Die Rente muss reichen. Dies sagt der DGB in seiner Kampagne zur Alterssicherung und tauft auch seine Themenseite im Internet so. Hintergrund der Kampagne ist das sinkende Rentenniveau, weswegen die Rentner der Zukunft mit einem weiter sinkenden Alterseinkommen rechnen müssen. Heute beträgt das Rentenniveau noch 48 Prozent des Durchschnittslohns, den ein Versicherter der Deutschen Rentenversicherung in seinem Arbeitsleben verdient hat. Im Jahr 2030 soll das Altersruhegeld nur noch 43 Prozent des Lohns betragen.

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Ende der Riester-Rente

Im Kern fordert der DGB, das Rentenniveau zu stabilisieren, indem der Beitrag für die Rente „maßvoll“ um 0,3 Prozentpunkte pro Jahr erhöht und dann bereits im Jahr 2027 auf 22 Prozent, die derzeitige gesetzliche Beitrags-Obergrenze, gedeckelt bleibt. Ferner solle die Betriebsrente gestärkt werden. Die Riester-Rente erklärt der DGB für gescheitert, das ist nicht neu. In der DGB-Broschüre “Kurswechsel” heißt es dazu auf Seite 16: “Der DGB spricht sich für ein Ende der privaten Riester-Rente mit Vertrauensschutz für bestehende Verträge aus. Neuabschlüsse wären dann nicht mehr möglich”.

Die Kampagne des DGB ist Politik. Oder Wahlkampf-Kampagne. Weg von der Politik, hin zur Mathematik. Auf Basis des sinkenden Rentenniveaus macht der DGB nun Modellrechnungen auf, mit denen er Kampagne macht. Und diese Berechnungen sind falsch. Weil sie auf die vom DGB dargestellten Modellrentner bezogen nicht stimmen.

DGB-Rechnung (Seite 5 der Broschüre):

Ein Beschäftigter des Jahrgangs 1963, der ein Einkommen von 2.500 Euro brutto erreicht und 40 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt hat, würde im Jahr 2030 eine gesetzliche Rente von etwa 800 Euro bekommen. Heute betrüge seine Rente noch rund 900 Euro und im Jahr 2000 hätte sie noch einen Wert von über 1.000 Euro gehabt.

Korrekte Rechnung:

Tatsächlich hat ein Beschäftigter des Jahrgangs 1963, der 2030 in Rente geht, noch 15 Jahre zu arbeiten. 25 Beitragsjahre hat der Mann bereits auf dem Konto. Bei 2.500 Euro Brutto (im Verhältnis zum so genannten Durchschnittsentgelt in Höhe von 3.022 Euro) kommen pro Arbeitsjahr 0,83 Entgeltpunkte zustande. Nach 25 Jahren sind das 20,8 Entgeltpunkte mal Rentenwert West 30,45 Euro und im Ergebnis 633 Euro. Dieser Eurobetrag ist dem Versicherten sicher, heute schon, und solange der Rentenwert bis 2030 nicht sinkt. Soweit zu den Rentenanwartschaften, die der Musterrentner bisher erdient hat.

Wir müssen den Musterrentner aber noch weiter rechnen bis ins Jahr 2030: Weitere 15 Jahre Arbeit bringen noch einmal 0,83 Entgeltpunkte pro Jahr mal 15 Jahre mal 30,45 Euro Rentenwert: 381 Euro. Wir addieren die bisher verdiente Rente von 633 Euro. Macht 1.014 Euro. Hiervon sind rund 11 Prozent für Krankenkasse und Pflegekasse abzuziehen, macht rund 900 Euro. Das sind 100 Euro mehr als der DGB in seinem Musterbeispiel angibt. Für das Jahr 2030.

Man könnte jetzt Fünf gerade sein lassen und über 100 Euro mehr oder weniger akademisch streiten. Nein. Verdiente der Musterrentner des DGB 5.000 Euro statt wie gerechnet 2.500 Euro, dann klafften Wahrheit und Gewerkschaftsrechnung schon 200 Euro auseinander.

Renten sind gesetzlich garantiert

Wie oben gerechnet, ist die Rechnung des DGB falsch. Weil Renten, auch Anwartschaften der heute arbeitenden Versicherten, nicht sinken. Nicht sinken dürfen. So steht es erstens seit Jahrzehnten im Grundgesetz. Zusätzlich hat die erste Große Koalition unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) mit dem damaligen Sozialminister Olaf Scholz (SPD) im Jahr 2009 eine weitere gesetzliche Rentengarantie festgelegt. Wollen Sie es noch einmal hören? Erreichte Renten, genauer Rentenwerte, dürfen nicht sinken.

O-Ton Scholz am 27.4.2009: “In Deutschland werden die Renten nicht gekürzt. Nicht im nächsten Jahr, auch nicht in späteren Jahren”. Damit war die Rentengarantie geboren und bereits am 19.6.2009 verabschiedete der Bundestag das gesetzliche Rentensenkungsverbot. Alles nachzulesen auf den Seiten 272 und 273 des von Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück geschriebenen Buches “Unterm Strich”. Kaum denkbar, dass der DGB von diesem Rentensenkungsverbot und damit von den SPD-Größen Olaf Scholz und Peer Steinbrück heute abrücken will.

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Was der DGB macht, das ist eine Was-wäre-wenn-Rechnung. Was wäre, wenn unser Musterrentner heute jung wäre und neu in den Job startete? Dann, und nur dann, würde der betreffende Versicherte unter dem sinkenden Rentenniveau leiden, angepeilt im Jahr 2030 sind 43 Prozent Rente vom Durchschnittsbrutto des Versicherten. Nicht die Rente selbst sinkt, das kann sie nie, sondern die Rentenwerte der Zukunft werden langsamer steigen. Aber diesen mathematisch korrekten aber im konkreten Fall nicht eintretenden Effekt kann der DGB offenbar nicht visualisieren, zumindest nicht so, dass es die Bürger verstünden, ist anzunehmen. Dennoch berechtigt dies nicht zu falschen Berechnungen in der aktuellen Renten-Kampagne des DGB.

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