Fast im Akkord mehren sich derzeit die Warnungen vor Altersarmut. Nachdem jüngst Verdi-Chef Frank Bsirske behauptet hat, jeder dritte Beschäftigte müsse mit einer Rente unter Hartz-IV-Niveau Vorlieb nehmen, und auch der WDR in einem Beitrag die Bedürftigkeit der Senioren thematisierte, reiht sich nun der Sozialverband Deutschland (SoVD) in die mahnenden Stimmen ein. Der Verein hat ein Positionspapier mit Forderungen vorgelegt, wie das Rentensystem reformiert werden könne. Am Dienstag startete zudem die bundesweite Kampagne „Lieber nicht arm dran“.

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Mindestlohn von 11,60 Euro gefordert

"Die Altersarmut in Deutschland steigt", erklärte SoVD-Präsident Adolf Bauer. Der Verband setze sich mit voller Kraft dafür ein, über das Problem aufzuklären und auf Lösungen hinzuwirken. Besonders Frauen, Langzeitarbeitslose und Menschen mit Behinderung seien bedroht, im Alter kein auskömmliches Einkommen zu haben.

Ob die Forderungen des Vereins in der Politik auf offene Ohren stoßen, ist jedoch fraglich. So schlägt der Sozialverband eine Anhebung des Mindesteinkommens auf 11,60 Euro vor. Nur so sei nach 45 Beitragsjahren zur Rentenversicherung eine angemessene Rente zu erzielen, die über dem aktuellen Grundsicherungsniveau von 773 Euro liege, erklärte der Verband bei der Vorstellung seiner Thesen in Berlin.

Auch die große Zahl prekärer Beschäftigung, seit den Arbeitsmarktreformen Gerard Schröders stark angestiegen, ist dem SoVD ein Dorn im Auge. So sollen Leiharbeit und Minijobs eingeschränkt werden. Die Idee: wenn mehr Menschen in „vollwertigen“ Jobs tätig sind, fließen auch wieder mehr Einnahmen in die Rentenkasse. Aktuell sind etwa 25 Prozent der Arbeitnehmer laut SoVD geringfügig beschäftigt. Der Sozialverband schlägt vor, die Renten dieser Erwerbstätigen nachträglich um einen bestimmten Faktor aufzuwerten.

Weiterhin fordert der Verband eine Verbesserung der Erwerbsminderungsrenten. Auch solle das Rentenniveau, also das Verhältnis der Rente nach 45 Jahren Arbeit zum Durchschnittseinkommen, von derzeit 47,7 Prozent auf 50 Prozent angehoben werden.

30 bis 35 Milliarden Euro Mehrkosten

Dem Sozialverband ist bewusst, dass seine Forderungen nicht ohne Mehrkosten umzusetzen sind: 30 bis 35 Milliarden Euro sollen die Maßnahmen pro Jahr verschlingen. Es gehe hierbei um Fragen der sozialen Gerechtigkeit. Prompt warnte das arbeitgebernahe Institut der deutschen Wirtschaft (IW) vor hohen Kosten für die Generation der Kinder und Enkel.

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Die Linkspartei begrüßte die Vorschläge des SoVD vor dem Hintergrund der Rentendebatte in Deutschland. "Fakt ist: die gesetzliche Rente muss gestärkt werden", erklärte Parteichefin Katja Kipping. "Die schwarz-rote Bundesregierung ist schlecht beraten, wenn sie die Lebensleistung der Menschen in Deutschland den Interessen privater Versicherungskonzerne unterwirft."

SoVD / dpa

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