Wird der Referentenentwurf zur EU-Vertriebsrichtlinie in seiner jetzigen Form umgesetzt, könnte sich die Altersarmut in Deutschland noch verschärfen. Zu diesem Fazit kommt Matthias Beenken, Wirtschaftsjournalist und Professor für Versicherungswirtschaft an der Fachhochschule Dortmund anlässlich einer Studie, die er für das Analysehaus Assekurata durchgeführt hat. Über die Untersuchung berichtet das Versicherungsjournal am Donnerstag.

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Bevorzugung der Honorarberatung würde Angebot an privater Altersvorsorge verknappen

Hintergrund der pessimistischen Einschätzung ist die Tatsache, dass laut IDD-Gesetz die Honorarberatung gegenüber der Vermittlung gegen Provision bevorteilt werden soll. So ist es laut Referentenentwurf zukünftig nur dem neu zu schaffenden Berufszweig des Honorar-Versicherungsberaters erlaubt, tatsächlich ein Honorar vom Privatkunden zu beziehen. Alle anderen Vermittler sollen sich ausschließlich von den Versicherern bezahlen lassen, also den Anbietern der Altersvorsorge-Produkte. Das Honorarverbot gilt auch für Makler, obwohl sie als „Sachverwalter des Kunden“ definiert sind.

Eine einseitige Bevorzugung des Honorarberaters würde der Studie zufolge das Angebot an Altersvorsorge in Deutschland verknappen. „So wie der Referentenentwurf zur IDD-Umsetzung ausgestaltet ist, müssten die Makler zwangsläufig Honorarberater werden, wollten sie nicht auf einen Teil ihrer Kunden verzichten“, zitiert das Versicherungsjournal Studienautor Beenken. Regulatorische Maßnahmen könnten diese Situation weiter verschärfen. Ein Provisionsverbot etwa würde laut Studie die Zahl der hauptberuflichen Vermittler innerhalb von vier Jahren auf rund 95.000 halbieren.

Honorarberatung wenig etabliert

Hintergrund dieser Einschätzungen ist, dass in Deutschland das Absicherungsniveau der gesetzlichen Rentenversicherung laut Beenken geringer ausfällt als im Vergleich zu den Niederlanden und Großbritannien. Umso wichtiger ist eine kompetente Beratung zur privaten Altersvorsorge, um die Lücke zu füllen.

Hier hätten sich in Deutschland Provisionsmodelle etabliert, während im Gegenzug die Bereitschaft, für Beratung ein Honorar zu zahlen, bei den Kunden gering ausgeprägt sei. Das zeigt sich bereits an der geringen Zahl der Honorar-Finanzanlagenvermittler nach §34h: magere 130 derartige Vermittler waren im Oktober 2016 deutschlandweit aktiv.

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Assekurata fragte in allen drei Staaten auch die Verbraucher, wie hoch sie die Kosten für eine Stunde Honorarberatung einschätzen. In Deutschland weicht der vermutete Preis stark von dem üblichen Honorarniveau ab, gibt laut Versicherungsjournal Max Kruse zu bedenken, Studienautor und Geschäftsführer bei Assekurata Solutions. Kostet eine Stunde Honorarberatung in Deutschland rund 150 Euro, würden Geringverdiener rund 32 Euro dafür zahlen wollen, Verbraucher mit mittlerem Einkommen knapp 49 Euro und Besserverdiener etwas mehr als 57 Euro. Selbst die staatlich subventionierte Beratung der Verbraucherzentralen liege im Preis deutlich darüber. Vor diesem Hintergrund halten es die Autoren "für ein schwieriges Unterfangen, die Honorarberatung auf dem deutschen Markt zu verbreiten".

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