Am Dienstag entscheidet der Bundesgerichtshof (BGH) in zwei Verfahren, ob Bausparkassen-Einlagen im engeren juristischen Sinne als Kredite anzusehen sind, die sie bei ihren Kunden, den Bausparern, vorzeitig kündigen und tilgen dürfen. Die Kassen haben nämlich ein Zinsproblem. Sie nehmen am Kapitalmarkt weniger Zins als Ertrag ein als sie einem Großteil ihrer Sparer schulden. In einem Fall geht vor dem BGH am Dienstag um Habenzinsen in Höhe von fünf Prozent per annum, die der Sparer derzeit kassiert. Diese teure Zinsschere wollen die Kassen schließen, indem sie sich schnellstmöglich im Wege einer Sonderkündigung von alten Bausparverträgen mit hohen Habenzinsen trennen.

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Sind Bausparkassen Darlehensnehmer?

Um ihre treuen, teuren Kunden loszuwerden, bedienen sich die Juristen der Bausparkassen des Bürgerlichen Gesetzbuches und dem eigentlich für Verbraucher vorgesehenen Paragrafen 489 BGB. Der ermöglicht es Kreditschuldnern unter anderem, ein Darlehen spätestens nach zehn Jahren mit sechs Monaten Frist kündigen zu können. Allerdings steht im Gesetzestext das Wort „Darlehensnehmer“. Ob die Bausparkassen als Einlage-Institut als Darlehensnehmer im Sinne des Gesetzes anzusehen, das wird die Kernfrage sein, die am Dienstag der BGH zu beantworten hat.

Sollte der BGH die Bausparkassen nicht als Darlehensnehmer anerkennen, dann bietet sich, wie in einem Verfahren vor dem höchsten deutschen Gericht angeführt, ein weiteres Argumentär. Der Paragraf 314 BGB, die Kündigung des Bausparers „aus wichtigem Grund“. Wenn (hier der Bausparkasse) „ ... unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung (...) nicht zugemutet werden kann". Kurz gesagt könnte man sagen, die Kasse werde durch den Dauerniedrigzins unangemessen benachteiligt. Umgekehrt können die Kunden argumentieren: Pacta sunt servanda. Verträge sind einzuhalten. Das Wort hat der Bundesgerichtshof (Az.: XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16).

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