Repräsentativ ist die Umfrage nicht. Die beteiligten Apotheken bilden gerade einmal sechs Prozent der Krankenhaus-Versorgung mit rund 30.000 Betten ab, wie die Süddeutsche Zeitung berichtet. Und doch sind Gesundheitsexperten alarmiert. Die Studie belege, dass die Versorgung mit wichtigen Medikamenten weit lückenhafter ist, als das bisher vermutet wurde, kommentiert die AOK.

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Operationen müssen verschoben werden, mehr Antibiotika verabreicht

Denn ein Mangel von Medikamenten kann für die Patienten bittere Konsequenzen haben. Operationen müssen verschoben werden, wenn die notwendige Medizin nicht lieferbar ist. Oder der Erkrankte muss vorübergehend Antibiotika schlucken statt das passende Medikament zu erhalten, was die Bildung resistenter Keime befördern kann. Vor allem an Krebsmedikamenten und Reserveantibiotika mangle es, so das Ergebnis der Studie.

Kein kleines Problem: Jedes Jahr sterben tausende Patienten im Krankenhaus aufgrund multiresistenter Keime, weil die Antibiotika nicht mehr wirkt. Ein Grund hierfür ist die Tatsache, dass viele Patienten zu oft mit entsprechender Medizin behandelt werden. Als weitere Gründe werden die Verabreichung von Antibiotika in der Massentierhaltung sowie fehlende Krankenhaus-Hygiene genannt.

Wie hoch die Sterbesrate aufgrund multiresistenter Keime ist, wird von Experten unterschiedlich eingeschätzt. Das Nationale Referenzzentrum (NRZ) an der Berliner Charité geht von maximal 6000 Todesfällen pro Jahr aus. Die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) setzt die Zahl der jährlichen Todesfälle bei bis zu 30.000 an.

„Nicht haltbare Zustände“

Im Sinne der Patienten mahnte SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach Verbesserungen bei der Medikamenten-Versorgung der Krankenhäuser an. "Das sind nicht haltbare Zustände", sagte Lauterbach. Ähnlich äußerte sich Rudolf Bernhard vom Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker. „Es fehlen für die klinische Versorgung wichtigste Arzneimittel, es wird von den Verantwortlichen nicht transparent gemacht und das Ganze hat keinerlei Konsequenz für die Hersteller“, wird Bernhard von der Chemnitzer „Freien Presse“ zitiert.

Doch warum diese Lieferprobleme? Eine Antwort lässt sich nicht so leicht finden. Trotz Digitalisierung: Wird ein Medikament nicht geliefert, bleibt unklar, woran das genau liegt. Und die Medizinkonzerne sind zu keiner Rechenschaft verpflichtet. Katrin Oertelmann, Leiterin der Zentralapotheke des Chemnitzer Klinikums, vermutet den Preisdruck der Hersteller als mögliche Ursache. Der "Freien Presse" sagte sie: "Die Firmen in Europa wollen die Wirkstoffe immer günstiger einkaufen. Oft versorgt ein Hersteller in Indien oder China die ganze Welt. Havarien haben dann gravierende Folgen".

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Von einem "Tal der Ahnungslosen" spricht folglich auch Christopher Hermann, Vorstandschef der AOK Baden-Württemberg. Er fordert eine gesetzliche Meldepflicht für Medikamenten-Engpässe, so dass Pharma-Firmen ihre Lagerbestände an das zuständige Bundesinstitut melden sollen. Eine entsprechende Regelung sei auch im geplanten Arzneimittelgesetz der Bundesregierung vorgesehen, berichtet die Süddeutsche. Nur Sanktionen müssen die Pharma-Hersteller auch mit dem neuen Gesetz nicht fürchten, wenn es zu Lieferengpässen kommt.

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