Jeder Bürger sollte eine Privathaftpflichtversicherung (PHV) haben – in dieser Einschätzung sind sich ausnahmsweise Versicherungswirtschaft und Verbraucherschutz einig. Wer einer dritten Person Schaden zufügt, der haftet mit seinem gesamten Privatvermögen und ein Leben lang. Schon ein kleiner Rempler mit dem Fahrrad kann dazu führen, dass eine Person unglücklich stürzt, einen bleibenden Schaden davonträgt und sich der Verursacher des Unfalls mit Millionenforderungen konfrontiert sieht. Schmerzensgeld, Behandlungskosten, Lohnausfall – all das muss dann erstattet werden.

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Tatsächlich ist die Privathaftpflicht in Deutschland schon sehr verbreitet. 45,3 Millionen Verträge hatten die Versicherer nach Angaben des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) zum Jahresende 2015 in ihrem Bestand. Rund 15 Prozent der Haushalt verzichten auf eine solche Police – oft Menschen mit geringem Einkommen.

Vor diesem Hintergrund hat das Kölner Analysehaus Heute und Morgen das Wissen der Bürger in Sachen Privathaftpflicht unter die Lupe genommen. Und festgestellt, dass selbst jene Verbraucher Wissensdefizite haben, die bereits einen Haftpflicht-Vertrag ihr Eigen nennen. Demnach weiß nicht einmal jeder zweite Befragte, welche Leistungen ein Haftpflicht-Vertrag standardmäßig beinhaltet. Befragt wurden repräsentativ 1.000 Bundesbürger mit einer entsprechenden Versicherung.

Nur 46 Prozent der Bürger kennen Standardleistungen einer Privathaftpflicht

Laut der Umfrage wissen nur 46 Prozent der Haftpflichtversicherten, vor welchen Schäden Standardpolicen in der Privathaftpflicht Schutz bieten und vor welchen nicht. Das ist immerhin fast jeder Zweite. Die Studienmacher werten das Wissen der Bürger dennoch als defizitär.

So gehen fälschlicherweise viele Haftpflichtversicherte davon aus, dass Mietsachschäden standardmäßig im Schutz inkludiert sind, berichtet das Analysehaus. Also zum Beispiel, wenn ein Mieter festverbautes Inventar in seiner Mietwohnung beschädigt: Fenster, Dielen oder Sanitäranlagen wie Waschbecken. Zwar gehört diese Leistung mittlerweile tatsächlich zum Standard vieler Verträge – es gibt aber einzelne Versicherer, die bestimmte Arten von Mietsachschäden ausschließen.

„Mitversicherung deliktunfähiger Kinder“ keine Standardleistung

Auch die Mitversicherung deliktunfähiger Kinder ist eine Leistung, die viele Befragte laut Heute und Morgen fälschlicherweise im Standardvertrag vermuten. Der Hintergrund: In der Regel ist eine Privat-Haftpflichtversicherung eine Familienversicherung und kommt damit auch für durch den Nachwuchs verursachte Schäden auf. In Deutschland wird bei Kindern unter 7 Jahren aber angenommen, dass sie für ihr Handeln nicht verantwortlich sind, sie gelten als deliktunfähig. Auch die Eltern haften laut § 832 des bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) nur dann, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben.

Im Straßenverkehr sind Minderjährige gar erst ab dem zehnten Lebensjahr schuldfähig, da sie vorher nicht ausreichend über die notwendigen Fähigkeiten und Fertigkeiten verfügen, die eine sichere, selbstständige Teilnahme im fließenden Straßenverkehr erfordert (§ 828 BGB).

Hier ist der Knackpunkt: Eine Haftpflicht-Police hat auch die Aufgabe, unberechtigte Ansprüche gegenüber dem Versicherungsnehmer zu prüfen und abzuwehren. Können also weder Kind noch Eltern für einen Schaden haftbar gemacht werden, der einer dritten Person durch das Kind entstand, muss auch die Haftpflicht-Versicherung nicht zahlen. Der Geschädigte bleibt im Zweifel auf seinen Schadenskosten sitzen. Es sei denn, die Klausel „Schäden für deliktunfähige Kinder“ ist explizit in den Haftpflicht-Vertrag eingeschlossen. Oft leistet der Versicherer bis zu einer bestimmten Höchstsumme, zum Beispiel 10.000 Euro.

Andere Leistungen, die Haftpflicht-Versicherte standardmäßig in ihrem Vertrag vermuten, sind Schäden an geliehenen, gemieteten oder gepachteten Sachen. Und Gefälligkeitsschäden - also wenn zum Beispiel ein Freund einem anderen Freund beim Umzug hilft und die teure Vase fallen lässt. Oft sind diese Leistungen nur in den teureren Premium-Tarifen inkludiert oder müssen als Baustein hinzugekauft werden. Immer mehr Versicherer gehen aber dazu über, solche Leistungen bis zu einer gewissen Schadenssumme in ihren Standardschutz einzubauen, um sich von der Konkurrenz abzuheben.

Inkludierte Zusatzleistungen offensiv bewerben

Weit verbreitet sei auch der Irrglaube, dass einige Leistungen überhaupt nicht im Rahmen einer Privathaftpflicht versicherbar seien, berichtet Heute und Morgen. Dazu zählen Allmählichkeitsschäden, welche durch die allmähliche Einwirkung von Temperatur oder Wasser entstehen, etwa Schimmel in einer falsch gelüfteten Wohnung. Oder Regresse in der gesetzlichen Sozialversicherung. Auch hier haben manche Anbieter begonnen, Schutz in bestimmtem Umfang zu bieten.

Auch die Möglichkeit zum Schutz vor Internetschäden ist bisher erst wenig bekannt. Und: 58 Prozent der Privat-Haftpflichtversicherten kennen nicht einmal näherungsweise die Höhe der Deckungssumme ihrer eigenen PHV für Sach- und Personenschäden; bei den Vermögensschäden sind dies sogar 81 Prozent.

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„Produktgeber und Vertrieb sollten die Privat-Haftpflichtversicherten offensiv – und zugleich in einfach verständlicher Weise – informieren, welche Risiken in der PHV optional abgesichert werden können und welche Schäden standardmäßig nicht abgedeckt sind“, sagt Michaela Brocke, Geschäftsführerin bei Heute und Morgen. „Nur auf Basis erweiterter Produktkenntnisse können die Versicherungsnehmer ihren Bedarf genauer einschätzen und mögliche Lücken oder Unterdeckungen identifizieren.“ Ein weiterer Vorteil: Beim Vorliegen eines attraktiven Angebotes zeigen sich 60 Prozent der Haftpflichtversicherten laut Studie geneigt, zu einem neuen Anbieter zu wechseln.

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