Carsten Schneider, finanzpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion. Foto: SPD / Benno Kraehahn „Deutschland ist traditionell ein starker Versicherungs- und Rückversicherungsstandort“, sagte Schneider im Interview mit „Versicherungswirtschaft heute“. Die Versicherungswirtschaft habe einen Anteil von 3,3 Prozent am deutschen Bruttoinlandsprodukt und sei für 2,7 Prozent der Beschäftigung verantwortlich, was 1,2 Millionen Jobs sowie 90 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung bedeute. „Diese Stärke müssen wir erhalten“, so Schneider.

Anzeige

Herausforderungen gebe es für die Branche genug, sagte Schneider, der ausgebildeter Bankkaufmann ist. Als Beispiel nannte er die fortschreitende Digitalisierung, die neuen Kapital- und Anlagevorschriften unter „Solvency II“ sowie die Neujustierung der Produkte infolge der EZB-Niedrigzinspolitik. Auch wenn beispielsweise die klassische Lebensversicherung in der heutigen Form nicht länger attraktiv sei, werde „die private Vorsorge für das Alter und den Ruhestand weiter zunehmen“, prognostiziert der Erfurter Politiker.

Indirekt beklagt Schneider in dem Interview eine Blockadehaltung der Unionsparteien bei wichtigen finanzpolitischen Vorhaben in der abgelaufenen Legislaturperiode. Sowohl bei der Finanztransaktionssteuer, der Umsetzung einer europäischen Bankenunion sowie einer EU-weiten gemeinsamen Bemessung der Umsatzsteuer wolle die SPD im Falle eines Wahlsieges "endlich handeln und nicht länger zaudern und blockieren", wie dies CDU und CSU in der großen Koalition getan hätten, so Schneider.

Bürgerversicherung und Rentenpflicht für Selbstständige

Die SPD geht mit zahlreichen Forderungen in die heiße Phase des Bundestagswahlkampfes, die auch die Versicherungswirtschaft direkt betreffen. So hat SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz im Juni ein 78 Milliarden Euro schweres Rentenpaket vorgestellt. Eine wichtige Forderung: Selbstständige, die nicht über ein Versorgungswerk abgesichert sind, sollen künftig in die Rentenversicherung einzahlen. Das würde auch viele Versicherungsmakler betreffen.

Zudem wollen die Sozialdemokraten eine sogenannte Solidarrente einführen. Sie soll Geringverdienern, die 35 Jahre oder länger Beiträge gezahlt haben, unter die Arme greifen und zehn Prozent über der Grundsicherung im Alter liegen.

Das Renten-Konzept der SPD sieht ebenso eine "doppelten Haltelinie" bei der gesetzlichen Rente vor. Diese soll dafür sorgen, dass bis 2030 das Rentenniveau bei 48 Prozent des Durchschnittslohns und der Beitragssatz zur Rentenversicherung bei maximal 22 Prozent gehalten werden. Um eventuell entstehende Mehrkosten abzufangen, soll der Bund ab 2028 einen aus Steuern finanzierten „Demografiezuschuss“ an die Rentenkasse zahlen.

Anzeige

In der Krankenversicherung spricht sich die SPD für eine Art „Bürgerversicherung light“ aus. Zwar soll auch den Privatversicherern zukünftig erlaubt sein, im Neugeschäft Krankenvollversicherungen anzubieten. Aber nur zu den selben Konditionen wie die gesetzlichen Krankenkassen. „Die SPD strebt eine Bürgerversicherung an, in der alle Bürgerinnen und Bürger auf die gleiche Weise nach den Grundsätzen der heutigen gesetzlichen Krankenversicherung versichert sind“, hatte Carola Reimann, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, im Interview mit dem Versicherungsboten betont.

Versicherungswirtschaft heute

Anzeige