Versicherungsbote: Herr Benzing, für wie sinnvoll halten Sie die gesetzlichen Maßnahmen zur Stärkung der Pflege?

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Harald Benzing: Die Reform bringt viele hilfreiche Verbesserungen für Pflegebedürftige und deren Angehörige: Statt drei Pflegestufen gibt es fünf Pflegegrade, zudem ein neues Begutachtungsverfahren: Körperliche, geistige und psychische Ursachen der Pflegebedürftigkeit werden nun gleich bewertet. Dadurch haben alle Betroffenen den gleichen Zugang zu Pflegeleistungen.

Macht die Reform mit den besseren Leistungen eine zusätzliche private Pflegevorsorge überflüssig?

Nein. Die Pflegekasse oder die private Pflegepflichtversicherung deckt weiterhin in den meisten Fällen nur etwa die Hälfte der Kosten. Daran ändern auch die ab jetzt geltenden erweiterten Leistungen nichts. Ein Platz im Pflegeheim kostet im Bundesdurchschnitt je nach Pflegegrad zwischen 30.000 und 42.000 Euro im Jahr. Wenn Rente, Ersparnisse oder Vermögen dafür nicht ausreichen, springt zunächst das Sozialamt ein. Rund 40 Prozent der Pflegeheim-Bewohner sind auf Sozialhilfe angewiesen. Aber das Sozialamt nimmt nicht selten die Kinder in die Unterhaltspflicht und lässt ihnen nur ein Schonvermögen. Kurz gesagt: Kinder haften für ihre Eltern. Wer das vermeiden will, kommt nicht umhin, sich zusätzlich privat abzusichern.

Aber es gibt doch den staatlich geförderten „Pflege-Bahr“…

Der ist ein guter Grundbaustein und eine sinnvolle Ergänzung der Leistungen aus der Pflegepflichtversicherung. In den meisten Fällen reicht er alleine aber nicht aus. Das Thema gehört zu einer ganzheitlichen Beratung.

Welche Fakten zur Pflege sollten Makler kennen?

Statistisch gesehen werden zwei Drittel der Frauen und die Hälfte der Männer im Laufe ihres Lebens zum Pflegefall. Und schon heute ist jeder Dritte über 80 Jahre pflegebedürftig. Derzeit benötigen in Deutschland über 2,7 Millionen Menschen Pflege. Im Jahr 2030 werden es voraussichtlich über 3,4 und 2050 über 4,5 Millionen sein. Obwohl die Angst, ein Pflegefall zu werden, eine der größten Sorgen der Deutschen ist, haben bis heute nur etwa vier Prozent der Pflegepflichtversicherten eine private Zusatzvorsorge. Dabei wünschen sich 70 Prozent der Menschen eine gute und liebevolle Pflege zu Hause – so lange wie möglich. Deshalb haben wir bei unseren neuen Tarifen die Leistungen für Pflege zu Hause gestärkt.

Wer springt für die Pflege ein?

Warum sollte das nicht in den meisten Familien die Lösung sein?

Wer damit rechnet, zu Hause von Angehörigen gepflegt zu werden, sollte sich zwei Fragen beantworten. Erstens: Kann mich mein Ehepartner pflegen? Wir haben in Deutschland 40 Prozent Single-Haushalte. Zweitens: Können es meine Kinder? Die Geburtenrate liegt derzeit bei 1,39 Kindern pro Frau. Die Kinder wohnen oft weit weg und könnten ihr Leben nicht von heute auf morgen von Erwerbsarbeit auf Pflege umstellen. Selbst wenn eine häusliche Pflege möglich ist, zahlt die gesetzliche Pflegeversicherung für eine selbst beschaffte Hilfe monatlich nur zwischen 316 und 901 Euro Pflegegeld – je nach Pflegegrad. Das reicht nicht für eine angemessene Betreuung.

Welche Argumente für private Vorsorge sollten Makler ihren Kunden plausibel machen?

Je älter wir werden, desto wahrscheinlicher tritt ein Pflegefall ein. Aus aktuellen Umfragen wissen wir, dass wir alle etwa sieben Jahre älter werden, als wir glauben. Grundsätzlich sollte man allen raten, sich bereits in jungen Jahren für einen Pflegefall abzusichern. Denn zum Pflegefall kann man auch in jüngeren Jahren werden, etwa durch einen Sportunfall.

Auch die jetzt erhöhten Pflegeleistungen machen den privaten Finanzierungsbedarf nicht kleiner. Gerade im Pflegefall brauchen die Betroffenen Unterstützung von Experten. Wir bieten deshalb in unseren Produkten auch eine individuelle Pflegeberatung an. Eine qualifizierte Pflege sollte nicht Einkommen, Vermögen und Wohneigentum aufzehren, das Erbe abschmelzen und zudem die Angehörigen an den Kosten beteiligen. Jeder sollte rechtzeitig für seine Zukunft vorsorgen, auch zum Schutz seiner Angehörigen. Auch ein beeinträchtigtes Leben kann schön sein.

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Hintergrund: Die beiden privaten Krankenversicherer Bayerische Beamtenkrankenkasse AG und UKV - Union Krankenversicherung AG gehören zum Konzern Versicherungskammer Bayern. Zusammen sind sie nach der Zahl der Versicherten (über drei Millionen) auf Platz 3 unter den privaten Krankenversicherern in Deutschland. In der Krankenzusatz- und in der privaten Pflegezusatzversicherung sind sie der zweitgrößte private Versicherer; bei geförderten Pflegezusatzversicherungen sind sie mit einem Marktanteil von 21,5 Prozent sogar Marktführer. Quelle: PKV-Verband, 22.04.2016