Ein angestellter Normalverdiener hatte eine Riester-Police. Nach einer Beratung durch die AFA AG, Cottbus, früher bekannt als Vermittler der in Schieflage befindlichen Prisma Life (der Versicherungsbote berichtete), hatte der Kunde eine Privatrente. 40 Jahre Laufzeit, 50 Euro Beitrag pro Monat ergeben eine Beitragssumme von 24.000 Euro. Der Vertrags mit der Barmenia ist ohne Abschlusskosten berechnet.

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Allerdings zahlt der Kunde der AFA eine vertraglich vereinbarte Vergütung für die Vermittlerdienste der AFA: 1.380 Euro. Das entspricht sechs Prozent – 60 Promille – der Beitragssumme, nach der sich branchenbekanntlich der Lohn des Vermittlers richtet. Das Vertragswerk ist so konstruiert, dass der Kunde im vorliegenden Fall 60 Monate lang 23,01 Euro an die AFA abstottert.

23,01 Euro

Für die ersten fünf Vertragsjahre, bis die AFA bezahlt ist, senkt die Barmenia passend den Beitrag auf 26,99 Euro, so steht es auch im Angebot des Unternehmens.

+ 26,99 Euro

= 50,00 Euro

Passt: 23,01 + 26,99 macht in Summe 50 Euro, die der Kunde in den ersten fünf Vertragsjahren an AFA und Barmenia bezahlt. Ab dem sechsten Jahr ist der Kunde bei der AFA schuldenfrei und sein Barmenia-Beitrag steigt auf glatte 50 Euro. In Gänze betrachtet, ist die Kombination aus Nettopolice (abschlusskostenfrei) und Vergütungsvereinbarung mit der AFA aus Kundensicht nichts anderes als eine Rentenpolice, die 60 Promille kostet.

Erhöhte Verwaltungskosten für die ersten fünf Jahre

Die dem Kunden gestundete, ratierlich abzustotternde Vergütung erkauft sich der Kunde, mit erhöhten Verwaltungskosten seiner Police. In den ersten fünf Jahren: 134,45 Euro pro Jahr. Das entspricht 22 Prozent seines Jahresbeitrags von 600 Euro. Ab dem sechsten Jahr sinken diese Kosten auf 96 Euro pro Jahr oder 16 Prozent des Beitrags. Die entsprechende Passage im Barmenia-Papierkonvolut aus mehr als 40 Seiten ist als Fließtext gestaltet:

Kleinlein: Nur deswegen kein Wucher, weil hier der Paragraf fehlt

Axel Kleinlein sagt zu dem AFA-Barmenia-Modell gegenüber dem Versicherungsboten: "60 Promille Kosten übersteigen jedes erträgliche Maß und halte ich für illegitim. Wir beim BdV sehen seit dem LVRG 25 Promille als Obergrenze. 60 Promille Kosten sind nur deshalb kein Wucher, weil es für Versicherungen keinen Wucherparagrafen gibt." 60 Promille Kosten für eine Lebensversicherung wären bis zum Jahr 2008 schlicht verboten gewesen.

Bis vor knapp neun Jahren galt das Rundschreiben 5/95 der Versicherungsaufsicht (heute BaFin), das Abschlusskosten Leben auf 40 Promille begrenzte. Im Februar hob die BaFin dieses Schreiben auf und der Provisionsdeckel verschwand. Begründung: Mit dem im Jahr 2008 reformierten Versicherungsvertragsgesetz und der dazugehörigen Informationsverordnung werde seitdem „eine höhere Transparenz und Vergleichbarkeit der vielfältigen Produkte untereinander gewährleistet wird.“ Schließlich, so die BaFin, müssen die Lebensversicherer seit 2008 „detaillierte Angaben zu (...) Vertriebs und Abschlusskosten machen“.

Das sagt die Barmenia

Die Barmenia sagte dem Versicherungsboten auf Anfrage: „Wie uns die AFA mitteilte, sind die von Ihnen genannten sechs Prozent nicht richtig, weil unseres Wissens im kompletten Vergütungsanspruch der AFA bedingungsgemäße Dynamiken und Zuzahlungen des Kunden kostenfrei enthalten sind. Werden diese mit eingerechnet, liegt - unter Berücksichtigung der möglichen Bewertungssumme - nach unseren Kenntnissen die Vergütungshöhe unter drei Prozent.“ Für detailliertere Informationen bittet der Sprecher der Barmenia, sich an die AFA zu wenden.

Eine Anfrage an die AFA hat der Versicherungsbote zeitgleich verschickt, bisher ohne inhaltliche Antwort. Zu den Angaben der Barmenia hier noch einmal die Zahlen des Kunden zum nachrechnen:

Beitrag: 50 Euro/Monat
Dauer: 40 Jahre
Beitragssumme: 24.000 Euro
Vergütung AFA: 1.380 Euro

1.380 / 24.000 = 6 Prozent

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Mit (ungewissen) Zuzahlungen und Dynamiken kommt die Barmenia auf Kosten von „unter drei Prozent“. Das ist korrekt: Wenn der Kunde neben der feststehenden Beitragssumme von 24.000 Euro weiter 24.000 Euro einzahlte zum Beispiel, dann halbierten sich seine Kosten. Theoretisch. Tatsächlich sicher sind heute schon 60 Promille Kosten des Kunden. Der bettreffende Kunde ist übrigens ein unterdurchschnittlich verdienender Angestellter mit 1.300 Euro netto.

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