Es war schon sehr imposant. Parkplätze voller (großer ) Autos, überbuchte Hotels und tausende Besucher rückten in das westfälische Dortmund ein. Anlass war nicht ein Spiel das ansässigen Fußball-Kultvereins, obwohl dieser dann auch noch ein Spiel hatte. Gelb-Schwarz traf auf Rot-Weiß. Fast wie das ortsübliche Fastfood-Traditionsessen.

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Die bbg Betriebsberatungs GmbH hatte zum zwanzigsten Mal zur Deckungskonzept-Messe (DKM) eingeladen. 1995 war die Premiere noch in Bayreuth. Vier Jahre Später zog man in die Westfalenhallen in Dortmund um. Eine breitere Plattform für Meinungs- und Erfahrungsaustausch war gefunden. Seitdem ist die letzte Oktoberwoche ein fester Termin im Vertriebskalender geworden.

Lag der Fokus der DKM in den ersten Jahren stärker auf speziellen Angeboten für Makler sowie Deckungskonzepten, entwickelte sich die selbsternannte Leitmesse immer mehr zu einer Image- und Nabelschau der Branche. Die Kritik an der Art und Weise des Werbens der Versicherer mit allen Mitteln um Vermittler und mehr Umsatz wurde immer lauter.

Viel Gigantismus - aber auch Inhalte und Neuheiten

Im Laufe der Jahre wurden die „Messestände“ vor allem der großen Versicherer immer gigantischer. Investitionen im sechsstelligen Bereich für Stand und Standfläche wurden nicht nur für die bbg ein attraktives Geschäftsmodell. Karawanen von Messebauern partizipieren jedes Jahr von den immensen Marketingausgaben.

Der @AssekuranzDoc

Der @AssekuranzDoc

Dr. Peter Schmidt ist Experte Personenversicherungen und Unternehmensberater im Bereich Versicherungen, Vertriebe und Makler mit langjähriger Erfahrung als Führungskraft und Vorstand bei deutschen Versicherern und twittert als @AssekuranzDoc.

Mancher Hauptverantwortliche für die Messestände scheint vom Ehrgeiz getrieben, die erreichte oder gewünschte Marktpositionierung auch mit einem gigantischen Messestand mit enormer Ausstellungsfläche und inzwischen auch mehreren Etagen darstellen zu wollen. Doch damit nicht genug. Inzwischen ist auch die modernste Präsentationstechnik eingezogen.

Über dem Messestand des Marktführers thronte eine Mega-Bildwand, die manchem Multiplexkino den Rang ablaufen würde. Dazu auf den Beraterplätzen des Messestandes modernste Rechner, Tablets und Smartphones im Zeichen des Apfels.

Natürlich konnte die Allianz damit den Vermittlern zeigen, wie weit man mit den enormen Investitionen in die Digitalisierung in Form von Beratungshilfen und Apps gekommen ist.

Man kann sich an die Äußerlichkeiten der Megastände mit Kritik, Ironie oder Sarkasmus aufhalten. Und man hätte damit vielleicht sogar Recht. Dennoch wäre es falsch sich darauf zu beschränken. Die Messe ist auch eine Schau der neuen Produkte und Dienstleistungen, die teilweise speziell vor der Messe fertiggestellt werden.

Das besondere Asset: Kongresse, Workshops und Themenparks

Fast alle Aussteller haben den Messeteilnehmern wertvolle Informationen für das Jahresendgeschäft und das kommende Jahr gegeben. Unzählige Impulse auf dem Weg der Digitalisierung konnte der aufmerksame Messebesucher aufnehmen. Dazu haben auch die 19 Themenkongresse und über 40 Workshops beigetragen. Diese waren teilweise so gut besucht, dass die Teilnehmer in den Gängen standen.

Zu den Highlights der Jubiläums-DKM gehörte für viele Teilnehmer die Diskussions- Runde zur Zukunft Deutschlands zwischen Gregor Gysi (Die Linke) und Norbert Röttgen (CDU), klug moderiert von Ursula Heller. Und so mancher Besucher im Saal dürfte die unterhaltssame Diskussion zum Thema des „Abgehängt sein“ in unserer Gesellschaft auch auf die Zukunft der freien Vermittler bezogen haben.

Besonderen Anklang haben nach meinen Eindrücken die Kongresse und Workshops gefunden, in denen unabhängige Experten mit Vertretern der Versicherungsgesellschaften zu den jeweiligen Themen Meinungen austauschten und das Für und Wider zu unterschiedlichen Positionen diskutierten. Alles was im Markt Rang und Namen hat schien auf der Messe seine Visitenkarte abgeben zu wollen.

Die angebotenen Themenparks waren eine gute Idee, die unterschiedlichen Erwartungen der Messeteilnehmer in die richtige Richtung lenken zu können. Dennoch setzte sich bei mir die Frage fest, ob die Ansammlung und unmittelbare Nähe von zig InsurTechs dem Themenpark gerecht wurde. Mancher Makler fühlte sich unter der Vielzahl der Eindrücke überfordert und kritisierte, ob sich die vielen Anbieter nicht auf einen Basisstandard verständigen könnten, der dann modifiziert weiterentwickelt wird.

Das 2016er Networking hat viel positive Stimmung verbreitet

Während und nach der DKM wurde mehr als in den letzten Jahren die Möglichkeit zum Networking von Maklerkollegen mit Vertretern der Aussteller und auch vielen anderen sich in der Branche tummelnden Menschen gelobt. Dazu gehöre ich ja auch selbst. Das Interesse an Strategieberatungen für Maklerfirmen für das kommende Jahr hat mich beeindruckt. Mit diesen Eindrücken war ich nicht allein.

Makler Harald Hertel vom Assekuranzbüro Passau war bereits am Tag des Warm Ups Teilnehmer an einem Workshop zum Thema Digitalisierung im Maklerbetrieb: „Es hat sich wirklich gelohnt von Passau nach Dortmund zu kommen. Ich bin zwar sieben Stunden im Zug gesessen, aber ich konnte so viele neue Impulse aufnehmen. Es war grandios. Und es ist wirklich gut, einmal aus den vier Wänden der eigenen Firma herauszukommen.“

Marc Hinrichsen, Geschäftsführer der Hans John Versicherungsmakler GmbH, die VSH-Experten aus Hamburg, fasste sein Feedback so zusammen: „Seit mehr als fünf Jahren habe ich so eine positive Stimmung bei der DKM nicht mehr erlebt. Diesmal war alles anders. Wir haben so viele Gespräche mit unseren Maklern und auch Neukunden führen können – es war sensationell.“

Im Feedback der Makler findet man aber auch Hinweise, die die Veranstalter für die 2017er DKM aufgreifen können. So gab es Wünsche nach mehr vertrieblichen Themen in den Workshops und Kongressen. Makler und Honorarberater Andreas Lohrenz fasste es so zusammen: „Es hat mich gewundert, wie wenig das Thema Vertrieb /Verkauf /Marketing noch eine Rolle spielte... Hier wurde seitens der DKM halt einfach vergessen, dass der Beruf des Vermittlers halt am Ende auch ein Verkaufsberuf ist.“

Sie wollen (konnten) auch mal spielen...

Die Versicherungsvermittler haben zweifellos anstrengende Zeiten vor und hinter sich. Nicht wenige Vermittler spüren die Veränderungen durch verstärkten Kostendruck und Regulierung hautnah. Das zehrt auch an den Nerven. So ist es nicht verwunderlich, dass die Angebote der DKM zum freudigen Networking und auch Spaß gerne angenommen wurden.

Die gelungenen Abendveranstaltungen haben dazu beigetragen, dass im Feedback der Teilnehmer zur DKM Attribute wie „entspannt“, „lustig“, unterhaltsam“ immer wieder auftauchten. Der Jahrmarkt mit Autoscouter, Schwanenflug oder Break Dancer wurde allseits gelobt. Es war eine Atmosphäre wie auf einem lustigen Familien – oder Firmenausflug, bei dem sich auch Menschen in den Armen lagen, die noch vor Wochen hart im Meinungsstreit lagen.

Bemerkenswert, wie viele Vermittler, die sich sonst nur in den sozialen Netzwerken digital „sehen“, sich das erste mal, ganz analog und haptisch, kennenlernten. So wird die 20. DKM noch lange nachwirken und Anregung geben, bei der 21. wieder dabei zu sein. So ist es also auch nicht bedauerlich, dass einzelne Maklermessen in der Virtualität verschwinden. Die DKM scheint den Tiefpunkt erfolgreich durchschritten zu haben.

Bei diesem persönlichen Feedback fehlt Ihnen etwas?

Stimmt. Das leidige Thema der schwere Taschen schleppenden Messebesucher fehlt. Und es stimmt auch: Es gab sie wieder.

Aber mit einem Augenzwinkern, was man hier auf dem Papier zwar nicht sehen kann, sage ich: Was sollen die armen Messebesucher denn auch machen, wenn ihnen schon am Eingang der Messe von hübschen Hostessen die ersten gelben Beutel eines Hannoveraner Versicherers in die Hand gedrückt werden?

Richtig: Man füllt diese. Und mancher Messebesucher eben bis zur Peinlichkeit. So holt mancher Vermittler sich ein wenig Zusatzprovision, die mancher Versicherer an anderer Stelle in den letzten Monaten eingespart hat. Courtage gesenkt und Bonus weg? OK, dann her mit den Werbegeschenken.

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Wer ist da wohl schlimmer? Der raffende Messebesucher oder der Versicherer, der keine auskömmliche Vergütung an seine Vermittler zahlt – fragt sich Ihr AssekuranzDoc.