Wolfgang Schäuble (CDU) hat einen weiteren Ausbau der Riester-Rente gefordert. In seiner einstündigen Rede zum Bundeshaushalt 2017 sagte er im Bundestag, gerade für Geringverdiener sei die Riester-Rente gut. „Es lohnt sich, sie zu verbessern“, zitiert das Versicherungsjournal den Bundesfinanzminister. Weitere Details nannte er nicht.

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Damit positioniert sich Schäuble im Sinne der Wirtschaftslobby. Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) hatte im August eine deutliche Anhebung der Riester-Förderung gefordert. Der staatliche Zuschuss pro Riester-Vertrag solle von aktuell 154 Euro auf 200 Euro pro Jahr erhöht werden, sagte Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer des BDA. Auch die steuerliche Absetzbarkeit der Riester-Beiträge und die betriebliche Altersvorsorge müsse attraktiver gemacht werden.

Droht neuer Streit mit CSU?

Unumstritten ist die Riester-Rente auch in den Unionsparteien nicht. Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte im April einen Stopp von Riester sowie die Rückabwicklung der Verträge gefordert. „Riester ist gescheitert“, sagte er damals bei einer Rede vor Pressevertretern in München.

Der Grund für Seehofers Kritik: Eigentlich sollte die staatlich geförderte Altersvorsorge die Absenkung des Rentenniveaus in der gesetzlichen Rente auffangen. Weil aber nur 16 Millionen Menschen riestern und die Verträge infolge des Niedrigzinses immer unattraktiver würden, sei zukünftig mit massenhafter Altersarmut zu rechnen. Droht hier ein neuer Koalitionskrach? Seehofer sprach sich für eine Stärkung der gesetzlichen Rente aus und könnte mit dieser Forderung sogar in den Wahlkampf ziehen.

Geringverdiener haben wenig Sparanreize

Speziell an der Frage, ob sich Riester für Geringverdiener lohnt, entzündet sich der Streit. Befürworter verweisen darauf, dass 63 Prozent aller Riester-Zulagenempfänger weniger als 30.000 Euro im Jahr verdienen, wie aus Zahlen der „Zentralen Zulagenstelle für Altersvermögen“ hervorgeht. Folglich würden Menschen mit geringem Lohn besonders von der staatlichen Förderung profitieren.

Doch auch die Kritiker haben Argumente. So wird die Riester-Rente im Alter als Einkommen mit der Grundsicherung verrechnet: ein Fallstrick gerade für Geringverdiener. Wer über die ganze Erwerbsbiographie hinweg nur einen niedrigen Lohn erhält, hat im Zweifel jahrelang in einen Riester-Vertrag eingezahlt und erhält im Alter trotzdem keinen Cent zusätzliche Riester-Rente, sondern nur Sozialhilfe.

Auch die hohen Gebühren einiger Verträge sorgen für Kritik. Hinzu gesellt sich ein hoher bürokratischer Aufwand, will man von der staatlichen Förderung profitieren, sowie die Intransparenz vieler Riester-Policen.

Viele ruhend gestellte Verträge: Evaluiert die Bundesregierung noch?

Wie zufrieden die Bundesbürger mit der Riester-Rente sind, dazu fehlen aktuelle Zahlen. Die Bundesregierung hat sich eigentlich verpflichtet, die staatlich geförderte Altersvorsorge regelmäßig zu evaluieren. Doch die letzten Erhebungen, wer welche Förderung in Anspruch nimmt, stammen aus dem Jahr 2012. Ein Indiz für mögliche Defizite: Nach offiziellen Schätzungen der Bundesregierung sind aktuell rund ein Fünftel der Verträge ruhend gestellt. Das heißt, die Versicherten haben ihren Vertrag noch nicht gekündigt, zahlen aber keine Beiträge mehr. Das Neugeschäft schwächelt seit Jahren. 2015 betrug der Nettozuwachs ganze 35.000 Riester-Policen, so dass aktuell 16,35 Millionen Riester-Sparer gezählt werden können.

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Reformen sind also dringend angebracht: ganz gleich, ob man sich pro oder contra Riester positioniert. Im Juli ist bereits die Mittelstandsvereinigung der CDU/CSU (MIT) mit Reformvorschlägen vorstellig geworden. Der Sparbeitrag soll steigen, nachgezahlt werden können und 100 Euro Monatsrente sollen vor dem Sozialamt geschützt werden, so fordert die Vereinigung. Die private Altersvorsorge ist auch Thema bei der angedachten Rentenreform, die Bundeswirtschafts- und Sozialministerium im Herbst anschieben wollen. Dass die Riester-Rente kippt, ist nicht zu erwarten. Denn auch Bundessozialministerin Andrea Nahles (SPD) hatte sich für ihren Erhalt ausgesprochen.

Versicherungsjournal

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