Sprechen wir über das Jahr 2005. Seitdem, seit dem Alterseinkünftegesetz, gilt für Lebensversicherungen, dass deren Kapitalertrag zur Hälfte besteuert wird, wenn der Vertrag mindestens 12 Jahre bestand und nicht vor Alter 60 (ab 2012 gilt 62) des Versicherten ausgezahlt wird. Der Kapitalertrag rechnet sich so: Kapitalauszahlung minus eingezahlte Beiträge ist gleich Kapitalertrag.

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Diesen muss der Sparer zur Hälfte versteuern. Das klingt doch nach halber Steuer, oder? Mitnichten. Nehmen wir einen ledigen Mann, über 60 Jahre alt und Angestellter. Dieser Steuerbürger hat bei 30.000 Euro zu versteuerndem Einkommen einen Steuersatz von 18 Prozent oder gut 5.400 Euro Steuerlast. 2005 hat er eine Erbschaft von 200.000 Euro in eine Kapitalversicherung gesteckt, die mit etwas über drei Prozent rentiert hat und nun mit 300.000 Euro Wert ausgezahlt wird.

Progression macht Kapitalwahl teuer

Angenommen wird also ein Kapitalertrag von 100.000 Euro. Davon muss der Anleger (nach 12 Jahren und älter als 60 Jahre) die Hälfte versteuern: 50.000 Euro. Hinzu kommt in diesem Jahr sein steuerpflichtiges Arbeitseinkommen von 30.000 Euro. Macht 80.000 gesamt, darauf werden etwas mehr als 25.000 Euro Steuern fällig (nachrechnen hier).

Jetzt ist der persönliche Steuersatz unseres Mustersparers auf 31 Prozent gestiegen. Wegen der Progression im Steuertarif: mit steigendem Einkommen steigt auch der Steuersatz, wenn man einmal Groß- und Kleinverdiener außer Acht lässt.

Vergleicht man nun die oben genannten Steuerbeträge einmal mit (5.400 Euro) und einmal ohne (25.000 Euro) Kapitalauszahlung der LV-Police, dann kommt ein Unterschiedsbetrag von 19.600 Euro heraus. Das entspricht 39 Prozent Steuer auf die steuerpflichtigen 50.000 Euro der vom Versicherer kassierten Kapitalauszahlung. Zum Trost: Rechnet man die anderen steuerfreien 50.000 Euro des Kapitalertrags ein, dann sinkt die Steuerpflicht auf knapp 20 Prozent.

Um die Ecke denken und rechnen

Zugegeben, die oben angegebenen Berechnungen erfordern etwa von Normalmenschen etwas Zahlenverständnis und den geübten Umgang mit einem Taschenrechner, damit man die Steuereffekte versteht. Damit es noch komplizierter wird und weil es Gesetz ist, müssen Versicherer, die Kapitalzahlungen abrechnen, anders als oben angegeben vorgehen.

Sie ziehen von gesamten Kapitalertrag (unser Beispiel sind weiter 100.000 Euro) erst einmal 26,375 Prozent oder in Geld 26.375 Euro Abgeltungsteuer ab. Und zahlt 73.625 Euro aus dem Kapitalertrag aus (plus 200.000 eingezahlte Beiträge, klar).

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Der Kunde erhält also zunächst weniger Geld, außerdem eine Bescheinigung für das Finanzamt, die an die Anlage KAP der Steuererklärung gehängt wird. Dort wird dann die Steuerschuld unseres Herrn Mustermann berechnet: das sind wie eingangs vorgerechnet rund 25.000 Euro. 26.375 Euro hat der Versicherer zuvor an der Quelle einbehalten. Also erstattet das Amt dem Anleger noch rund 1.375 Euro. Das ist kompliziert. Aber so steht es in den Steuergesetzen geschrieben.

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