Als Walter Riester die sogenannte „Riester-Rente“ einführte, da war eines seiner Hauptargumente, dass er Menschen mit kleiner Geldbörse die Altersvorsorge erleichtern wolle. Er habe jene Menschen im Sinn, „die wenig Geld zum Zurücklegen haben“, sagte er vor rund 12 Jahren bei der Vorstellung seines privaten Altersvorsorge-Konzeptes. Doch glaubt man einer aktuellen Stellungnahme von Verbraucherschützern, so könnten gerade diese Menschen von den Versicherern benachteiligt werden – Eine Klausel der Riesterverträge schließt Geringverdiener und kinderreiche Familien von der Kostenüberschussbeteiligung der Versicherer aus.

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So zumindest in einem Tarif der Allianz Versicherung, der Verbraucherschützer nun dazu veranlasste, von dem Versicherungsgiganten eine Unterlassungserklärung zu verlangen. In einem Brief fordert der Versicherungsmathematiker Axel Kleinlein den Stuttgarter Versicherer auf, sein Produkt „Allianz RiesterRente Klassik“ in der jetzigen Form nicht mehr zu vertreiben. Axel Kleinlein ist derzeit Vorstandsvorsitzender des Bundes der Versicherten und war selbst jahrelang bei der Allianz Versicherung angestellt. Auch die Verbraucherzentrale Hamburg beteiligt sich an dem Vorstoß.

Für Kleinsparer bis zu 3.500 Euro weniger pro Durchschnittsvertrag

Ursache für den Ärger ist erneut die Intransparenz der Riesterverträge. Riester-Sparer erhalten einen gesetzlich verankerten Garantiezins auf ihr angespartes Kapital von derzeit 1,75 Prozent. Zusätzlich werden sie auch an den Überschüssen der Versicherer beteiligt. Nicht so bei der Allianz Versicherung, die ihre Überschussbeteiligung nach Gruppen gewichtet: Wer viel Geld in seinen Riestervertrag einzahlt, der erhält anteilig eine höhere Überschussbeteiligung als ein Sparer mit kleinem Geldbeutel. Und schlimmer noch: Manche Kundengruppen gehen bei den Überschüssen komplett leer aus. Wenn der Riester-Sparer weniger als 40.000 Euro Eigenanteil im Laufe seines Arbeitslebens einzahlt, muss er auf die Auszahlung von Kostenüberschüssen generell verzichten.

Kunden haben aber kaum Chancen zu erfahren, was dies für ihre eigene Rente bedeutet, moniert Axel Kleinlein gegenüber dem Spiegel. Um herauszufinden, welcher Gruppe sie zugeordnet sind, müssen sich Riester-Sparer durch sieben Posten des Versicherungsvertrages kämpfen und zusätzlich den Geschäftsbericht der Allianz Versicherung lesen. Insgesamt werden den Kleinsparern so hunderte Millionen Euro an Überschusszahlungen vorenthalten, bei einem Durchschnittsvertrag gehe es um einen Betrag von 3.500 Euro. Die Verbraucherschützer sprechen deshalb von einer „massiven Verletzung des Täuschungsverbotes“, da die Ungleichbehandlung nur für überdurchschnittlich qualifizierte Kunden erkennbar sei.

Allianz argumentiert mit Versursacherprinzip

Nichts Anstößiges findet die Allianz an der Praxis, Kleinsparer bei den Überschussbeteiligungen auszugrenzen. Kosten würden „überwiegend im Verhältnis zum Beitrag“ erhoben, erklärt der Konzern gegenüber dem Spiegel - Die Überschussbeteiligung erfolge daher nach dem „Verursacherprinzip“. Auch gebe es eine Telefonhotline, bei der Riester-Sparer schnell Auskunft über Vertragsdetails erhalten könnten.

Kleinlein hält diese Argumentation jedoch für „abstrus“. Er verweist darauf, dass jedes Kind es dem Kunden erschwert, den geforderten Eigenanteil von 40.000 Euro zu erreichen – Je mehr Kinder im Haus sind, desto mehr staatliche Förderung kommt hinzu. Staatliche Zuschüsse werden aber nicht als Eigenanteil gewertet – gerade kinderreiche Familien geraten deshalb in Gefahr, bei den Kostenüberschüssen leer auszugehen.

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Nach der Geburt des ersten Kindes hätte sogar schon ein 35jähriger Durchschnittsverdiener mit 30.000 Euro Jahresgehalt Probleme, bei der Allianz überhaupt an den Überschüssen beteiligt zu werden. Deshalb erhebt Axel Kleinlein den Vorwurf, das Produkt „Allianz RiesterRente Klassik“ benachteilige Geringverdiener und kinderreiche Familien. Sollte die Allianz keine Unterlassungserklärung abgeben, so wollen die Verbraucherschützer vor Gericht ziehen.

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