Den älteren Semester werden sich vielleicht noch an die historischen Spots der 80er Jahre erinnern. Ein Tourist fährt mit seinem weißen VW Käfer Cabriolet durch die engen Straßen einer italienischen Kleinstadt, schaut einer Frau hinterher – und rammt prompt einen Tomatenlaster. Wild schimpfend und gestikulierend versammelt sich die Dorfgemeinschaft um das Auto, doch als der Tourist mit Hansi-Hinterseer-Frisur seinen Allianz-Versicherungsschein zückt, wird der Übeltäter von den temperamentvollen Dorfbewohnern an einen Cafetisch gesetzt und mit Tomatensalat bewirtet. Reinhard Mey singt dazu „Bündnis vom Glück“ - ein Spot, der Fernweh weckt, aber auch nationale Stereotype bedient.

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Der Versicherungsnehmer als Konstrukteur

Die neuen Werbefilme kommen ohne das Klischee von Bella Italia aus. Wir sehen stattdessen im ersten Spot eine Expertin für Fahrzeugtechnik, die sich mit der Konstruktion von Autos beschäftigt – sie untersucht die Form, Materialien und Belastbarkeit der Fahrzeuge. „Jeden Tag entscheide ich mit meinem Team, welche Elemente sind wirklich wichtig und welche nur unnützer Ballast“, sagt die Frau, die sich als Beate R. vorstellt und seit 2004 Kundin der Allianz ist. Und wie die Technikerin bei der Autokonstruktion nach nützlich und überflüssig scheidet, so kann sie jetzt auch mit den Tarifen der Allianz ihren richtigen Kfz-Schutz zusammenbasteln. Beworben werden die neuen Modultarife der Produktgruppe MeinAuto, die nach einem Bausteinsystem die individuelle Kombination von Leistungsmerkmalen erlauben. Seit dem Herbst des letzten Jahres verkauft die Allianz ihre Autoversicherung mit einem neuen Konzept: Mit frei wählbaren Zusatzbausteinen können die Versicherten ihre ganz persönliche Kfz-Versicherung zusammenstellen.

Die Versicherungswelt ist also etwas komplizierter geworden im Vergleich zu den historischen Spots, aber auch nüchterner. Als Bedrohung erscheinen nun nicht mehr Damenpos, die von der Aufmerksamkeit im Straßenverkehr ablenken, keine Tomatenlaster und temperamentvollen italienischen Dorfbewohner. Die größte Bedrohung ist es, seinen Versicherungsschutz nicht individuell und pragmatisch zusammenbauen zu können. Der Versicherungsnehmer als Konstrukteur seines eigenen Schutzes – so das im Spot vermittelte Bild. Der schlimmste GAU: nicht die Wahl zwischen individuell kombinierbaren Leistungsbausteinen zu haben. Wie zuletzt bei der Kampagne für Berufsunfähigkeit kommen dafür wieder tatsächliche Versicherungskunden zu Wort.

Comeback des Claims „Hoffentlich Allianz versichert!“

Trotz aller Verschiedenheit gibt es einen Missing-Link zwischen neuen und alten Spots – der alte Slogan „Hoffentlich Allianz versichert“ wurde für die neuen Filme reanimiert. Zwischen 1958 und 2003 begleitete der Spruch wohl alle Werbekampagnen des deutschen Global Players, danach hatte man den Claim zwischenzeitlich wegrationalisiert bzw. auf „Hoffentlich Allianz!“ verkürzt. Bei einer Marktstudie habe man jedoch herausgefunden, dass der alte Claim immer noch in den Köpfen verankert ist – nun wirbt die Allianz wieder mit dem klassischen Slogan.

Verantwortlich für die TV-Spots ist der Düsseldorfer Werbedienstleister Grey Deutschland, mit dem die Allianz schon seit Jahren zusammenarbeitet. Die Medienbelegung übernimmt die Firma Mediacom. Für den zweiten Spot hat man den früheren Formel 1-Rennfahrer und Fernsehkommentator Christian Danner gewinnen können, der im Allianz Zentrum für Technik (AZT) die Bemühungen um mehr Sicherheit im Straßenverkehr verdeutlicht. Eingebettet zwischen Szenen von Unfalltests werden aus verunfallten Crash Test Dummies Menschen, aus Plüschhunden auf der Autorückbank lebende Tiere. Christian Danner ist in diesem etwas gespenstigen Szenario der neugierige Flaneur und zugleich besorgter Aufpasser. Er lehnt sich zu den Dummies ins Auto, streichelt den Hunden über den Kopf. Neben dem Fernsehen sollen die Spots auch im Internet Verbreitung finden. Am 13. August geht unter anderem eine Kampagnenseite unter allianz.de/auto online.

Kampagne versteht sich als Gegengewicht zu Billigtarifen

Die Werbespots versteht die Allianz als Antwort auf die Billigtarif-Strategie anderer Kfz-Versicherer. In den letzten Jahren hatte die HUK Coburg die Marktführerschaft mit Billigtarifen an sich gerissen, rund 9 Millionen Fahrzeuge sind aktuell im Bestand des Konkurrenten. Die Allianz wurde bei den Autoversicherungen auf den zweiten Platz gedrängt. Doch das Konzept der Billigversicherungen geht nicht auf: Je niedriger die Beiträge sind, desto weniger Geld steht auch für die Schadensregulierung zur Verfügung. Mit einer Schadenquote von 102,3 Prozent ist die HUK trotz Marktführerschaft sogar in die roten Zahlen gerutscht.

Mit ihrer Kampagne will die Allianz nun ein Umdenken bewirken. Es soll gezeigt werden, „dass es auch bei einer Autoversicherung in erster Linie um die Leistungen geht und nicht nur um den Preis“, heißt es in einer Pressemitteilung. Flexible Produkte, die je nach individuellem Bedürfnis viele Kombinationsmöglichkeiten erlauben, seien hierbei ein wichtiger Schritt.

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So sei es auch der grundlegende kommunikative Ansatz aller Allianz-Kampagnen, den Kunden in seiner konkreten Bedarfs- und Lebenssituation in den Blick zu nehmen. Allerdings sind auch andere Versicherer längst dazu übergegangen, spartenübergreifend modularisierte Baukastensysteme anzubieten – unter anderem warb die Axa in den letzten Jahren mit einem ähnlichen Ansatz. Die Modularisierung der Produkte ist längst kein Alleinstellungsmerkmal mehr.

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