischer Vorschriften verschlingt großes Potenzial für die eigentliche Aufgabe der Makler, nämlich die Beratung und Vermittlung.
Die DRMM Maklermanagement AG ist eine Tochtergesellschaft der Deutscher Ring Lebensversicherung AG. Befragt wurden bundesweit zwischen April und Juni dieses Jahres etwa 300 unabhängige Versicherungsvermittler sowohl mit einem kleinen und mittelständischen als auch großen Bestand.

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Ein Vermittler, zwei Nummern

Der Bundesverband Finanzdienstleistung e.V. (AfW) monierte bereits Ende Juni, dass „alle Vermittler, die eine Erlaubnis zu Vermittlung von Kapitalanlagen gemäß §34f GewO beantragen werden", eine „vom Vermittlerregister eigenständige, neue Registernummer“ erhielten.
Frank Rottenbacher, Vorstand des AfW, bedauerte, dass „von der Politik keine Lösung gefunden wurde, alle Vermittlertätigkeiten unter einer Registernummer zusammenzufassen, da es bei den Vermittlern zu zusätzlichen Kosten und Bürokratieaufwand führen“ würde.
„Wer Versicherungen und Vermögensanlagen vermittelt, muss ab 2013 also zwei verschiedene Registernummern angeben“, erklärt Rottenbacher. Er empfiehlt Maklern, beim Druck von Geschäftsunterlagen bis zur Erlaubnis zu warten, damit dann beide Nummern angegeben werden können.

Bürokratie-Abbau verliert an Schwung

Die Bundesregierung hatte sich im Jahre 2006 auf die Fahnen geschrieben, die Kosten der Bürokratie bis Ende 2011 um 25 Prozent zu senken. Dazu hat sie eigens einen sogenannten „Nationalen Normenkontrollrat“ (NKR) gegründet, der die Bürokratie-Entwicklung überwachen soll. Im vergangenem Monat übergab der Rat seinen Jahresbericht für 2012 an Bundeskanzlerin Merkel.
Wiewohl der NKR in seinem Jahresbericht der Bundesregierung einen Abbau an Bürokratie von 11 Milliarden Euro (22,5 Prozent) bescheinigt, stellt er „allerdings fest, dass das Engagement, mit dem einzelne Ressorts an der Reduzierung und Vermeidung von Bürokratie und Erfüllungsaufwand arbeiten, erkennbar an Schwung verloren hat.“
Immerhin ist die Frist für die Aufbewahrung von Rechnungen und Belegen auf nunmehr fünf Jahren verkürzt worden. „Halbherzig“ sei dieser Beschluss erfolgt, kritisiert die Die Deutsche Kreditwirtschaft. „In den vergangenen zwölf Monaten sind die bürokratischen Belastungen für die Wirtschaft deutlich gestiegen“, heisst es aus der Interessenvertretung. Das sei eine „krasse Fehlentwicklung“.
Auch die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände rügte die bürokratische Mehrbelastung in Höhe von rund einer Milliarde Euro pro Jahr im Vergleich zum Vorjahr. „Die Bundesregierung muss die Wirksamkeit gesetzlicher Regelungen systematisch auf den Prüfstand stellen.“

Neue Behördenplanung ruft Kritik hervor

Als „Blindflug des Kabinetts“ bezeichnete der Bund der Versicherten (BdV) den geplanten Aufbau einer Behörde namens „Produktinformationsstelle Altersvorsorge“, die sich ausschließlich um die Berechnung der Effektivkosten von Riester- und Rürup-Verträgen kümmern solle. „Hier wird viel Geld für eine neue, teure und überflüssige Bürokratie ausgegeben“, sagte Axel Kleinlein, Vorstandsvorsitzeder des BdV. Die Aufschlüsselung der Abschluss- und Verwaltungskosten trage im Übrigen nicht zur Transparenz bei. Wie viel der Vertrag insgesamt wirklich koste, bleibe Verbrauchern daher weiterhin verborgen. „Außerdem lassen sich unterschiedliche Verträge anhand der neuen Kenngröße gar nicht vergleichen“, so Kleinlein. Bundeskanzlerin Merkel zeigte sich indessen optimistisch, ihr Ziel, die Bürokratiekosten bis Ende des Jahres um ein Viertel gegenüber 2006 zu verringern, zu erreichen. „Wir haben das gerade noch einmal gemeinsam als Kabinett gesagt: Wir wollen das schaffen“, bekräftigte die Kanzlerin.

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Umar Choudhry

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