Die Bundesregierung will mit einem Betriebsrentenstärkungsgesetz dafür sorgen, dass mehr Menschen ihr Geld in die betriebliche Altersvorsorge stecken. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) übt nun scharfe Kritik am Referentenentwurf für das neue Regelwerk. Das Gesetz sei nicht geeignet, den Verbrauchern gute und transparente Produkte zu gewährleisten, wie der Dachverband der Verbraucherzentralen in einer Stellungnahme argumentiert.

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Gesetz verzichtet auf Mindestmaßstäbe für Produktqualität

Der Gesetzentwurf sehe zwar eine Stärkung der Tarifparteien vor, insbesondere der Gewerkschaften, argumentiert der Verbraucherverband. Aber auf Mindestmaßstäbe für die Produktqualität würde das Gesetz völlig verzichten. Die Bundesregierung müsse mehr dafür tun, dass die Altersvorsorge-Angebote einfach und kostengünstig seien.

„Wenn Verbraucher zusätzlich fürs Alters vorsorgen sollen, müssen wirksame Maßnahmen zur Verbesserung der Produktqualität ergriffen werden“, fordert Klaus Müller, Vorstand des VZBV. „Der Staat muss sicherstellen, dass Verbraucher ihr Geld in gute und passende Produkte investieren“, so Müller. Man wisse aus der eigenen Beratungspraxis der Verbraucherzentralen, dass sowohl bei den Riester- als auch Betriebsrenten die Produktqualität nicht stimme.

Die Produktqualität solle über ein „staatlich organisiertes Non-Profit-Produkt“ abgesichert werden, argumentiert Müller weiter. Das Produkt sollte laut VZBV „einfach und kostengünstig sein“ und eine „eher passive und breit diversifizierte Anlagestrategie verfolgen“. Wie diese in Zeiten niedriger Zinsen aussehen soll oder kann, verrät der Verband nicht.

Arbeitgeber suchen Produkte aus

Ein weiteres Problem aus Sicht der Verbraucherzentralen: In der betrieblichen Altersvorsorge suche bisher der Arbeitgeber für die Arbeitnehmerin oder den Arbeitnehmer ein Produkt aus und ist statt des Arbeitnehmers auch Vertragspartner. Wechselt der Verbraucher seinen Arbeitgeber, könne er etwa das Guthaben auf einen Vertrag bei neuen Arbeitgeber übertragen. Er verliere jedoch seine alten Vertragskonditionen und gegebenenfalls auch einen vereinbarten Risikoschutz, wie eine Berufsunfähigkeitsabsicherung. „Wäre ein Arbeitnehmer jedoch unmittelbarer Vertragspartner, könnte er einfach seinen Vertrag zum neuen Arbeitgeber mitnehmen“, gibt der VZBV zu bedenken. „Dieses System habe sich bereits bei Bausparverträgen mit vermögenswirksamen Leistungen bewährt.“

Gesetzliche Rente durch Sozialabgabefreiheit in der bAV geschwächt

Der VZBV sieht bei der betrieblichen Altersvorsorge auch erhebliche Probleme in der Sozialabgabenfreiheit. „Die Ersparnis in der Einzahlungsphase bringt Arbeitnehmern Nachteile und begünstigt die Arbeitgeber“, so Müller. Denn die Abgabenfreiheit führe zu geringeren Ansprüchen in der gesetzlichen Rentenversicherung, zu einem Verlust an Ansprüchen für die gesetzliche Erwerbsminderungsrente, zu verminderten Ansprüchen auf Krankengeld aus der gesetzlichen Krankenversicherung und zu geringeren Ansprüchen bei Arbeitslosigkeit.

Der Verband rechnet vor: Hätte ein Arbeitnehmer in den letzten 30 Jahren monatlich 100 Euro sozialabgabenfrei gespart, so würde das für seinen Anspruch an gesetzlicher Rentenversicherung 41 Euro weniger bedeuten. „Es ergibt keinen Sinn, die kapitalgedeckte Altersvorsorge auf Kosten der gesetzlichen Rente zu schwächen“, so Müller.

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Garantierte Aufbauleistung niedriger als Summe der eingezahlten Beiträge

Mehr Transparenz bei den Betriebsrenten hatte jüngst auch Vorsorgeexperte Norbert Müller von Finanzdienstleister Premium BAV in Schwetzingen gefordert. "Uns liegen etliche Versicherungs-bAV-Verträge zum Beispiel aus dem Jahr 2014 vor, bei denen die garantierte Ablaufleistung niedriger ist als die Summe der einbezahlten Beiträge", sagte Müller im Interview mit dem Versicherungsboten. "Und das bei Laufzeiten von deutlich über 25 Jahren! Betrachtet man dann noch die Nettoauszahlungen aus vielen bAV-Verträgen nach Kosten, Steuer und Krankenversicherungsbetrag im Vergleich zu den Einzahlungen, hat man jetzt meistens schon ein negatives Ergebnis."

vzbv

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