Dass die Verbraucherschützer das Provisionssystem für Finanzprodukte loswerden wollen, ist nicht neu. Relativ neu sind die inzwischen europaweit geknüpften Netzwerke der Kundenvertreter mit staatlichem Rückhalt, man denke nur an die Institution des Marktwächters Finanzen bei der Verbraucherzentrale Bundesverband, die seit etwa drei Jahren das Marktgeschehen statistisch erfasst und auswertet, um daraus verbesserte Regeln für den privaten Finanzmarkt abzuleiten.

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Kunden fair behandeln

Die Briten sind beim Ausforschen der Finanzmärkte für Verbraucher und deren Schutz weiter, und weit strenger: Bereits 2006 startete die englische Finanzaufsicht ein Programm namens „Treating customers fairly“ (kurz TCF): Kunden fair behandeln. Der Name ist seitdem Programm. Den Finanzfirmen wurden und werden seit 12 Jahren enge Vorgaben gemacht, was sie wie zu tun haben. Seit dieser Zeit wurden und werden alle Maßnahmen rund um das TCF-Programm systematisch ausgewertet und angepasst.

Immerhin nahmen sich die Briten rund sieben Jahre Forschungs- und Überlegungszeit, bevor sie im Jahr 2013 Provisionen für Sparverträge ein für alle Mal verboten, egal ob bei Fonds- oder Policenverkäufern. Ursache dafür waren zum Teil skandalöse Verkaufspraktiken namentlich der Lebensversicherer.

Deren gut 18 Millionen aus Sicht der Aufsicht schlecht beratenen Rentenkunden erlaubte die britische Regierung vor zwei Jahren, ihre eigentlich bis Alter 55 geschlossene „Pension Pots“ (Geldtöpfe, die englische Sparer privat oder deren Arbeitgeber mit Betriebsrente füllen) vorzeitig von den Versicherern abzuziehen, umzusortieren und zu anderen vermeintlich-hoffentlich besseren Versicherern oder Fondshäusern zu bringen.

Versicherer mussten draußen bleiben – bei ihren eigenen 18 Millionen Kunden

Die Besonderheit: Den Lebensversicherern wurde es sogar verboten, ihre eigenen Kunden (18 Millionen an der Zahl!) zu den Pension-Pots-Wechseln zu beraten. Stattdessen organisierten diesen Finanzrat im staatlichen Auftrag die englischen Verbraucherschützer, die wiederum von den Versicherern in Form einer millionenschweren Umlage bezahlt wurden. Diese rigide Maßnahme gegen die Lebensversicherer macht in etwa klar, warum die Briten im Jahr 2013 ein Provisionsverbot einführten. Deren Finanzaufsicht traut den Versicherern nicht mehr.

Das Problem auf der Insel war in den vergangenen gut vier Jahren, dass sich nur noch vermögende Kunden einen Honorarberater leisten konnten. Letztere konzentrierten sich fortan an Menschen mit Vermögen von 50.000 Britischen Pfund (knapp 60.000 Euro) aufwärts. Deswegen entwickelten vor allem die englischen Fondshäuser Musterdepots, recht streng und möglichst anschaulich präsentiert, die die Kunden in Form der Selbstberatung online kaufen konnten; heute kennt man das von Robo-Advisors.

Vorbild für Deutschland?

Dennoch ermittelte die englische Finanzaufsicht FSA inzwischen in weiteren Marktstudien einen ungedeckten Beratungsbedarf im britischen Finanzvolk. Also wurde die Bezahlbarkeit und Erreichbarkeit eines Finanzrats verbessert und die Kunden können sich die Beratungshonorare nun etwa über ihren Chef finanzieren lassen, der seine Kosten dafür von der Steuer ansetzen kann.

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Oder die Kunden bezahlen das Geld für den Honorarberater, indem sie ausnahmsweise hierfür Geld aus ihrem Rententopf nehmen dürfen. Die Verbraucherzentrale Bundesverband stützt sich in ihrer aktuellen Pressepost auf die neuesten Ergebnisse, die die britische Finanzaufsicht am 11. April vorgelegt hat mit dem Plazet: Gut beraten geht auch ohne Provision, sagen die Briten.

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