Versicherungsbote: Der Preiskampf bei Kfz-Versicherungen scheint vorbei. Warum haben sich die Versicherer im Bereich der Autoversicherung über Jahre dem Wettbewerb über den Preis ausgeliefert?

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Wolfgang Schütz: Als Verbraucherportal schauen wir aus Kundensicht auf die Entwicklung. Für Autofahrer ist ein Preiswettbewerb gut. Insofern haben sich die Versicherer auch nicht ausgeliefert: Wettbewerb in einem transparenten Markt sollte doch der Normalfall sein.

Natürlich findet Wettbewerb auch über Leistungen statt. Und da sorgen Versicherungsvergleiche ebenfalls für mehr Transparenz.

Welche Rolle spielt dabei das Internet beziehungsweise Vergleichsrechner?

Internetnutzer können in einem Vergleichsrechner schnell einen Überblick über große Teile des Marktes gewinnen – darunter über viele günstige Direktversicherer. Sie können selbstständig solche Tarifleistungen auswählen, die ihnen wichtig sind. Diese Transparenz hat das Kundenverhalten geprägt.

Drei Viertel der Autofahrer, die eine Kfz-Versicherung abschließen – ob in der Wechselsaison oder außerhalb –, informieren sich heute vorher im Internet. Die wichtigste Quelle sind dabei Vergleichsrechner laut einer Studie des Marktforschungsinstituts Heute und Morgen (2016).

Die Kunden sind immer besser informiert. Diese Entwicklung kann niemand aufhalten, vielmehr sollten alle die Herausforderung annehmen. Und diese Herausforderung lautet für Versicherer, Vermittler vor Ort und Vergleichsportale gleichermaßen: den Kunden immer besser nach seinen Bedürfnissen individuell zu beraten.

Was hat sich generell im Geschäft mit Autoversicherungen in den vergangenen Jahren geändert?

Die Versicherer verbessern viele Leistungen: Der Schutz bei grober Fahrlässigkeit wird immer mehr Standard, die Versicherer zahlen bei Totalschäden immer länger den Neupreis oder Kaufpreis, die Versicherungssummen für Zubehör oder Folgeschäden bei Marderbiss steigen. Der Preiswettbewerb macht die Tarife also nicht schlechter.

Ein weiterer Punkt: Vor einigen Jahren wollten große Anbieter den Abschied vom 1. Januar als Ablauf der Versicherung einläuten. Damit würde der einheitliche Termin für den Versicherungswechsel entfallen. Die Entwicklung hat sich noch nicht durchgesetzt – zum Glück, denn sie behindert den Wettbewerb. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass Versicherer auf Fachtagungen die Abkehr vom einheitlichen Wechseltermin unter anderem mit den höheren Preisen im Jahresverlauf begründen. Das ist aus Verbrauchersicht natürlich kritisch. Dahinter steht, dass Kunden in teureren Verträgen bleiben sollen.

Wie hat sich die Zahl der Abschlüsse über Ihr Portal entwickelt?

Wir werden 2016 Versicherungsverträge im sechsstelligen Bereich vermitteln.

Im Schnitt dürften die Beiträge in Haftpflicht und Vollkasko Anfang 2017 in der Branche um etwa drei Prozent steigen, sagte Hannover-Rück-Vorstand Michael Pickel bei einem Branchentreffen. Welche prozentuale Beitragsentwicklung können Sie ausmachen?

Die Preise für Versicherungswechsler entwickeln sich uneinheitlich. Während die günstigsten Tarife mit Vollkasko zwei Prozent günstiger werden, legen die Top-Angebote mit reinem Haftpflichtschutz um zwei Prozent zu. Das zeigen Zahlen des Kfz-Versicherungsindex, den Verivox zusammen mit dem Statistikprofessor Wolfgang Bischof von der Hochschule Rosenheim entwickelt hat.

Dabei haben wir Tarife für einen Versicherungswechsel zum 1. Januar 2017 ausgewertet und sie mit den Zahlen vom 1. Januar 2016 verglichen. Die Preise im Bestand, also bei den Versicherten, die ihrem Anbieter treu bleiben, können sich natürlich anders entwickeln.

Übrigens lohnt es sich auch für Autokäufer, die Versicherungspolice noch einmal auf den Prüfstand zu stellen. Erfahrungsgemäß locken Versicherer im November mit Kampfpreisen, die unter den Preisen im Jahresverlauf liegen.

Welche Rolle werden Ihrer Meinung nach Telematik-Lösungen in Zukunft spielen?

Ich verfolge die Entwicklung gespannt, aber ich zweifle noch, ob sich die Telematik-Tarife durchsetzen.

Modellrechnungen zeigen, dass einige Telematik-Tarife selbst mit der höchstmöglichen Ersparnis noch über den besten ‚normalen‘ Tarifen liegen. Andererseits sind – je nach Versicherer und Kunde – auch unschlagbar günstige Preise möglich.

Versicherer vergeben heute bis zu 40 Prozent Rabatt für vorsichtige Fahrweise. Woher können diese Rabatte kommen? Eine Möglichkeit: die Telematik könnte zur vorsichtigen Fahrweise erziehen. Eine andere: die unvorsichtigen Fahrer müssten deutlich mehr zahlen als bisher. Zumindest die zweite Variante wird heute weitgehend nicht umgesetzt. Ich vermute deshalb, dass die Versicherer auf lange Sicht die Rabatte wieder zurückschrauben und das macht die Verbreitung der Telematik-Tarife noch schwerer.

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Danke für das Interview!