Der im Vertrieb mit durchaus lukrativen Ergebnissen jahrzehntelang verfolgte Ansatz einer maximal verkaufs- und weniger beratungsorientierten Vertriebsstruktur wird immer noch von vielen Führungskräften im Vertrieb proklamiert. Mittlerweile gilt es aber, potentielle Kunden im Beratungsgespräch durch Fach- und Sachwissen und ein kompetentes Auftreten überzeugen zu können. Wer sich langfristig im Geschäft behaupten und ein ausreichendes Einkommen haben möchte, ist also in Sachen Weiterbildung gefordert. Und zwar über das Ablegen der Sachkundeprüfung hinaus.

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Notwendigkeit zur Produktgeber-unabhängigen Weiterbildung

Gangolf Thoennessen, Geschäftsführer der atheus Akademie für Finanzdienstleistung, bestätigt gegenüber Versicherungsbote, dass sich diese Erkenntnis bei zunehmend mehr seiner Seminarteilnehmer durchsetzt. Thoennessen: „Die Motivation, sich eine umfassende Wissensbasis anzueignen und Zusammenhänge und Abhängigkeiten zu verstehen, ist schon im Laufe der letzten ein bis zwei Jahre deutlich gestiegen. Viele künftige Makler und Vermittler nehmen eine umfassende Aus- oder Weiterbildung in Kauf, um später selbst qualifiziert beraten zu können.“

Dies, so Thoennessen weiter, mag durchaus auch eine Folge der den Verbraucherschutz stärkenden Regulierungen sein. Mit einem Blick über den Tellerrand hinweg seien die vielen neuen Vorgaben für Vermittler aber auch kritisch zu sehen: „Je weniger freie Vermittler es gibt, desto mehr landet der Kunde bei standardisierten Produkten und weniger auf ihn zugeschnittenen Paketen. Womit sich der angestrebte Verbraucherschutz teilweise als Bärendienst an eben diesem Verbraucher erweisen könnte.“ Freie Vermittler unterliegen sowieso komplexeren Aufgabenstellungen als gebundene, da die Selbständigkeit an sich mehr Arbeit mit sich bringt. „Zudem, wenn sie wirklich unabhängig arbeiten wollen, müssen sie permanent unterschiedliche Produktgeber vergleichen und ihre Produktkenntnisse laufend aktualisieren,“ weswegen Thoennessen auch eine von Produktgebern unabhängige, transparente und dem Kunden vermittelbar durchgeführte Weiterbildung für notwendig hält.

Gangolf Thoennessen, Geschäftsführer der atheus Akademie für FinanzdienstleistungGangolf Thoennessen, Geschäftsführer der atheus Akademie für FinanzdienstleistungDen Kunden in Unwissenheit über wesentliche Themen, Hintergründe und Zusammenhänge zu lassen, könne sich langfristig kein Vermittler mehr erlauben, so Thoennessen.atheus – Akademie für Finanzdienstleistung

Hier schließt sich gleich die Frage an, warum die atheus Akademie für Finanzdienstleistung als Weiterbildungsinstitut nicht bei gutberaten.de akkreditiert ist. Gangolf Thoennessen: „Prinzipiell ist eine solche Initiative absolut zu begrüßen. Das derzeit praktizierte System der Vergabe von Weiterbildungspunkten bietet den sogenannten Punkte-Jägern aber noch viel zu viel Angriffsfläche, womit die Sinnhaftigkeit und Seriosität massiv untergraben wird. So wie es bei unseren Weiterbildungsangeboten keinerlei Verflechtungen mit Produktgebern gibt, sollte auch bei den Weiterbildungspunkten dringend noch eine einheitliche und aussagekräftige Regelung für die gesamte Branche etabliert werden.“

Die bisherigen Lebenskonzepte in der Finanzdienstleister-Branche bröckeln

Der atheus-Geschäftsführer sieht generell in der Finanzdienstleister-Branche die bisherigen Lebenskonzepte bröckeln. Wie in den meisten anderen Dienstleistungsbereichen auch reicht es im Vertrieb nicht mehr, mit dem Wissensstand einer Ausbildung ein ganzes Arbeitsleben gestalten zu können. Er sieht es nicht als ausgeschlossen an, dass sich Produktvermittler künftig regelmäßig einer Art TÜV-Prüfung stellen müssen. Dies kann auch gegliederte Themenkomplexe wie Altersvorsorge oder Vermögensaufbau betreffen, individuell aufgestellte Paketangebote würden seiner Meinung nach außerdem durchaus den Bedürfnissen der Verbraucher entsprechen.

Mit der Definition von solchen sogenannten Zielmärkten kommt die neue europäische Vermittlerrichtlinie IDD auf den Tisch. „Da gibt es auch wieder viele Interessenkonflikte in den möglichen Regelungen, wer als Vermittler oder Vertreiber welche von wem entwickelte Police welcher Zielgruppe anbieten darf.“ Für die Umsetzung in deutsches Recht wünscht sich Gangolf Thoennessen möglichst flach gehaltene zusätzliche Vorgaben, denn schon jetzt überall nachlesbare Controlling-Werkzeuge würden diese Aufgabe bei konsequenter Anwendung erfüllen. Ein weiterer Aspekt erscheint ihm viel beachtenswerter: transparente Regeln zu schaffen, welcher Vermittler oder Produktentwickler wann in welchem Umfang in die Haftung genommen werden kann – und dass der Kunde diese Regelung vor Vertragsabschluss schriftlich mitgeteilt bekommt.

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Den Kunden in Unwissenheit über wesentliche Themen, Hintergründe und Zusammenhänge zu lassen, könne sich langfristig kein Vermittler mehr erlauben, so Thoennessen. Finanzdienstleistungsprodukte, fasst der atheus-Geschäftsführer zusammen, gäbe es quasi an jeder Ecke. Entscheidend für einen Verkaufserfolg in der Beratung ist das Vertrauen, das der Kunde in den Vermittler oder Makler fassen kann.

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