Versicherungsbote: Für Pferdehalter gilt – wie für Halter eines Kraftfahrzeugs - die strengste gesetzliche Haftungsregelung. Ein Kfz darf ohne Haftpflichtversicherung nicht auf öffentlichen Straßen unterwegs sein. Ist die Pferdehalter-Haftpflicht auch eine Pflichtversicherung?

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Jörg Brickwedel ist Diplom-Kaufmann und leitet bei der HDI Versicherung AG den Bereich Verkaufsförderung Kraftfahrt sowie HUS Privat.(c) HDI Versicherungen Jörg Brickwedel: Nein, es handelt sich um eine freiwillige Versicherung, selbst wenn dies erstaunlich klingt. Denn: Paragraf 833 BGB sieht die sogenannte Gefährdungshaftung vor - unabhängig von der Schuldfrage und ohne Möglichkeit, sich als Privatperson zu entlasten. Im Klartext: Selbst wenn ein privater Pferdehalter alle Sorgfalt beachtet hat und nicht „schuld“ ist, muss er für jegliche Schäden aufkommen, die sein Tier verursacht. Auch wenn er sich gar nicht in der Nähe des Pferdes aufhält. Umso wichtiger, dass schon ein Kunde, der im Beratungsgespräch die bloße Absicht äußert, irgendwann ein Pferd zu kaufen, auf die Notwendigkeit dieser Versicherung hingewiesen wird. Rechtlich gesehen steht ein Pferdehalter nämlich für die sogenannte typische Tiergefahr grade.

Was kann man sich unter der „typischen Tiergefahr“ eines Pferdes vorstellen?

Darunter fällt alles, was aufgrund des unberechenbaren Verhaltens des Tieres passieren kann. Bei Pferden ist dies etwa das Scheuen, Durchgehen, Ausschlagen, Beißen oder Ausbrechen von der Koppel. Allein der Schaden, den ein Pferd verursachen kann, wenn es ausbricht und über eine stark befahrene Straße galoppiert, kann immens sein. Genauso ernst zu nehmen sind mögliche Personenschäden, etwa durch Tritte oder Bisse. Der Halter und auch alle Personen, die mit dem Pferd umgehen sollten sich hiergegen zusätzlich mit einer privaten Unfallversicherung absichern.

Wann sollte die Versicherung beginnen?

Am Tag des Eigentumsübergangs, dem Zeitpunkt, in dem der Kunde sein Tier vom Züchter oder Vorbesitzer in Empfang nimmt. Ab dann ist er für alles verantwortlich, was das Tier anrichtet. Beispielsweise, wenn es beim ersten Verladen den geliehenen oder gemieteten Anhänger beschädigt. Wer sein Pferd mit fremden Anhängern transportiert, sollte übrigens unbedingt darauf achten, dass Schäden, die das Pferd daran verursacht, mitversichert sind.

Welche Leistungen sind in der Pferdehalter-Haftpflicht wichtig?

In erster Linie sind ausreichend hohe Deckungssummen wichtig und dass diese pauschal für Personen-, Sach-, Vermögens- und Mietsachschäden gelten. Leistungen für nutzungsunabhängige Risiken wie Flur-, Umwelt- und Gewässerschäden oder eine Forderungsausfalldeckung sollten im Standardschutz verankert sein.

Dann ist individuell zu prüfen: Wie wird das Nutzungsverhalten des Pferdehalters sein? Welche Leistungen benötigt er? Sind diese im Standardschutz enthalten oder bedarf es zusätzlicher Erweiterungen? Einige Beispiele: Steht das Tier in einem fremden Stall unter, sollten Schäden an der gemieteten Box mitversichert sein. Nimmt der Kunde mit seinem Tier an nicht gewerblichen Schauvorführungen, Turnieren oder Rennen teil, benötigt er Schutz für die Teilnahme an Veranstaltungen. Wenn er zu privaten Zwecken züchten will, sollten Deckschäden mitversichert sein und für einen gewissen Übergangszeitraum auch die Fohlen der versicherten Stute. Falls mit dem Tier private Kutschfahrten geplant sind, ist wichtig, dass die Police Schäden durch das Nutzen eigener oder fremde Fuhrwerke abdeckt.

Pferdehaltung ist mit hohen Kosten verbunden. Oft fällt die Entscheidung auf weitere Nutzer, etwa Reitbeteiligte, mit denen eine Kostenbeteiligung vereinbart wird. Benötigen diese eine eigene Pferdehalter-Haftpflicht?

Reitbeteiligte, Mitbesitzer, weitere Halter oder private Tierhüter sollten standardmäßig als mitversicherte Personen in den Bedingungen aufgeführt sein. So muss der Pferdehalter sich nicht darum kümmern, sie nachzumelden, falls er sich zu einem späteren Zeitpunkt für die Erweiterung des Nutzerkreises entschließt. Sogenannte Fremdreiter, etwa Freunde oder Bekannte, die das Pferd ausschließlich zum privaten Vergnügen reiten, werden im Sinne der Versicherungsbedingungen als „nicht gewerbsmäßig tätiger Tierhüter“ gesehen. Auch sie genießen somit Versicherungsschutz über die Pferdehalter-Haftpflicht.

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Die Fragen stellte Jenny Müller

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